Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
Marguerite jetzt besser ging, dass sie jetzt ihre Mutter wiederbekäme. Diese Illusion hatte für ein paar kostbare Augenblicke angehalten.
»Der Schatten « , sagte sie. Ihr Atem ging in kurzen, flachen Stößen. »An der Wand. Ich konnte sehen, wie er sanft hin und her schwang. Ich wollte den Blick nicht heben, wollte es nicht sehen .« Selbst jetzt pulsierte die Angst in ihrem Blut. »Ich spürte, wie sich mein Herz zu einem kleinen, harten Ball zusammenzog, und dann sah ich auf, und es ist … einfach zerbrochen .« In scharfe, bösartige Scherben, die sie verletzt und ihr Blut hatten fließen lassen. »Ich sah sie immerzu an, sah, wie sie … « Die Worte kamen nicht, wollten sich nicht formen lassen. »Der Schatten « , sagte sie stattdessen, »er schwang einfach weiter. Die ganze Zeit blutete mein Herz aus, und der Schatten schwang einfach hin und her .«
Raphael spürte, wie seine Jägerin aufs Neue in seinen Armen zerbrach, und er konnte es nicht ertragen. »Das war eine selbstsüchtige Tat .«
»Nein, sie … «
»Sie hatte zwei Töchter verloren « , sagte Raphael. »Sie wurde gefoltert. Doch das galt auch für dich. Du musstest ertragen, dass deine Schwestern vor deinen Augen ermordet wurden, und wie deine Mutter litt .«
»Es ist nicht dasselbe .«
»Nein. Denn du warst ein Kind .« Er drückte sie an sich und wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen und Marguerite Deveraux schütteln, bis sie aus dem Nebel ihrer Trauer auftauchen würde und die Schätze erkannte, die sie fortwerfen wollte. »Es ist in Ordnung, dass du wütend auf sie bist, Elena. Du verrätst sie dadurch nicht .«
EinabgehacktesSchluchzen,sorau,alswäreesihrentrissenworden,dannschlugsiemitdergeballtenFaustaufseineBrust.»Warumhatsieunsnichtsogeliebt,wiesieAriundBellegeliebthat ?« DieFrageeinesKindes.»Warumhatsieunsverlassen,obwohlsiegesehenhat,wasausJeffreywurde?Warum ?« IhrnassesGesichtwaranseineBrustgedrückt,dasSchlagenderFaustwurdelangsamer,alssieflüsterndwiederholte:»Warum ?«
Als sie ihn später bat, mit ihr zu trainieren, tat er es, ließ sie ihren Kummer und ihren Schmerz in einem harten, physischen Kampf austoben. Doch sie war abgelenkt, war nicht in Bestform. Anstatt nachsichtig zu sein, nahm er sie besonders hart ran.
»Wenn du den Schutz, den ich dir zukommen lassen möchte, nicht annimmst « , sagte er, als er sie innerhalb weniger Minuten zum zweiten Mal auf den Rücken warf, »musst du besser sein als der Beste .«
Sie fauchte, was er dem qualvollen Leid, das ihr Gemüt niedergedrückt hatte, bei Weitem vorzog. »Mich in Grund und Boden zu rammen ist aber auch keine Lösung .« In einer geschmeidigen Bewegung kam sie wieder auf die Füße.
Er stürzte sich von Neuem auf sie.
Dieses Mal kam sie über ihn wie eine Furie, ihr Kummer verwandelte sich in mörderischen Zorn.
AlsermitihrtanzteundihreKlingensichwieStreifenausweißemFeuerbewegten,konnteernichtverhindern,dasssicheinstolzesLächelnaufseinGesichtlegte.»Großartig « ,sagteer,alssieseinenFlügelfastmiteinemihrerKurzschwertergeritzthätte.
Sie zischte irgendetwas Unverständliches, bevor sie den Arm in einer Bewegung zur Seite schnellen ließ, die er ihr nicht beigebracht hatte – er musste sich durch einen Hechtsprung retten, sonst hätte er einen tiefen Schnitt in seiner Seite riskiert. Das ist schon besser. Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er ihr das Messer aus der linken Hand wand und sich aus der Reichweite ihrer Rechten zurückzog.
Die Augen zusammengekniffen, gab sie dem Schwert einen kurzen Tritt und fing es auf. Dann umkreiste sie ihn so ähnlich, wie Venom es tat. Sie lernt sehr, sehr schnell, dachte er. Ihrer nächsten Bewegung konnte er nur ausweichen, weil er schon oft genug mit dem Vampir trainiert hatte. Trotzdem verfehlte das Messer seine Nase nur um wenige Millimeter.
Doch sie hatte nicht an ihre Deckung gedacht. Im nächsten Augenblick war er hinter ihr und hielt ihr das Messer an die Kehle. »Das war dumm « , blaffte er sie an, wütend, dass sie sich durch ihre Wut zu einem Manöver hatte verleiten lassen, das sie ungeschützt und angreifbar gemacht hatte. »Du bist tot .«
Sie hob die Hand und packte sein Handgelenk. »Du hast mich absichtlich wütend gemacht .«
Er zog sich zurück. »Aber du hast dich zu weit darauf eingelassen .«
Elena drehte sich schwer atmend um. »Ja, das habe ich .« Sie rieb sich das Gesicht mit der Hand. »Ich werde diesen Fehler nicht noch einmal machen .«
Raphael nickte
Weitere Kostenlose Bücher