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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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die der zierlichen Frau bis knapp unter die Knie reichten. Dazu Bluejeans und eine weiße Bluse, die unter einem dunklen Kurzmantel hervorragte.
Fehlt nur noch der Gaul, mit dem sie zum Dienst reitet,
dachte Volz verächtlich und fragte sich, seit wann es in Mode war, Pseudo-Reiteroutfit zu tragen. Dann kam ihm der Gedanke, dass Claudia in engen Jeans und Stiefeln eine durchaus reizvolle Erscheinung sein dürfte, und ein hämisches Grinsen zog sich über seine Visage. Rasiert hatte er sich noch immer nicht, er kratzte sich die juckende Wange, dann trat er aus dem Schatten der Halle und baute sich protzig vor der kleinen Frau auf. Diese zuckte zusammen und verlangsamte ihren Schritt. Schnell fing sie sich wieder, wedelte mit einem Ausweis und stellte sich vor.
    »Gunnar Volz? Mein Name ist Sabine Kaufmann, Kriminalpolizei.«
    »Hm.« Er genoss es, den Unnahbaren zu mimen, vor allem, wenn es sich um das schwache Geschlecht handelte und sein Gegenüber so unendlich viel kleiner war. Sie hatte blondes Haar, Sommersprossen auf der Nasenspitze und einen schlanken, trainiert wirkenden Körper.
    »Haben Sie mich bereits erwartet?«
    Die Frage irritierte ihn etwas, woher wusste sie von Claudias SMS ? »War’n ja nicht zu übersehn«, brummelte er, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Wir ermitteln im Todesfall von Herrn Reitmeyer, außerdem im Fall von Herrn Kötting.«
    »Hm.«
    Die SMS hatte gelautet:
achtung: kötting tot, polizei in anmasch.
    Zwei Tippfehler und ausschließlich Kleinbuchstaben legten den Schluss nah, dass Claudia sie heimlich und höchst eilig verfasst hatte.
    »Ich hatte vorhin den Eindruck, als wären Sie ziemlich aufgebracht gewesen«, klang es von unten, und Volz gab sich der Phantasie hin, wie er die kleine Frau mit seinen Stiefeln zermalmte wie ein lästiges Insekt.
    »War wohl nicht schwer zu erkennen«, gab er stattdessen zurück und nestelte seinen Tabaksbeutel hervor, in dem sich auch das Zigarettenpapier befand.
    »Worum ist es denn gegangen?«, fragte die Kommissarin.
    Gemächlich und mit routinierten Handgriffen fertigte er sich eine Zigarette, riss ein Streichholz aus einem Papierbriefchen und entflammte es an der roten Sandbahn.
    »Fragen Sie die Reitmeyerin«, antwortete er und paffte, bis die Glut sich knisternd um die gesamte Spitze des Glimmstengels gefressen hatte. Danach inhalierte er genussvoll und pustete den Rauch über Sabines Kopf hinweg.
    »Können Sie mir etwas über Reitmeyer senior oder Kötting erzählen?«
    Tapferes Mädchen,
dachte er, insgeheim beeindruckt, wie beharrlich und sachlich die Frau blieb. Dann schüttelte er den Kopf und sagte: »Nichts, was Sie nicht schon wissen.«
    »Okay, schade.« Die Ermittlerin wandte sich zur Seite. »Ich dachte, als geduldeter Gast bekäme man hier etwas mehr mit als die Laufkundschaft.«
    »Gast?«,
grollte Volz.
    »Sie sind doch Gast hier, oder nicht?«, erwiderte Sabine mit scharfem Blick.
    »Ich bin hier
geboren
«, knurrte Gunnar Volz und warf wütend seine Zigarette zu Boden, wo er sie länger und fester als nötig zertrat. »Alle anderen sind nach mir gekommen, inklusive der Reitmeyers. Gast, pah!« Er winkte ab, dann verschränkte er die Arme.
    »Ist nicht angenehm, sich plötzlich von unerfahrenen Emporkömmlingen sagen zu lassen, wo es langgeht, wie?«, hörte er die Kleine sagen. Die Frage kam so schnell und voller Überzeugung, dass er einen Moment lang ins Grübeln kam. War das ein Schuss ins Blaue gewesen?
    »Ist nicht Ihr Problem«, blockte er ab, wild entschlossen, der Kommissarin keine weiteren Einblicke hinter seine Fassade zu gewähren. Er wollte, nein, er
durfte
nicht riskieren, dass jemand ihm dazwischenfunkte. Schon gar nicht die Bullen. Gunnar Volz’ Angelegenheiten waren von einer Art, wie er sie nur selbst aus der Welt schaffen konnte.
     
    In der Dienststelle reagierte Möbs nur mäßig begeistert über den zweiten Leichenfund. Er stellte eine Konferenzschaltung zu Schulte in Friedberg her, nachdem Angersbach ihn informiert hatte.
    »Eine zweite Obduktion?«, erklang Schultes Grollen mit einem blechernen Beiklang aus dem Lautsprecher.
    »Ich würde sie nicht verlangen, wenn ich sie nicht für wichtig halten würde«, erwiderte Angersbach selbstbewusst.
    »Möbs, auch eine Meinung dazu?«, fragte die Stimme, und dieser wechselte einen kurzen Blick mit dem Kommissar. Der deutete ein Nicken an.
    »Wir sollten es lieber durchziehen«, schlug sich Möbs auf Angersbachs Seite. »Die Verbindung zu Reitmeyers Betrieb

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