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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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Lohmühle zwischen Karben und Wöllstadt. Ein schmaler, wasserloser Graben, an dessen Rändern sich karges Buschwerk befand, durchschnitt das Gelände, in einiger Entfernung begannen die niedrigen Ausläufer eines Wäldchens. Die Kommissare folgten Dr. Elsass durch einen kurzen Korridor, an dessen Ende eine Glastür in einen hell erleuchteten Raum führte. Mikroskope, eine Zentrifuge, eine Handvoll Rollhocker und zwei Mitarbeiter mit Mundschutz und Haarnetz strahlten eine ruhige Atmosphäre aus, außer leiser Radiomusik und dem Brummen einiger Kühlschränke war nichts zu hören. Gedämpft gab die Frau, deren weibliche Konturen unter der weit geschnittenen Laborkleidung kaum auszumachen waren, ihrem Kollegen eine Anweisung, dieser blickte kurz zu den Besuchern auf und rollte dann undeutlich murmelnd an den nächsten Tisch.
    »Keine Angst, hier gibt es keine Keime oder so«, kommentierte Dr. Elsass Sabines verunsicherten Blick, die sich mit einem Mal deplaziert fühlte. Alltagskleidung, Straßenschuhe, offenes Haar – andererseits lief Elsass ja ebenfalls ungeschützt herum.
Allein in seinem Bart …
    »Gehen wir in mein Büro«, forderte er und durchquerte den Raum, ohne den beiden Laboranten einen Blick zu schenken.
    »Sie kommen wegen Ulf?«, vergewisserte er sich, nachdem er auf einem Drehstuhl Platz genommen hatte, dessen Sitzfläche der Form eines Sattels nachempfunden war. Er zog sich eine Teetasse herbei und warf einen Blick hinein, offenbar enttäuscht, dass sich nur noch ein Zentimeter bronzefarbener Flüssigkeit im Inneren befand.
    »Unter anderem, ja«, bestätigte Angersbach. »Sie sind ja schwieriger zu fassen als Dr. Kimble. Ich telefoniere Ihnen seit zwei Tagen hinterher.«
    »Dr.
wer?
« Elsass runzelte die buschigen Augenbrauen, ganz offensichtlich gehörte er zu den wenigen Menschen, die mit der berühmten Fernsehserie der Sechziger nichts anzufangen wussten. »Ach so, der, ähm, ja, kann sein«, ergänzte er dann allerdings hastig, und Sabine schmunzelte.
    »Was ist denn nun genau passiert?«, erkundigte sich der Forscher. »War es Mord? War es ein Unfall? Mir sagt ja keiner was.« Seine Stimme bekam einen vorwurfsvollen Klang.
    »Spielen Sie dabei auf jemand Bestimmtes an?«, wagte Sabine einen Vorstoß.
    »Ach nein«, wehrte Elsass sofort ab. »Wir sind hier draußen ja auch ziemlich weitab vom Schuss.«
    »Hm. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Herrn Reitmeyer denn bezeichnen? Sie haben ihn vorhin beim Vornamen genannt.«
    »Tja, das ist eine gute Frage«, gab Elsass verschwörerisch von sich und ließ den Blick von einem seiner Besucher zum nächsten wandern, zuerst Sabine, dann Ralph. Die Kommissarin war zunehmend unsicher, ob sie es mit einem verschrobenen und zerstreuten Kauz zu tun hatten oder ob Elsass ihnen ein verdammt gutes Schauspiel bot.
    »Auch einen Tee?«, fragte er unvermittelt, erhob sich und watschelte zu einer Thermoskanne, die auf der Fensterbank stand. Die Kommissare verneinten, der Deckel gab ein blubberndes Zischen von sich, und Sekunden später kroch ein süßlicher Duft nach Zimt in Sabines Nase. Elsass nahm wieder Platz und nippte zufrieden an der dampfenden Tasse.
    »Noch mal zu Ihrem Verhältnis zu unserem Opfer, bitte«, drängte Angersbach, und Dr. Elsass nickte schnell.
    »Ja, ja, ich versuch’s. Aber zuerst möchte ich wissen, ob Ulf tatsächlich nur der Schlag getroffen hat oder ob da eine helfende Hand im Spiel war.«
    »Beeinflusst das Ihre Aussage?«, erkundigte Sabine sich und neigte den Kopf.
    »Sie zuerst«, blockte Elsass ab und führte erneut die Tasse zum Mund.
    »Wir ermitteln in alle Richtungen, konkreter geht es derzeit noch nicht«, erklärte Angersbach, und genau genommen traf er damit den Nagel präzise auf den Kopf.
    »Dann bleibe ich auch nur vage«, gab Elsass zurück. »Ulf und ich kennen uns schon beinahe unser ganzes Leben. Man könnte also mit Fug und Recht behaupten, dass wir so etwas wie Busenfreunde sind … Sagt man das heute überhaupt noch?« Er wischte sich einige Tropfen aus dem Bart und sah sie mit einem schwer zu deutenden Blick an. Inständig hoffend, dass Angersbach ebenfalls schweigen würde, verharrte Sabine in stummer Erwartung und fixierte Elsass’ Gesicht.
    »Okay, dann Tacheles«, überwand dieser sich nach wenigen, aber wie eine Ewigkeit wirkenden Sekunden. »Es ist kein Geheimnis, dass wir beide einander eine Menge verdanken.
Gegenseitig,
wie ich betonen möchte. Aber es hat in letzter Zeit auch Differenzen

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