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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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schüttelte den Kopf. Seine Frau, mit Kopftuch und ähnlich
instabiler Körperhaltung ausgestattet, lugte durch die Tür des Büros.
    »Emmi – hän mir Feinde?«, rief er laut und plötzlich im Dialekt.
    Die Frau schaute verschreckt, schüttelte dann aber vorsichtig den Kopf.
»I glaub nit, Thaddäus.«
    »Häsch du mol irgenden Fremde g’sehe, der in de letzte Dag in iserem
Lager oder in de Nöchi g’si sei könnt?« Der Südschwarzwälder Dialekt erinnerte
schon stark an Schweizerdeutsch.
    Wieder Kopfschütteln.
    »In de Nöchi?« Thomsen betrachtete fragend seinen Kollegen.
    »Er meinte, in der Nähe.«
    Thomsen war froh, dass der »Schwarzwaldfrisch«-Chef danach wieder
ins Hochdeutsche wechselte.
    »Herr Kübler«, fuhr Thomsen fort. Mittlerweile hatte sich der
Pilzchef an einen abgenutzten weißen Tisch gesetzt. Der Hauptkommissar zog es
vor, in einiger Entfernung stehen zu bleiben. »Sie beliefern doch auch die
Fernblickklinik in Höchenschwand …«
    Kübler bestätigte das, indem er schief nickte. Er war ein Fall für
den Physiotherapeuten. Mindestens.
    »Und einige andere Kliniken …«
    »Da hät’s nie Probleme mit Patiente gebe, die die Pilz nit vertrage
hän?«, fragte Winterhalter.
    Kübler schüttelte nicht weniger schief den Kopf und schaute schon
wieder etwas pikiert.
    »Hat die Fernblickklinik auch diese Woche Pilze von Ihnen
bekommen?«, forschte Thomsen.
    Kübler sagte, er vermute das doch stark, und bat dann seine Emmi, in
den Unterlagen nachzusehen, die es schließlich bestätigte.
    »Und keine Probleme?«, insistierte Thomsen.
    »Sonst hätte ich das ja wohl mitbekommen.«
    Thomsen lief im Treibhaus auf und ab, um seine Gedanken zu ordnen
und zu beschleunigen. Er fühlte sich müde. Das war das Schlimme an Einbrechern:
Sie raubten einem nicht nur Hab und Gut, sondern nahmen ihren Opfern – also
auch ihm – das letzte Rückzugsgebiet.
    Er würde diesen Riesle überführen. Am besten heute noch. Wenn er nur
nicht nach dem Einbruch die komplette Wohnung durchgeputzt hätte.
Möglicherweise hatte er dabei Spuren dieses Journalisten verwischt … Notfalls
musste er doch noch mal mit diesem Gartmann sprechen. Der sollte gefälligst
eine vernünftige, klare Aussage machen, dass er Riesle gesehen hatte, als der
aus Thomsens Tür gekommen war. Punkt. Ohne Wenn und Aber!
    »Herr Kübler«, meinte der Kriminalhauptkommissar, nachdem er sich
wieder auf den Vergiftungsfall umgepolt hatte. »Arbeiten Sie sonst irgendwie
mit der Fernblickklinik zusammen? Fahren die beispielsweise ab und zu Pilze für
Sie aus?«
    Kübler guckte verwirrt. Winterhalter fiel auf, dass auch seine
Augenbrauen schief gewachsen waren.
    »Nein«, sagte der Pilzchef dann ebenso pointiert wie verwundert.
    »Und Sie habe doch au kei WT-Kennzeiche an Ihre Autos, oder?«,
versicherte sich Winterhalter.
    »Natürlich nicht«, sagte der »Schwarzwaldfrisch«-Besitzer. »Wir sind
doch noch Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald – also FR …«
    »Gut, dann vielen Dank. Vielleicht müssen wir uns noch einmal bei
Ihnen melden.« Thomsen verabschiedete sich eilig. Dem Händeschütteln entging er
ebenso wie bei der Begrüßung. Pilze waren für ihn Abfallgewächse – und jemand,
der sich intensiv damit befasste, beim Reden auf einen halben Meter an ihn
herankam, draußen im Dreck herumkroch und außerdem eine solch schiefe Körperhaltung
hatte, war ein potenzieller Überträger von Krankheiten. Vielleicht hatte der
Mann gar noch Reste von Giftpilzen an den schwieligen Händen. »Trau, schau,
wem« hatte ihm seine Mutter immer eingetrichtert – und das war für Thomsen eine
Art Lebensmotto geworden.
    Als Winterhalter sich nach langer Entscheidungsfindung endlich noch
mit hausgemachten Kräutermischungen eingedeckt hatte (»Für mei Frau – Ihre
Pilzkollegin, Sie wisset scho, Herr Kübler«), konnten sie zum zweiten Termin
aufbrechen – nach Höchenschwand.
    Kurz vor Häusern, am Ende einer ganzen Serie gefährlicher
Kurven, kam es beinahe zum Zusammenstoß. Der andere Wagen war offenbar aufgrund
der halsbrecherischen Fahrweise seines Lenkers weit über die Mittellinie
geraten, und viel hätte nicht gefehlt, um den Ermittlungen der beiden Beamten
ein rasches Ende zu bereiten.
    »Das war doch wieder dieser verdammte Journalist!«, rief Thomsen
fassungslos.
    »Fährt wieder mol en heiße Reife, de Riesle«, bestätigte
Winterhalter, der das Ganze naturgemäß etwas lockerer sah.
    »Das werden die nächsten Ermittlungen gegen diesen

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