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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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aus, das nun Thomsen unter Zuhilfenahme von Winterhalter durchstudierte.
    Bahnhof … St. Blasien … Tanken … Schluchsee … Bahnhof Neustadt …
    Zehn Sekunden später sagte Thomsen: »Da stimmt was nicht.«
    »Wieso?«, wollte Richard wissen.
    »Fahren Sie immer dieses Auto? Auch vorgestern?«
    Richard nickte.
    Thomsen schaute ihn aufmerksam an. »Ich kenne mich hier in der
Gegend ja nicht so gut aus wie der Kollege Winterhalter«, sagte er dann. »Aber
bei der Gesamtkilometerzahl nach dieser Fahrt zum Schluchsee am Mittwochmorgen
haben Sie sich um genau hundert verrechnet. Sie haben bei der Strecke insgesamt
dreißig Kilometer eingetragen. Das könnte ja hinkommen.«
    Thomsen lächelte – und sein Kollege wusste: Wenn er das tat, glaubte
er, einen Schlüssel zur Lösung gefunden zu haben.
    »Also«, sagte Thomsen, der vor Eifer das Buch doch selbst in die
Hand nahm: »Tachostand zuvor: 28412 Kilometer. Tachostand danach: 28542.«
    »Des wär mir jetzt nit aufg’falle«, gab Winterhalter zu.
    »Ich war schließlich mal Dritter beim Bundesjugendwettbewerb
Mathematik …«, sagte Thomsen etwas selbstzufrieden, um sofort wieder dienstlich
zu werden: »Herr …«
    »Richard Dorfer.«
    »Herr Dorfer – und vor vier Tagen sind Sie morgens nach
Titisee-Neustadt gefahren. Achtundsechzig Kilometer hin und zurück. Doch auch
hier weicht der Tacho laut Fahrtenbuch um hundert Kilometer ab. Warum?«
    »Des muss e Versehe g’wese sei«, meinte Dorfer, während sich die
Kollegen umso dichter um seinen Wagen drängten. Immerhin war wenigstens der
Verwaltungsdirektor schon wieder weg, um irgendwelche wichtigen Gäste zu
begrüßen.
    »Dann schauen wir doch auf den Tacho. Wenn’s ein Versehen war, dann
müsste die Anzeige ja um zweihundert Kilometer geringer sein, als hier im
Fahrtenbuch angegeben«, meinte Thomsen und ließ Winterhalter im Wagen Platz
nehmen. »Laut Fahrtenbuch müssten es jetzt 29005 Kilometer sein«, sagte
Thomsen. »Und laut Tacho …«
    »29005«, bestätigte Winterhalter. »Komma vier.«
    »Wenn das stimmt, wo sind dann die zweihundert nicht aufgelisteten
Kilometer geblieben, Herr Dorfer?«, fragte Thomsen freundlich, während er sich
im Auto umschaute – freilich, ohne irgendetwas anzufassen.
    »Des kann doch mol passiere, dass mer ufs Eintrage nit so achtet«,
meinte Dorfer.
    »Ja, aber Ihren Kollegen ist es nicht passiert«, sagte Thomsen –
immer noch freundlich. Der achte Wagen der Flotte, der eben auf den Parkplatz
fuhr, interessierte ihn so wenig wie die beiden Fernblickfahrzeuge, die ihn
eben wieder verließen, um neue Gäste an den Bahnhöfen des Südschwarzwaldes
abzuholen. Sie waren schließlich kontrolliert worden. »Kann es sein, dass Sie
vielleicht doch nach Königsfeld gefahren sind? Das könnte von der Entfernung
ziemlich genau hinkommen …«
    Richard Dorfer schüttelte den Kopf. Ihm war das alles sichtlich
unangenehm.
    »Was sollte ich denn in Königsfeld?«
    »Kofferraum auf!«, sagte Thomsen so bestimmt, dass Dorfer und
Winterhalter gleichzeitig gehorchten.
    »Nix«, sagte Winterhalter nach dem ersten Blick, um von Thomsen
angeraunzt zu werden: »Nix ist das nur, wenn man ein etwas eigentümliches
Verhältnis zu Reinlichkeit besitzt.«
    Winterhalter schaute nun genauer hin. Es sah aus, wie es eben in
einem Kofferraum so aussieht – außer in dem von Thomsen vielleicht. Krümel,
etwas Schmutz, kaum sichtbare Reste von einem …
    »Ein Pilzpartikel«, sagte Thomsen, schaute wieder in den Kofferraum
und lächelte erneut kaum merklich. Mittlerweile hatte er sich die Handschuhe
übergezogen und rollte zwischen seinen Fingern ein Teilchen, das kaum größer
als eine Erbse war. Er nahm eine Cellophantüte zur Hand und verstaute darin
sorgfältig das Beweisstück. Ganz offensichtlich hatte er das Auto und den
Fahrer gefunden, die die Angestellten der Tannenklinik auf dem Parkplatz
beobachtet hatten.
    »Ui«, meinte Winterhalter. »Wenn des Stückle jetzt vu nem Giftpilz
isch, dann habet Sie en ziemliches Problem. Und vielleicht au no irgendwelche
Komplize in dere Prachtklinik ….«
    Der Verwaltungsdirektor kam wieder aus dem Gebäude und teilte ihnen
devot mit, nun könne er auch das Fahrtenbuch des neunten und letzten Autos zur
Verfügung stellen.
    »Danke«, meinte Thomsen. »Vielleicht später. Jetzt bräuchten wir nur
ein Zimmer, in dem wir uns mit Herrn Dorfer ungestört unterhalten könnten.«
    Sie durften im schönen, modernen Sitzungsraum mit schwarzen
Ledersesseln,

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