Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
ich kenne nur die Gerüchte und Anspielungen. Deine Quellen sind besser als meine .«
In ihren Worten lag eine Aufforderung. »Hast du es auf mehr Macht abgesehen, Favashi ?«
»Ganz ehrlich, Raphael, ich bin sehr zufrieden damit, Königin meines Gebietes zu sein. Es ist groß, und ich werde wie eine Göttin behandelt .« Ihr dichter Wimpernrand senkte sich über ihre weichen braunen Augen, als sie den Kopf schüttelte. »Ein größeres Land würde mir zurzeit nichts als Probleme bereiten .«
Raphael war sich nicht sicher, ob er ihr glauben sollte, doch er nickte knapp. »Ich werde es dich wissen lassen, wenn ich irgendetwas Relevantes über Elias höre .« Er beendete den Anruf und wandte sich an den Vampir, der außer Sichtweite der Kamera in der Ecke stand. »Was meinst du ?«
»Ich glaube, sie ist süßes Gift .« Dmitri kam näher, harte Linien hatten sich in sein Gesicht eingegraben. »Es geht um Macht. So ist sie, und damit kennt sie sich aus .«
»Wenn es um Favashi geht, bist du wohl kaum objektiv .«
Dmitris Kinn zuckte. »Ich war ein junger Narr, und sie hat mit mir gespielt. Aber Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich meine Lektion nicht gelernt habe .«
»Sie ist eine schöne Frau. Und offenbar bist du ein großartiger Liebhaber .«
Der Vampir warf ihm einen düsteren Blick zu. »Ich glaube, Ihre Jägerin färbt auf Sie ab. Und das war nicht als Kompliment gemeint .«
Raphael spürte, wie seine Mundwinkel zuckten. »Finde heraus, ob Jasons Leute wissen, was mit Elias los ist .« Raphael wollte selbst mit dem Erzengel sprechen, doch so ehrenhaft er auch aussah, Elias gehörte trotz allem zum Kader und war in der Kunst der Täuschung bestens bewandert.
Schon zog Dmitri sein Handy hervor. »Favashi … Ich habe einmal gesehen, wie sie einem Vampir das noch schlagende Herz aus der Brust gerissen und es ihm unter die Augen gehalten hat, während er starb, weil der Mann es gewagt hatte, eine Anweisung nicht zu befolgen. Sie ist keine zartbesaitete Prinzessin, doch sie setzt dieses Bild von sich gern zu ihrem Vorteil ein .«
»Der Vampir hat ihre Macht infrage gestellt, Dmitri. Du weißt so gut wie ich, dass sie ihn damit nicht durchkommen lassen konnte .«
In diesem Moment klingelte Dmitris Telefon, und er hielt es sich ans Ohr. Wie alle anderen Männer auch, hatte der Anführer der Sieben eine Vergangenheit. Selbst Raphael wusste nicht alles darüber, was zwischen Favashi und dem Vampir vor über fünfhundert Jahren vorgefallen war, Jahrhunderte vor Favashis Eintritt in den Kader.
Was er aber wusste, war, dass Dmitri mit der Bitte zu ihm gekommen war, aus seinen Diensten entlassen zu werden. Raphael, selbst noch ein neuer Erzengel, hatte es sich in diesem Stadium nicht leisten können, ihn zu verlieren. Deshalb hatte er ihn gebeten, noch ein Jahr zu warten. Er hatte es nicht angeordnet – Dmitri hatte sich das, worum er gebeten hatte, verdient –, doch der Vampir hatte zugestimmt.
»Favashi « , hatte er mit einem Lächeln gesagt, das man vor seiner Begegnung mit dem persischen Engel selten bei ihm gesehen hatte, »ist zu reizend, um deinen Namen zu verfluchen, aber ich habe mir sagen lassen, dass ich in dem Augenblick ihr gehöre, in dem das Jahr abgelaufen ist .«
Doch als die Zeit gekommen war, war Dmitris Lächeln längst verschwunden, und bis auf ein kurzes Gespräch, in dem Raphael Dmitri gefragt hatte, ob er ihn verlassen wolle, und Dmitri nur mit einem kurzen »Nein « geantwortet hatte, war nie wieder ein Wort über die Sache verloren worden.
Jetzt beendete der Vampir das Gespräch und klappte das Handy zu. »Die Lage hat sich verschärft – Elias wurde dabei beobachtet, wie er in Ihr Territorium flog. Er befindet sich zurzeit über Georgia .«
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Auf diese Nachricht, die den Worten Favashis auf dem Fuße gefolgt war, konnte es nur eine Reaktion geben. Raphael setzte sich mit Nazarach in Verbindung und bat ihn, Elias abzufangen und in sein Haus in Atlanta einzuladen. »Ich werde dich begleiten .« Obwohl er diese Entfernung mit Leichtigkeit fliegend hätte schaffen können, beschloss er, seine Kräfte zu schonen – für den Fall, dass Elias mehr als eine Unterhaltung im Sinn hatte. »Venom soll das Flugzeug startklar machen « , sagte er zu Dmitri.
»Sire .«
»Dmitri .« Er wartete, bis der Vampir sich umgedreht hatte, bevor er sagte: »Du wirst über sie wachen .«
»IchhabeeinenEidgeleistet.Ichwerdeihnnichtbrechen .«
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