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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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Angersbach hervor.
    »Wohin denn?«
    »Karben. Erst mal runter, ich zeige es Ihnen dann.«
    »Okay«, keuchte die Kommissarin, und der Motor heulte unter ihrem kräftigen Tritt auf wie ein Pferd, dem man zu kräftig die Sporen gegeben hatte. »Rufen Sie Möbs an.«
    »Lieber noch mal den Kollegen von eben«, murmelte Angersbach und drückte auf Wahlwiederholung.
    Der BMW raste durch den anbrechenden Morgen, zerschnitt aufstiebende Nebelfetzen, passierte einen Bauernhof, auf dem bereits das Leben erwacht war, und erreichte nach wenigen Minuten die ersten Häuser der Stadt.
    Im Telegrammstil gab Angersbach wieder, was er am Telefon an Neuigkeiten erfahren hatte, und Sabine wiederholte grimmig die wenigen Fakten.
    »Ein Quad? Wie konnten wir das übersehen?«
    »Keine Ahnung. Ein Quad fällt mittlerweile kaum mehr auf, schon gar nicht im Winter, wenn die Straßenverhältnisse für ein Motorrad zu gefährlich sind.«
    »Dreckskisten«, murmelte Sabine. ATV s oder Quads, wie man jene Fahrzeuge, die halb Gokart und halb Motorrad zu sein schienen, nannte, kamen zunehmend in Mode. Man fuhr sie in Schutzkleidung und Helm, sie waren geländegängig, leicht manövrierbar und in der Regel mit Stollenreifen und Allradantrieb ausgestattet. Dazu kamen ein geringes Gewicht, eine starke Beschleunigung und enorme Höchstgeschwindigkeiten. Das ideale Fahrzeug also, um auf ebenem Gelände das Weite zu suchen – sich sprichwörtlich vom Acker zu machen.
     
    Knapp eine Stunde später hatte sich ein gutes Dutzend Beamte in dem engen Besprechungszimmer der Polizeistation versammelt. Der Raum, in dem sich nur selten mehr als fünf Personen gleichzeitig aufhielten, war heiß, stickig, und es fehlte bereits nach zehn Minuten an Sauerstoff. Vorne, mit der nötigen Ellbogenfreiheit und zudem in beneidenswerter Nähe zu dem einzigen kippbaren Fenster thronten Schulte und Möbs. Gleich einem Tribunal, mit dem Unterschied, dass es sich hier nicht um einen Angeklagten und eine missbilligende Jury handelte, sondern andersherum. Zwei gegen zwölf, und die donnernde Stimme Schultes und das beipflichtende Nachgrollen Möbs’ hinterließen betretene Gesichter und zerknirschte Mienen.
    Es war der größte Einsatz, der seit langem in den ländlichen Gefilden der Wetterau koordiniert worden war, und unter den Strategen gab es keine Rangeleien und Meinungsverschiedenheiten. Sämtliche Fahrzeuge waren klug plaziert gewesen, keiner der Beamten hatte sich der Unaufmerksamkeit oder Nachlässigkeit schuldig gemacht.
    Dennoch: Paracelsus war entwischt und mit ihm die Million Euro.
    »Wie zum Teufel konnte das passieren?«
    Es war Schultes einziger Anklagepunkt, der wie ein Damoklesschwert über allen Anwesenden hing, wild entschlossen, jemanden einen Kopf kürzer zu machen.
    Unpassender als in diesem Augenblick hätte sich Sabines Handy kaum bemerkbar machen können. Das hartnäckige Piepen durchdrang das betretene Schweigen und verriet Sabine derart schonungslos, dass ein Blaulicht auf ihrem Kopf nicht weniger dezent hätte wirken können.
    »Sorry«, stieß sie gepresst hervor und schaltete das Gerät stumm, nicht ohne einen kurzen Blick aufs Display zu werfen. Eine Nachricht von Michael, deren Inhalt direkt auf dem Bildschirm angezeigt wurde.
    Müssen dringend reden, es geht um Deinen Kollegen.
    Ruf mich an, wenn Du Zeit hast.
    Love you
    So verlockend es auch war, Sabine unterdrückte den Impuls, sich nach draußen zu stehlen und ihren Freund anzurufen. Stattdessen hörte sie sich zum dritten Mal die niederschmetternden Tatsachen an, ohne die Erwartung, dass dabei etwas Neues herauskommen würde.
    Der Quad-Fahrer war den Beamten am Ortsausgang von Heldenbergen aufgefallen, drei Minuten zuvor hatte ein weißer Opel Astra das Ortsschild passiert, gefolgt von einem knatternden Mofa, welches sich die schmale Straße entlangquälte und dabei einen breiteren Abgasstreifen zu hinterlassen schien als eine Boeing 747 . Alles in allem war der Verkehr bis vier Uhr dreißig äußerst dürftig gewesen. Das Quad – eines jener Modelle, das nur mit den allernötigsten Verkleidungselementen versehen war – hatte am Ortsausgang kräftig beschleunigt und war dann in der dichten Nebelsuppe entschwunden. Den Kollegen, die in einem Hof unweit des Steinkreuzes positioniert gewesen waren, war das Fahrzeug erst spät aufgefallen, da der Fahrer irgendwann die Frontscheinwerfer ausgeschaltet hatte. Ein Indiz für profunde Ortskenntnis und zugleich, bei dünnem Verkehr und

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