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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zara Kavka
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Lippen, ihre von Erde verschmierten Haare, das tiefe Loch. Sie hoffte, dass das Recherchieren sie etwas ablenken würde.
    »Komm ein Stück näher«, sagte sie und zupfte an Katharinas T-Shirt. »So siehst du ja gar nichts.«
    Katharina rückte mit ihrem Stuhl näher heran und Cleo setzte den Rechner in Gang.
    »Was könnte ich denn mal bei Google eingeben?« Cleo hielt über der Tastatur inne und blickte zu Katharina.
    »Hmmmm…« Katharina schob die Hände unter ihre Achseln.
    »Tut’s weh?«
    »Ne, ist nur so ’ne Angewohnheit«, antwortete Katharina und nahm die Hände wieder runter.
    Irgendwas hat sie, dachte Cleo. Eben im Café sah sie aus wie eine Leiche. Sie erschrak über ihren Vergleich. Schnell gab sie ein paar Suchbegriffe ein: Meinhard, behindert, Tod. Aber es kamen nur komische Telefonbucheinträge und Freunde-Such-Angebote, dann ein Wikipedia-Bericht über einen Grafen und ein Zeitungsartikel über einen tragischen Verkehrsunfall. Nichts hatte mit der Familie zu tun, von deren Existenz Cleo gerade erfahren hatte.
    »Das ist alles schon so lange her. Komm, lass uns gehen«, sagte Katharina.
    »Wir haben noch 15 Minuten«, antwortete Cleo, ohne aufzublicken. Die wollte sie auf jeden Fall ausnutzen. Wann ist noch mal die kleine Schwester gestorben? Cleo versuchte, sich daran zu erinnern, und fügte schließlich noch Messie und 2006 hinzu. Sie drückte auf Enter. Der erste Eintrag führte sie zu einem Mütterforum. Und mit einem Klick fand sie, was sie suchte.
    »Hier, schau mal«, rief Cleo. »Ich hab was gefunden. Ein Forumsbeitrag unter dem Titel Sind die Jugendämter überfordert? Ich les mal vor:
    Tina: Scheiße, schon wieder ein Kind tot, weil die Typen von der Stadt alle nur ihren Arsch auf unsere Kosten platt sitzen.
    Charly: Da gab’s doch schon mal so was. In Gießen, 2006 oder so. Ich glaube, da war das Kind auch behindert und die Mutter ein Messie. Das Jugendamt wusste alles und ist nicht eingeschritten.
    Tina: Ich erinnere mich. Den Typen beim Jugendamt haben sie gefeuert, die Pfeife!
    Resi: Weiß ich nich mehr. Bin hier noch nich so lange.
    Charly: @Tina: Pass auf deine Vorverurteilungen auf, die Jugendämter sind doch völlig überfordert, da hilft es auch nichts, so einen Typen zu feuern. Die Kommunen müssen endlich genug Mittel zur Verfügung stellen, um die Jugendämter ausreichend mit Personal auszustatten, so sieht’s nämlich aus.
    »Die meinen bestimmt die Meinhards.«
    Katharina sagte nichts.
    »Noch 6 Minuten.«
    Sie gab Jugendamt, 2006, Gießen, gefeuert ein und landete sofort einen Volltreffer:
    Gießen, 10. Juni 2006
    Jugendamt im Visier.
    Nach neuesten Erkenntnissen im Fall Laura M. ist das Gießener Jugendamt seinen Dienstpflichten nicht ausreichend nachgekommen. Das Gericht prüft, ob der zuständige Mitarbeiter, Tibor Mortzfeld, eine Klage wegen Verletzung des Schutzauftrages bei Kindern und Jugendlichen zu erwarten hat. Der tragische Tod der behinderten Laura M. (der GA berichtete am 5. Juni) hätte verhindert werden können, wenn die Familie häufiger überprüft worden wäre. Das Kind lag drei Tage lang tot in seinem Bett, weil ihm die notwendigen Medikamente…
    In dem Moment fuhr der Computer automatisch auf Standby-Modus, die Zeit war abgelaufen.
    »Wahnsinn!«, sagte Cleo und glotzte noch immer auf den nun schwarzen Monitor. »Hast du das gelesen?«
    Doch sie bekam keine Antwort und erst da bemerkte sie, dass Katharina gar nicht mehr neben ihr saß.
    »Katharina?« Ihre Tasche hing noch über dem Stuhl. Sie wird wieder auf der Toilette sein , dachte Cleo. Hoffentlich ist sie nicht krank.
    Cleo ging vor zur Bar und buchte noch mal dreißig Minuten. Vielleicht lohnte es sich ja, diesen Mitarbeiter des Jugendamtes zu besuchen. Aber dazu musste sie erst mal seine Adresse rausfinden. Zum Glück hatte er einen außergewöhnlichen Namen, da war das sicher kein Problem.
    Es dauerte keine drei Minuten, da hatte sie ihn gefunden: Er wohnte in der Gießener Weststadt. Prima, da würde sie etwa 45 Minuten brauchen. Das ging zeitlich noch. In dem Moment kam Katharina zurück. Sie war blass und ihre Augen wirkten gerötet.
    »Geht’s dir immer noch nicht gut?«
    »Passt schon. Wollen wir jetzt los?«
    »Hast du den Artikel gelesen?«
    »Ja, überflogen.«
    »Kommst du mit?«
    »Wohin?«
    »Zu Tibor Mortzfeld.«
    Katharina blickte Cleo an, als wollte diese sie in die Hölle mitnehmen.
    »Kennst du den?«, fragte Cleo.
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Ich frage nur, weil… Du

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