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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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knapp.
    »Okay. Aber zuerst einigen wir uns darauf, wo wir beginnen. Meine Idee: Wir schlagen zuerst bei Herzberg auf, dann Moreno und zum Schluss Kayser. Obwohl«, Angersbach hüstelte und entschied sich um, »wir beginnen besser bei Kayser. Sollte er hinter der Sache stecken, hat er die besten Versteckmöglichkeiten.«
    »Mir egal. Wir werden ohnehin nichts finden.«
    Offensichtlich hatte Sabine Kaufmann tatsächlich andere Sorgen, die ihr Kopfzerbrechen bereiteten.
    »In Ordnung«, sagte Ralph daher, als er rückwärts aus der Parklücke gefahren war, »reden wir.«
    »Ihre Schwester steckt in Schwierigkeiten.«
    Es war ein einziger kurzer Satz, doch er jagte dem Kommissar einen Schauer über den Rücken.
    »Was sagen Sie da?«
    »Janines Name wird im Rahmen einer Rauschgiftermittlung genannt«, erklärte Sabine, »das hat Michael mir eben mitgeteilt. Sie sagten doch, dass sie sich öfter in Frankfurt herumtreibt.«
    »Moment«, empörte sich Ralph. »Ich habe gewiss nicht den Begriff
Herumtreiben
verwendet! Aber ja«, ergänzte er leiser, »sie hat zweifelhafte Freunde. Ich konnte heraushören, dass Bonames dabei eine Rolle spielt.«
    Bonames.
Das Ghetto,
wie man die Hochhausschluchten viel zu oft abschätzig bezeichnete. Es war einer von Frankfurts vergessenen Bezirken, anscheinend aufgegeben von den Ordnungsbehörden und nur noch ein Haarbreit entfernt von Anarchie und Verfall. So zumindest sprach man davon, wenn man nicht aus Frankfurt stammte und sich nicht näher mit dem Stadtteil befasst hatte, der sicherlich noch mehr zu bieten hatte, als nur sozialer Brennpunkt zu sein. Doch diese Hintergründe interessierten den Kommissar in diesem Augenblick nicht.
    »Bonames?«, hörte er Sabines Stimme und nickte nur. Sie sprach weiter: »Dann haben wir tatsächlich ein Problem. Es ist ein Einsatz geplant, und natürlich dürfen weder ich noch Sie davon wissen.«
    »Wann?«
    »Heute Abend. Ben-Gurion-Ring, die Wohnanlage neben dem Jugendzentrum. Außerdem einige verdächtige Plätze rundherum.«
    »Donnerstagabends?« Ralph schüttelte verwundert den Kopf.
    »Klar. Am Wochenende rechnet jeder mit Polizeipräsenz, so zumindest die Logik des Drogendezernats.«
    »Verdammt.«
    Genau aus diesem berüchtigten Straßenzug stammten mindestens drei von Janines verzottelten Hippiefreunden.
    »Wenn Sie Ihrer Schwester eine Strafanzeige ersparen wollen, sollten Sie sie heute von Bonames fernhalten.«
    »Sehr witzig, wie soll ich das denn anstellen?«
    Angespannt den Straßenverkehr an einer großen Ampelkreuzung fixierend, entging Angersbach nicht, wie sich ein gütiges Lächeln auf Sabines Lippen legte und ihre Hand seinen Unterarm berührte.
    »Es ist noch genügend Zeit«, sagte sie ruhig und zuversichtlich. »Zeit, in der wir überlegen können, wie Sie sich Janine gegenüber wie ein großer Bruder verhalten können. Bitte verzeihen Sie meine Direktheit, aber diese Chance sollten Sie sich nicht entgehen lassen.«
    Angersbach verzog den Mund. »Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Sie sich mit der Materie auskennen.«
    Sabine schüttelte nur den Kopf. »Nein, beileibe nicht«, schnaubte sie. »Mein Vater ist nach Spanien abgehauen, als er die Probleme meiner Mutter nicht mehr händeln wollte. Ich hätte mir manchmal einen Bruder gewünscht, oder
irgend
jemanden. Aber vielleicht war es besser so. Was einen nicht umbringt …«
    Sie sprach den Satz nicht zu Ende, doch es war ohnehin nur eine Plattitüde, die Angersbach nur allzu gut kannte. Er schluckte, unsicher, ob seine Kollegin eine Antwort erwartete. Ihre Offenheit verdiente es, honoriert zu werden, doch in solchen Dingen war Ralph zuweilen ein Neandertaler, auch wenn er das niemals zugeben würde. Außerdem kam er nicht gegen die sich wie ein Flächenbrand in seinem Inneren ausbreitende Unruhe an. Sämtliche Verachtung und Missbilligung, die er für den Lebenswandel jenes ihm so fremden Teenagers jemals aufgewendet hatte, waren unter der Oberfläche Kummer, Sorge und Angst. Nun zeigten sie ihre wahren Gesichter. Beschützerinstinkt. Gefühle, wie sie üblicherweise nur ein Familienmitglied aufbringen konnte.
    Ein Bruder.
Ein Vater?
     
    Diesmal sah Victor Elsass die Fahrzeuge kommen.
    Es war ein kleiner, dunkelgrüner Geländewagen, gefolgt von einer silberblauen Streife. Kein Blaulicht, keine Sirene. Aber durch aufwirbelnden Staub den geraden, asphaltierten Zufahrtsweg entlangpreschend, hatte die Szene etwas Bedrohliches. Ohne zu zögern, wandte er sich von seinem

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