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Giftiges Grün

Giftiges Grün

Titel: Giftiges Grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsemarie Maletzke
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Mama, hier ist alles nur noch schrecklich.«
    »Aber nein, Linchen, sieh doch, die meisten der herrlichen alten Bäume haben sich gehalten. Lass uns wenigstens noch einen Blick in den Garten auf der Rückseite werfen. Liegt dort das bewusste Schwimmbecken?« Und schon war sie zielstrebig aufgebrochen, durchquerte die verwüstete Halle und verschwand in einem Korridor, der zur Hintertreppe ins Souterrain, zur Wäschekammer und am anderen Ende wieder hinaus in einen Innenhof führte. Nichts fanden sie unterwegs heil vor, alles war zerschlagen, eingetreten, angesengt.
    »Hätte ein schönes Hotel abgegeben, was Lina?« Sie antwortete nicht.
    Die beiden traten in den Hof, einen großen Schacht, über den die Sonne hinweg schien, und blickten sich um, als in einem oberen Stockwerk ein Fensterladen aufgestoßen wurde und ein Mann herausschaute.
    »Hallo«, rief Berta Weil, »wir wollten uns nur ein wenig umschauen. Dürfen wir?«
    »Treten Sie ruhig näher«, rief der Mann zurück. »Ich bin auch nur ein Einbrecher.« Höfliches Lachen von unten nach oben.
    »Dies ist doch das Haus von Rose Weil, nicht wahr?«
    »Ah, Sie meinen Madame Bruant?«
    Lina fuhr zusammen, aber ihre Mutter rief kaltblütig.
    »Ganz recht. Wo können wir sie finden?«
    »Keine Ahnung.«
    Der Mann hatte sich gelassen mit den Ellenbogen auf die Fensterbank gestützt und die Hände gefaltet, als hielte er mit Nachbarn einen Schwatz über die Straße.
    »Haben wir uns schon mal gesehen, junge Frau?«
    »Nicht, dass ich wüsste«, sagte Lina laut. »Aber ich bin als Kind hier gewesen.«
    »Das Linchen«, sagte der Mann, »ganz unverkennbar.« Lina fühlte den Stich. Ihre Augen, das Kinn, die Sommersprossen und das dünne Haar – immer schon unverkennbar. »Ich war hier Gärtner«, verriet er. »Jetzt passe ich gelegentlich auf das Haus auf.«
    »Ein bisschen zu spät«, entfuhr es Lina.
    Der Mann lachte, richtete sich auf und zog den Laden zu. Sie warteten vergeblich, dass er herabgestiegen kam.
    »Sie war ihre Tochter!«, sagte Lina im Weitergehen. »Bruant. Marion war die Tochter von Rose, nicht der Hausgast. Warum diese Heimlichtuerei?«
    »Unehelich?«, rätselte ihre Mutter. »Komm, Lina, zeig mir den Weg zum Schwimmbecken. Ich muss es unbedingt sehen.«
    »Mama, lass es doch. Ich finde alles hier so bedrückend.«
    »Ach, was! Deshalb sind wir doch extra hergekommen.«
    »Wir sind gekommen, weil wir mit Tante Rose sprechen wollten.«
    »Und jetzt sind wir hier. Schau mal Lina, es scheint sich ja doch jemand zu kümmern. Da hat er eine neue Tür mit einem Vorhängeschloss eingebaut. Ob der Herr Einbrecher dahinter seine Beute sichergestellt hat?«
    Auch der Weg in den Garten war gemäht. Sommerduft stieg aus dem Gras. Weiße Rosen schäumten über ein verrostetes Spalier.
    »Alba Maxima«, murmelte Berta Weil. »Die überlebt uns alle.« Unter dem borstigen Unkraut waren Beetumrandungen zu erkennen, ein Wegekreuz mit einem Sockel, auf dem eine Sonnenuhr stand, doch Kletten und Zaunwinden hatten alle Rabatten unter sich begraben. Nur hier und da ragte ein dürrer Wedel oder eine mumifizierter Blüte durch die grüne Woge, Nachkommen einer Kultur, die von vitaleren Kräften überrannt worden war und im Untergehen flehentliche Signale zu senden schien. Berta Weil, die bester Laune durch das verwüstete Haus gegangen war, vernahm sie und zerrte ärgerlich an den klebrigen Ranken.
    »Eine Schande!«
    Lina spürte, wie ihr der verdorbene Tag zuzusetzen begann und dass sie auf der Stelle umkehren musste, wenn sie nicht vor Ärger und Enttäuschung in Tränen ausbrechen wollte; Tränen, die an ihrer Mutter abperlen würden wie Regentropfen an einem Gummibaumblatt. Sie entschied, ihre Verbitterung in eine Art Lustigkeit zu kleiden, blieb stehen, hob den Zeigefinger und begann laut zu deklamieren:
    »Wie ekel, schal und flach und unersprießlich scheint mir das ganze Treiben dieser Welt.«
    »Wovon redest du?«
    »Pfui! Pfui darüber!«, rief Lina und schüttelte den Zeigefinger, »’s ist ein wüster Garten, der auf in Samen schießt; verworfnes Unkraut erfüllt ihn gänzlich.«
    »Dazu musst’ es kommen«, sagte der Mann hinter ihnen. Sein Schritt auf dem Gras war so leise gewesen, dass sie ihn nicht hatten kommen hören. »William Shakespeare. Hamlet – Willkommen im Garten.«

    Er war lang und sehnig und hielt sich ein wenig vornüber gebeugt, trug eine zerschlissene Jeans mit erdfarbenen Partien, die auf seine Gewohnheit deuteten, sich die Hände

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