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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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Ulf Reitmeyer, habe ich recht?«
    »Korrekt. Sie wissen davon?«
    »Es stand ja in aller Ausführlichkeit in der Zeitung. Stimmt es, dass er beim Joggen einfach zusammengeklappt ist?«
    »Wenn’s so in der Presse formuliert wird …«, brummte Angersbach schulterzuckend. »Ich bin gekommen, um Ihre Meinung dazu zu hören.«
    »Gehen wir doch ins Büro.« Rahnenfeldt ging voran, sie passierten einen gemütlichen Wartebereich, dessen Eingang von zwei mannshohen Pflanzen gesäumt wurde, und gelangten schließlich in einen Raum, der sich von herkömmlichen Behandlungszimmern kaum unterschied. Ein breites Wandregal hinter dem Schreibtisch enthielt allerhand Nachschlagewerke, inklusive der
Roten Liste
und des
ICD
-
10
.
Daneben stapelten sich einige in Softcover gebundene Bücher, deren knapp ein Zentimeter dicker Rücken den Namenszug
Rahnenfeldts Kräuterheilkunde
enthielt. Offenbar hatte der Heilpraktiker den Blick des Kommissars aufmerksam verfolgt, denn er griff das oberste Exemplar, wischte mit dem Ärmel eine kaum sichtbare Staubschicht von dem glänzenden Cover und reichte es Angersbach über den Tisch.
    »Bitte, ich überlasse Ihnen gerne eines. Der Selbstverlag ist ein äußerst ernüchterndes Geschäft.« Er lächelte schief.
    Angersbach wog das Buch in der Hand, sein Blick fiel auf den Preis, fast zwanzig Euro.
Kein Wunder,
dachte er.
    »Danke, aber das darf ich nicht annehmen. Ist, um ehrlich zu sein, auch nicht ganz mein Thema, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen.«
    »Darf ich fragen, wieso?«
    »Ich war in meinem bisherigen Leben kaum krank«, wich Angersbach aus, »und das meiste ließ sich mit einer Aspirin und Vitamin C hinbiegen.« Bessere Argumente fielen ihm ad hoc nicht ein.
    »Weniger als ein Prozent der Menschheitsgeschichte wird von der sogenannten Schulmedizin begleitet«, holte Rahnenfeldt mit einer ausladenden Handbewegung aus, »und alle anderen Lebewesen kommen sogar völlig ohne sie aus.« Offenbar hielt er diese Ansprache nicht zum ersten Mal.
    »Und was ist mit Pest, Krebs oder Aids?«, fragte Angersbach schlagfertig.
    »Das ist nicht ganz fair«, lächelte der Heilpraktiker. »Zugegeben, die großen historischen Seuchen waren ein düsteres Kapitel, aber gegen die anderen beiden ist auch die moderne Medizin machtlos. Behandelt wird erst, wenn es zu spät ist, und selbst dann ohne Garantie. Und HIV , davon bin ich überzeugt, ist eine Seuche aus dem Labor. Aber das führt nun wirklich zu weit.« Er zog mit dem Zeigefinger nachdenklich Linien auf die Schreibtischunterlage, und Angersbach nutzte das Schweigen.
    »Sprechen wir über Ulf Reitmeyer«, lenkte er das Thema auf den Grund seines Besuchs.
    »Meinetwegen. Was möchten Sie wissen?«
    »Bei einer Obduktion oder Leichenschau wird, soweit möglich, Einsicht in die medizinische Vorgeschichte eines Menschen genommen. Zumindest, wenn die Todesursache Fragen offenlässt.«
    »Welche Fragen sind denn offen?«, erkundigte sich Rahnenfeldt.
    »Belassen wir es vorerst dabei, dass es Unklarheiten gibt«, wehrte Angersbach ab. »Führen Sie denn überhaupt Akten, oder haben Sie Kenntnis von alten ärztlichen Unterlagen über Herrn Reitmeyer?«
    »Ich führe Aufzeichnungen, ja«, lächelte Rahnenfeldt frostig. »Meine Arbeit ist nicht weniger professionell als die eines richtigen Arztes, falls Sie darauf anspielten.«
    Angersbach entschied sich, nicht darauf einzugehen. »Unser Rechtsmediziner würde diese Akten gerne einsehen.«
    »Ich faxe sie ihm zu. Haben Sie eine Verfügung oder etwas Schriftliches?«
    »Nein. Brauche ich das?«
    »
Richtige
Ermittler wedeln immer mit einem Beschluss«, gab der Heilpraktiker augenzwinkernd zurück.
    »Okay, ich habe verstanden«, lenkte Angersbach ein. »Ich wollte Sie nicht herabwürdigen. Und ich besorge auch gerne ein entsprechendes Formular, es pressiert uns nämlich, um es auf den Punkt zu bringen.«
    »Schon in Ordnung«, murmelte Rahnenfeldt, »Ulf ist tot, Sie sind von der Kripo, das genügt mir.« Er tippte hastig auf der Tastatur seines Computers, beugte sich anschließend hinab und öffnete eine Schublade. In einem kleinen Abstellraum begann ein alter Tintenstrahldrucker ratternd seinen Dienst. »Zwei Minuten, dann haben Sie alles komplett. Ich habe übrigens ein ordentliches Studium der Medizin hinter mir, das nur am Rande.«
    »Sie sind Arzt?« Angersbach hätte schwören können, nirgendwo den entsprechenden Titel gelesen zu haben. Natürlich gab es Ärzte, die sich nicht hinter einem Dr. med.

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