Giftspur
gegeben.«
»Bezüglich wessen?«, hakte Angersbach prompt nach.
»Bezüglich unserer Forschung. Sie haben doch gewiss längst mit Claudia darüber gesprochen, oder?«
»Wir würden es gerne von Ihnen hören«, erwiderte Sabine mit einem auffordernden Lächeln.
»Meinetwegen«, murmelte Dr. Elsass. »Wir entwickeln hier Saatgut, welches gute Erträge vereint mit Resistenzen gegen Schädlingsbefall und extreme Klimabedingungen. Eine eierlegende Wollmilchsau, wenn Sie so wollen. Das Ganze erreicht man einerseits durch gezielte Züchtung, und dann braucht es natürlich die Laborarbeit hier. Unser Spektrum umfasst derzeit acht Getreidesorten, darunter zwei sogenannte Ur-Getreide, für deren Saat wir das Patent eingetragen haben. Unsere Ziele sind, widerstandsfähige Sorten zu erzeugen, die den Einsatz von Dünger und Spritzmitteln minimieren sollen, und unsere Prämisse lautet: Finger weg von der Gentechnik.«
Ein weiterer Schluck Tee, während Sabine den routiniert heruntergeratterten Vortrag verarbeitete, den Elsass offenbar nicht zum ersten Mal gehalten hatte. Alles klang nachvollziehbar, lediglich der Bogenschluss zu Reitmeyer fehlte. Und wieder einmal war es ihr Kollege Angersbach, dem es augenscheinlich genauso ging und der prompt fragte: »Und an welcher Stelle kommt Reitmeyer ins Spiel?«
Dr. Elsass seufzte und mied im Folgenden die Blicke der Kommissare. Zögerlich und recht undeutlich brummelte er in Richtung Tischplatte: »Ulf und ich hatten seit geraumer Zeit nicht mehr dieselben Vorstellungen von diesem ethischen Manifest.«
»Geht das konkreter?«
Eines musste Sabine ihrem forsch voranschreitenden Kollegen lassen: Er gab Elsass keinerlei Gelegenheit, sich herauszuwinden. Ob ihr das mit ihrer Einfühlsamkeit wohl auch gelungen wäre?
Na klar,
sagte sie sich schnell, immerhin war sie keine blutige Anfängerin mehr. Aber insgeheim musste Sabine Kaufmann sich eingestehen, dass ihr neuer Kollege in manchen Bereichen einen durchaus bereichernden Kontrast bildete.
Dr. Elsass nuschelte mittlerweile so unverständlich, dass sie nur Bruchteile seiner Antwort verstand, etwa die Wortfetzen »Samstagabend« und »geknallt«.
»Dr. Elsass, bitte«, sagte die Kommissarin daher, »wir erfahren es doch ohnehin. Sprechen Sie also deutlich, ja?«
»Am Samstag hat es ziemlich Stunk gegeben«, wand Elsass sich und legte anschließend die Unterarme mit nach oben zeigenden Handflächen auf die Tischplatte. »Deshalb sind Sie wohl hier. Ich nehme an, dass Claudia mich hingehängt hat, oder? Wir waren nicht gerade leise. Wenn Sie mich also abführen müssen, dann bitte. Aber ich habe Ulf nichts angetan, auch wenn Sie’s mir nicht glauben werden.«
»Langsam, so schnell verhaften wir niemanden«, brummte Angersbach. »Worum ging es denn bei Ihrer Auseinandersetzung?«
»Das Übliche.« Elsass winkte mürrisch ab und verzog den Mund. »Ulf und ich hatten inhaltliche Differenzen bezüglich meiner Forschungen. Aber das ist normal«, ergänzte er hastig, »wir sind nun mal zwei Hitzköpfe. Egal was Claudia auch behaupten mag, ich habe keinerlei Grund, dem Boss etwas anzutun.«
»Weshalb denken Sie denn, dass Herrn Reitmeyers Tochter Ihnen etwas anhängen möchte?«, fragte Sabine, und Elsass verschränkte die Arme.
»Tochter?«,
wiederholte er spöttisch. »Weiß Gott nicht!
Erbin
wäre der treffendere Begriff.«
»Wie meinen Sie das?«
Angersbach wirkte nicht minder überrascht, als Sabine es war, und Dr. Elsass lachte höhnisch auf.
»Claudia Reitmeyer ist nicht Ulfs Tochter«, sagte er anschließend. Sabine fiel es wie Schuppen von den Augen. Natürlich, dachte sie. Das erklärt, weshalb Claudia und ihre Mutter nicht schon viel länger auf dem Weidenhof leben. Derweil sprach Elsass unbeirrt weiter: »Frederik ist sein einziger leiblicher Sprössling, doch der ist ja leider auf der anderen Seite des Globus. Freddy kriecht durch den Regenwald und entdeckt seltene Pflanzen und Tiere. Der Hof geht ihm sonst wo vorbei. Er hat noch wahren Forschergeist.« Elsass seufzte verklärt, hielt kurz inne und fuhr in düsterem Tonfall fort: »Claudia hingegen hat ganz bequem auf ein gemachtes Nest gewartet. Ulf angelte sich zuerst ihre Mutter, heiratete diese und adoptierte zu guter Letzt die Kleine. Ich werde den Teufel tun, diesem gewieften Luder etwas nachzusagen, aber … Nein«, er unterbrach sich und legte sich den Zeigefinger auf die Lippen, »ich werde mich keiner üblen Nachrede schuldig machen. Doch niemand soll
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