Giftspur
weiter entfernt liegenden Gebäude. »Käse, Joghurt, Kakao und Kefir. Abgeholt wird nur das, was übrig bleibt.«
»Verstehe, danke«, entgegnete Sabine. Sie wollte gerade noch eine weitere Frage stellen, als sie Bewegung an Malte Köttings Büroeinheit vernahm.
»Geh lieber weiter«, zischte sie Martin zu, »sonst riskierst du Ärger mit Frau Reitmeyer. Ihr passt es nicht, dass ich mich hier umsehe.«
»Kein Wunder«, kam es zurück, und seine Miene verfinsterte sich. Sabine hätte eine Menge dafür gegeben, sich diesen Kommentar erläutern zu lassen, aber nahm sich vor, dies zu einem besser geeigneten Zeitpunkt nachzuholen. Sie winkte noch einmal kurz, startete dann ihren Wagen und verließ den Tannenhof.
Konrad Möbs nahm die Information weitaus gelassener auf, als Angersbach erwartet hatte. Er hatte Möbs vor seinem Dienstantritt in Bad Vilbel kaum mehr als drei-, viermal gesehen und war sich noch nicht ganz sicher, ob dieser ein ruheliebender Schreibtischhengst war, der die Jahre bis zu seiner Pensionierung ohne Aufhebens verleben wollte, oder das genaue Gegenteil. Anders als Schulte, dessen Elan bei jeder ihrer Begegnungen überzusprudeln schien, war Möbs eher zurückhaltend und schien sich zudem nicht gern im Rampenlicht zu aalen. Eine Abneigung, die Angersbach gut nachvollziehen konnte und die Möbs ihm in gewisser Weise sympathisch machte.
»Also Mord«, wiederholte der Dienststellenleiter emotionslos. Gemeinsam mit Sabine Kaufmann, die vor wenigen Minuten zurückgekehrt war, befanden sie sich in Möbs’ Büro und tauschten die Ergebnisse des Vormittages aus.
»Hack hat in diesem Zusammenhang Herzglykoside erwähnt«, wiederholte der Kommissar den Hinweis des Rechtsmediziners. »Meiner Recherche zufolge können diese Wirkstoffe einen Herzinfarkt auslösen und, wenn sie richtig dosiert sind, hinterher nicht nachgewiesen werden. Das ist jedoch keine fachliche oder medizinisch einwandfreie Einschätzung«, betonte er, »sondern nur das Ergebnis meiner Internetsuche.«
»Wann bekommen wir es denn wissenschaftlich und amtlich?«, erkundigte sich Sabine.
»Professor Hack meldet sich im Laufe des Tages«, antwortete der Kommissar und drehte gedankenverloren seine Kaffeetasse hin und her.
»Worüber grübeln Sie nach?«, fragte Möbs, und Ralph hielt sofort inne. Er überlegte noch einige Sekunden, bevor er sagte: »Ich frage mich gerade, ob wir von Kötting auf Reitmeyer rückschließen können. Im Klartext: Wenn Kötting vergiftet wurde, ist Reitmeyer dann dasselbe widerfahren?«
»Hack wird das doch testen, oder?«, warf Sabine ein.
»Hat er schon«, entgegnete Ralph kopfschüttelnd, »doch es kam nichts dabei heraus. Deshalb werden nun die Lebensmittel untersucht, aber im Gegensatz zu Köttings abgeschlossener Wohnung wurde das Haus Reitmeyer ja seit Samstag von mindestens einer weiteren Person belebt.«
»Claudia«, brummte Sabine missmutig, was ihr einen fragenden Blick der beiden Männer einbrachte.
»Das klingt wenig begeistert«, kommentierte Angersbach, und Sabine berichtete in kurzen Sätzen von ihrem jüngsten Zusammenstoß mit Reitmeyers Tochter.
»Jetzt verstehe ich«, nickte er und verzog den Mund. »Doch wer zuletzt lacht … Ein Team der Spurensicherung ist auf dem Weidenhof zugange, um dort Lebensmittelproben zu nehmen. Das dürfte ihr noch viel weniger schmecken.«
Sabine grinste kurz. »Ich wollte auch gerade fragen, wie wir verfahren wollen. Aber mal jenseits aller Animositäten: Falls wir es mit Gift zu tun haben, ist Frau Reitmeyer in größter Gefahr.«
»Nicht nur die Reitmeyer«, gab Möbs zu bedenken. »Der Hof vertreibt selbstproduzierte Lebensmittel, das zieht weitaus gefährlichere Kreise, denken Sie nicht?«
»Wir können es zumindest auf zwei Möglichkeiten einschränken. Laut Hack sprechen wir von Molkereiprodukten und kandiertem Obst. Beides befand sich sowohl in Reitmeyers Verdauungstrakt als auch in Köttings«, erläuterte Angersbach. »Ich hoffe, wir wissen es in Bälde noch etwas genauer. Eine Schließung des Hofladens werden wir gerichtlich nur schwer erwirken können, falls Claudia dem widerspricht. Seit der Applizierung sind immerhin schon drei Tage vergangen.«
»Schade eigentlich«, sagte Sabine mit einem angriffslustigen Aufblitzen in ihren Augen, »das verdutzte Gesicht von der Reitmeyer hätte ich allzu gerne gesehen.«
»Die scheint Ihnen ja ganz schön auf die Füße getreten zu sein«, stichelte Angersbach. Dann fasste er seine
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