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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Dr.
Walger«, sagte Riesle und nahm sich einen der Hochglanzprospekte.
    »Interessant, hat einen ähnlichen medizinischen Schwerpunkt wie die
Tannenklinik«, flüsterte er Hummel zu. »Psychosomatisch, Herz-Kreislauf. Darauf
ist die Königsfelder Klinik doch auch spezialisiert. Vielleicht gibt es da eine
Verbindung?«
    Hummel nickte.
    Der Chefarzt legte sich mächtig ins Zeug und machte dabei eher den
Eindruck eines Tourismusmanagers. Er trug auch keinen weißen Kittel, sondern
einen jadegrünen Anzug, feines Tuch. Seine Gesichtszüge waren markant und die
Haare mit Gel zurückgekämmt. Er und sein Chefarztkollege Professor Krieg von
der Tannenklinik hätten sich eigentlich gut verstehen müssen – oder eben gar
nicht, weil sie sich zu ähnlich waren.
    So makellos wie seine Erscheinung war auch sein Vortrag. Er pries
nicht nur die »hochwertig ausgestatteten, großzügigen Zimmer« an, sondern auch
die »fünfundzwanzig luxuriösen Suiten, die sind einmalig auf dem Gebiet der
Kur- und Rehakliniken«.
    »Herr Hummel, machen Sie doch mal ein paar Fotos von Herrn Professor
Walger. Sie lassen sich davon bitte nicht stören und erzählen einfach weiter.«
    Großartig, dachte sich Hummel. Er durfte den Statisten spielen und
sich von Klaus rumkommandieren lassen. Das hatte sich sein Freund ja fein
ausgedacht. Aber wenn es denn sein musste, dann wollte er seinen Job schon
richtig machen. Er stand auf, versetzte sich in die Rolle eines Profifotografen
und hörte gar nicht mehr auf zu knipsen. Sein Auftritt sollte authentisch
wirken.
    »Meinen Sie nicht, Sie haben jetzt genug Fotos?«, fragte der
Chefarzt irgendwann.
    »Ja, ich denke, das reicht jetzt, Herr Hummel«, ordnete Klaus an.
    »Jawoll, Herr Riesle.« Hummel kam sich albern vor.
    »Großes Schwimmbad, Saunalandschaft und Kosmetiksalon«, gab der
Chefarzt derweil an. »Ich führe Sie gleich mal herum. Sie werden begeistert
sein. Und dann noch unsere fantastische Höhenlage mit Fernblick. Das ist
wirklich einmalig in Deutschland.«
    »Wirklich beeindruckend«, bestätigte Klaus. So langsam musste man
sich mal ans Thema herantasten.
    »Herr Professor, mittlerweile ist das Geld im Gesundheitssektor doch
ziemlich knapp. Wie haben Sie es da geschafft, vergangenes Jahr so einen
aufwendigen Umbau zu bewerkstelligen?«
    »Die Ansprüche der Patienten sind eben gestiegen«, entgegnete der
Mediziner. »Natürlich mussten wir kräftig investieren. Aber Dank einer
energetischen Sanierung haben wir auch öffentliche Fördermittel erhalten. Und
aufgrund unserer Lage – der Nähe zur Schweiz – sprechen wir auch gut betuchte
ausländische Patienten an. Im Moment sind wir voll ausgelastet.«
    »Schürt das nicht Neid bei anderen Kliniken? Ich habe mal gelesen,
dass es da eine ziemliche Konkurrenz gibt«, fragte Riesle.
    »Das kann schon sein. Es gab sicher Kliniken, denen unsere Förderung
ein Dorn im Auge war. Und unser Standard ist natürlich beeindruckend«, sagte
der Chefarzt und strich sich über die stromlinienförmige Frisur. »Wir
konzentrieren uns aber nur auf uns und auf die Wünsche unserer Kunden. Bei uns
ist man Kunde, nicht Patient! Medizinisch sind wir ohnehin – in aller
Bescheidenheit – internationale Spitzenklasse. Wir verfügen sogar über eine
Intensivstation, was für Rehakliniken eine Ausnahme darstellt. Außerdem haben
wir eine hervorragende eigene Diagnostik mit Kernspin und Computertomograf. Und
speziell für Schlaganfallpatienten gibt es ein Treppensteigegerät.«
    Hummel war froh, dass er derartige Gerätschaften in seiner Klinik
erst gar nicht nötig hatte. Dennoch war es ein gutes Stichwort, um wieder
mitzuspielen.
    »Also, ich habe mal eine Kur in der Tannenklinik in Königsfeld
gemacht. Was halten Sie von dieser Einrichtung?«
    »Zu anderen Kliniken äußere ich mich eigentlich grundsätzlich nicht.
Nur so viel: Die Tannenklinik hat – sagen wir mal – eine etwas andere
Philosophie als wir, auch wenn sie medizinisch einen ähnlichen Schwerpunkt hat.
Aber sie spricht natürlich eine andere Klientel an.«
    Du arroganter Pinsel, dachte Hummel, der in solchen Dingen recht
sensibel war. Auch wenn die Andeutung sehr dezent war, hatte er genau
verstanden, worauf der Chefarzt hinauswollte. In die Tannenklinik musste
demnach also das Proletariat. Wer aber etwas auf sich hielt und im Geldbeutel
hatte, der bekam die Eintrittskarte für die Fernblickklinik.
    »Apropos Tannenklinik. Haben Sie auch von diesem Vergiftungsfall
gelesen?« Klaus Riesle studierte

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