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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Zahlenkombination sei sie allerdings überfordert.
Vielleicht wisse die Nathalie mehr.
    Die Küchenhilfe Nathalie wusste noch weniger. »En Lieferwage«,
bestätigte sie. Aber vielleicht könnte »die Frau Petrova« weiterhelfen. Die
habe heute frei, sei aber morgen ab sechs Uhr früh da.
    Der fehlende Schlaf wirkte sich auf Thomsens Selbstbeherrschung aus.
Seine Wohnung musste endlich zu einer Ruheoase werden, sonst würde er an
kriminalistischem Spürsinn einbüßen. Und an Contenance.
    »Warum gibt es heutzutage keine vernünftigen Zeugen mehr?«,
schnauzte er Winterhalter an, als habe der die besorgt. »Gestern beim Einbruch
von Riesle dieser komische Hausmeister und hier die Küchenleute, die alle was
wissen, aber keiner was Genaues.«
    Nun schaltete sich der Maître ein. »Lieferwagen WT und dann FK – das
ist doch schon viel. Und isch sage Ihnen noch was.«
    »Ja?«
    »Isch weiß, wer solche Autos fährt.« Beim letzten Aufeinandertreffen
mit den Beamten hatte er mit dem Kochlöffel herumhantiert, jetzt war es eine
gewaltige Geflügelschere. Der Maître rüstete offenbar auf. Dazu passte auch
sein grimmig entschlossener Blick.
    »Die Fernblickklinik … ist Konkurrenz … aber mit viel schleschterer
Küche.«
    »Konkurrenz«, sinnierte Thomsen und erinnerte sich an das Gespräch
mit dem Chefarzt. »Und die heißt Fernblickklinik?«
    »In Höchenschwand, hab i recht?« Winterhalter war im Bilde. »Do isch
d’Schwiegermutter mol g’wese. War recht z’friede.«
    Der Maître musterte ihn noch grimmiger. »Ihre Schwiegermama hätte
lieber hierherkommen sollen.«
    Winterhalter blieb die Antwort schuldig. »Selle Kurklinike verliere
doch ohnehin scho viele Gäscht ans benachbarte Usland – und unterenand will
halt jeder en möglichst großes Stück vom Kuche abhabe. D’ Gelder werde jo au
nit mehr.«
    »Kuchen ist ein gutes Stischwort«, meinte der Maître. »Haben die von
der Fernblickklinik meine Pilzlieferungen manipuliert? Die stecken sischer mit
der Pilzlieferfirma unter einer Decke. Sind beide aus dem Süden vom
Schwarzwald.«
    »Winterhalter, ich wollte ohnehin wegen dieser Pilzfirma in den
Südschwarzwald fahren«, meinte Thomsen. »Jetzt haben wir noch einen zweiten
Grund. Beeilen Sie sich – ich will in der Einbruchssache in meiner Wohnung
heute auch noch weiterkommen.«
    »Die aus der Küsche ham en komisches Audo gesehen«, insistierte
der Sachse. Hummel schaute immer noch in Richtung Küche, wo der Maître mit der
Geflügelschere herumfuchtelte, während er auf Thomsen einredete.
    »Hörn Se mir überhaupt zu?«, fragte der Sachse, um gleich wieder
eine Wortlawine loszulassen.
    Schließlich kamen Thomsen und Winterhalter aus der Küche, bemerkten
Hummel – was der eine grimmig, der andere mit einem launigen »Gute Morge, na,
scho wieder fünfzig Gramm abg’nomme?« quittierte.
    Plötzlich verstummten sie: Aus dem Foyer stolzierte nämlich Klaus
Riesle in den Speisesaal.
    »Wenn es nach mir ginge, würden Sie jetzt in U-Haft sitzen«, sagte
Thomsen.
    »Ich weiß, Herr Kriminalhauptkommissar.« Riesle zwang sich zu einem
Lächeln, das vor allem Winterhalter galt. Dann wandte er sich an Hummel. »Genug
gegessen: Lass heute Morgen mal ein paar Anwendungen sausen, ich hab eine heiße
Spur.«
    »Wir sprechen uns noch, Herr Riesle«, sagte Thomsen drohend.
    »E nett’s Bild vu meiner Frau in de Pilz heut Morge im Kurier«,
meinte Winterhalter.
    Riesle nickte ihm zu. Die Hintergrundgeschichte war solide und seriös
gewesen. Leider hatte die Kommissarsgattin gestern nichts über den aktuellen
Fall herausgelassen, doch jetzt hatte er einen anderen Tipp bekommen.
    »Hubertus, komm jetzt«, trieb er den unschlüssig dasitzenden Freund
an.
    Hummel schwankte. Zwar war das hier nicht Alcatraz, aber einfach so
den Anwendungen fernzubleiben ging eigentlich auch nicht. Allerdings ballten
sich heute Morgen die Grausamkeiten: Auf die ganz ausführliche einstündige
Gruppensitzung würden Square Dance – das er für sich selbst ohnehin gestrichen
und als »Freistunde« eingetragen hatte – und das tägliche Aquajogging folgen.
    Einmal ist keinmal, dachte sich Hummel.
    »Hast du hier aus der Klinik neue Informationen bekommen?«,
fragte er seinen Freund, als sie im Kadett saßen. Der nickte.
    »Von wem?«
    »Informantenschutz«, bügelte ihn Riesle ab und schmunzelte, als er
sah, wie Hummels Stupsnase beleidigt nach oben zeigte. In solchen Momenten sah
er seiner Tochter Martina ziemlich ähnlich.

22.

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