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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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genau. Können Sie mir vielleicht einen Tipp geben, wo ich nach den
wahren Mördern suchen soll?«
    Der Albino strich über seinen weißen Ziegenbart und blickte
mit seinen rosafarbenen Augen, die durch seine dicken Brillengläser
grotesk vergrößert wurden, an die Decke.
    »Im Moment weiß er auch nicht mehr als Sie«, übersetzte das
Mädchen. »Er findet, bisher haben Sie Ihre Sache sehr gut gemacht, denn
immerhin haben Sie schon einmal die Mexikaner freibekommen. Im Moment
sieht es allerdings so aus, als wäre die Sache durch das Verschwinden
dieses Kurden etwas ins Stocken geraten.«
    »Nicht ich habe die Mexikaner freibekommen«, korrigierte
Samuel den alten Chinesen. »Das war Janak Marachak, der Anwalt, der sie
vertreten hat.«
    »Mein Onkel sagt aber, dass Sie zu seinem Team gehört haben«,
übersetzte das Mädchen. »Schließlich haben Sie Mae Ming für ihn
ausfindig gemacht, und Sie waren es auch, der diese Artikel geschrieben
hat, die seiner Sache sehr genützt haben. Was den Fortgang Ihrer
Ermittlungen angeht, meint mein ehrenwerter Onkel, sollten Sie sich auf
diesen Kurden konzentrieren.«
    »Und ich finde, man sollte immer sehen, ob nicht irgendwo eine
Frau im Spiel ist«, schaltete sich an dieser Stelle Melba in das
Gespräch ein. » Cherchez la femme , wie es so
schön heißt.«
    »Welche Frau?«, fragte Samuel verdutzt.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich jede, die irgendwie in die Sache
verwickelt ist.«
    »Du scheinst nicht gerade eine sehr hohe Meinung von deinen
Geschlechtsgenossinnen zu haben, Melba.«
    »Weiß Gott nein. Aber eine noch schlechtere habe ich von
deiner Spezies, Samuel.«
    Kaum hatten sie Mr. Songs Laden verlassen, sagte ihm Melba mit
ihrer gewohnten Unverblümtheit, was sie von ihrem Besuch bei dem alten
Chinesen hielt. »Dieser Hokuspokus wirkt offensichtlich nicht bei
jedem«, erklärte sie heftig hustend.
    »Zumindest wissen wir jetzt, dass du nicht hypnotisierbar
bist«, sagte Samuel.
    »Um das herauszufinden, hättest du diesem komischen Albino
wirklich nichts zu zahlen brauchen. Mit Gehirnwäsche ist bei mir noch
nie jemand weit gekommen, Samuel, das müsstest du eigentlich langsam
wissen.«
    »Jetzt weiß ich es jedenfalls, Melba.«
    Damit war dieses Thema erledigt, und Samuel winkte einem Taxi.
Sobald es mit Melba auf dem Rücksitz losgefahren war, machte sich
Samuel zu Fuß auf den Weg zu Janaks Kanzlei an der Ecke Montgomery und
Market Street.
    In der Market Street 625 war nicht viel los.
Im Wartezimmer saßen nur zwei Personen. Vanessa saß an ihrem gewohnten
Platz am Empfang und begrüßte Samuel mit einem freundlichen Lächeln.
    »Mr. Marachak erwartet Sie bereits. Sie können gleich zu ihm
rein.«
    Samuel ergriff mit beiden Händen die ihre und drückte sie.
»Wir reden gleich noch miteinander.«
    Das Chaos in Janaks kleinem Büro war diesmal nicht ganz so
schlimm wie sonst, weil er die Unterlagen für seine Fälle in Stapeln
geordnet und sämtliche Hagopian-Akten in Kartons gepackt und neben der
Tür abgestellt hatte.
    »Deine Hirnwindungen laufen wohl wieder mal heiß?«, begrüßte
Samuel den Anwalt.
    »Wie soll ich das jetzt verstehen?«, fragte Janak.
    »Ich kann es immer sehen, wenn du dich besonders
konzentrierst. Dann färbt sich nämlich die Narbe auf deiner Wange jedes
Mal rot.«
    Janak lachte und legte die Akte, die er gerade studiert hatte,
beiseite. »Also schön, ich muss zugeben, ich habe Tag und Nacht
gearbeitet, seit der Prozess zu Ende ist. Schließlich muss ja auch
wieder Geld in meine leeren Kassen fließen.«
    »Ist wahrscheinlich nicht einfach, wenn man so lange von einem
einzigen Fall in Beschlag genommen wird.«
    »Und das vor allem dann, wenn man kein Geld dafür bekommt«,
antwortete Janak. »Aber jetzt bin ich wieder an einer großen Sache
dran, einem Chemieunfall.« Er deutete auf die Akte, die er gerade
beiseitegelegt hatte. »Bisher sieht es recht gut für mich aus, und wenn
ich den Prozess gewinne, habe ich erst mal wieder eine Weile
ausgesorgt. Das Erste, was ich dann tun werde, ist, meiner Mutter alles
zurückzuzahlen.«
    »Wie stehen eigentlich Miguel und José Ramos im Moment da?«,
fragte Samuel. »In ihrem Fall ist doch noch alles offen.«
    »Natürlich. Und wegen dieses Irren Deadeye Graves, der wegen
seiner Niederlage noch erbitterter auf Rache sinnen wird, kann ich die
Angelegenheit unmöglich abhaken und zu den Akten legen.«
    »Wird Miguel nicht auch in Fresno unter Anklage gestellt
werden?«, fragte Samuel.
    »Natürlich

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