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Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

Titel: Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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eine Zeit, als Caliane genau das gewesen war – seine Mutter. »Es sieht so aus, als habe dieses Band überdauert. Sie kann mich auch aus ihrem Halbschlaf heraus erreichen.«
    Elena streichelte seinen Oberschenkel und hielt ihn auf der Erde, in der Gegenwart fest. »Was hast du gesehen ?«
    »Die Vergangenheit und die Zukunft .«
    »Raphael .« Ein Flüstern, so leise, dass es fast geräuschlos war. »Raphael .«
    Ein Aufflackern von Bewusstsein, von Erkenntnis. »Mutter ?« Als er die Augen öffnete, fand er sich auf einem fruchtbaren, grünen Feld wieder, der Himmel über ihm hatte den strahlenden Ton der Flügel eines Blauhähers, die Luft duftete nach tausend unbekannten Blumen.
    Er runzelte die Stirn. Dieser Ort kam ihm fast quälend vertraut vor … bis hin zu den Tautröpfchen, die wie Edelsteine auf den jadegrünen Grashalmen glitzerten. Doch sein Verstand spielte mit ihm Verstecken, weigerte sich, den Namen des Feldes preiszugeben, auf dem er stand.
    Er ging in die Hocke und brach einen der Halme ab, berührte den Tau mit dem Finger.
    Ein Seufzen im Wind … und ihre zarten, feingliedrigen Füße liefen über das Gras, der Saum eines langen weißen Gewandes umspielte ihre Knöchel.
    Sein Herz hörte auf zu schlagen, während er zusah, wie sie auf ihn zukam, eine Erzengelfrau von so überwältigender Schönheit, dass sie Legenden hervorgebracht und Imperien in den Untergang getrieben hatte. Ihr Haar war ein Wasserfall aus Ebenholz und fiel über ihren Rücken, dicht und wild, seidige Locken, in denen sein Vater so gerne seine Hände vergraben hatte, wenn er sie küsste. Ihre Augen hatten denselben durchdringenden Ton, den er an jedem Tag seines Lebens im Spiegel sah.
    Caliane hatte ihm ihre Augen und ihre Macht vererbt … und vielleicht auch ihren Wahnsinn.
    Doch seine Größe hatte er von seinem Vater.
    Er erhob sich und sah ihr Lächeln, als diese Frau, die ihm kaum bis zur Brust reichte, vor ihm stehen blieb. »Mein Raphael « , flüsterte sie. »Mein kleiner Liebling. Wie groß du geworden bist .«
    Er überragte sie weit, doch selbst jetzt fühlte er sich noch wie ein Kind. Als sie ihm die Hand auf die Brust legte, konnte er nicht zurückweichen, und in seinem Herzen schmerzte das Verlustgefühl, das ihn die ganze Zeit hindurch begleitet hatte. »Auf diesem Feld hast du mir alle Knochen gebrochen .« Endlich erinnerte er sich, erinnerte sich an das Blut und die Schmerzen. Erinnerte sich an den Anblick, als sie davonging.
    Kummer lag in ihrem Blick, das Blau wurde zu Mitternacht. »Ich war wahnsinnig, Raphael .« Ausgesprochen mit einer Klarheit, die ihn an die atemberaubende Macht eines Liedes erinnerte, das einst die Welt unterworfen hatte. »Aber ich habe für dich gekämpft .«
    Er dachte an seine gebrochenen Knochen, daran, dass sein Körper zerschmettert und in so viele Stücke gerissen worden war, dass es lange, sehr lange gedauert hatte, bis er wieder geheilt war. »Hast du das ?«
    Sie hob die Hand mit jener mütterlichen Zärtlichkeit an sein Kinn, die ihn zurück in seine Jugend zu ziehen drohte. »Der Wahnsinn hatte mir zugeflüstert, ich sollte dich umbringen, weil du in dir das Potenzial trägst, mich an Macht zu übertreffen .«
    Raphael kannte seine eigene Stärke, doch er wusste auch, dass der Erzengel, der vor ihm stand, Jahrtausende älter war und seine Fähigkeiten unerreicht. »Du bist eine Uralte, Mutter. Ich bin noch jung .«
    »Der jüngste Engel, der je ein Erzengel geworden ist .« In ihrem Ton lag ein Stolz, der ihm bis ins Mark drang. »Ich habe auch im Schlaf über dich gewacht, mein lieber, kleiner Junge. Und ich sehe eine Zukunft, in der du weit höher fliegst, als Nadiel und ich je zu träumen wagten .«
    Er war ihr Sohn. Er hatte um die getrauert, die sie einst gewesen war, selbst als er versucht hatte, sie hinzurichten. Es war ihm unmöglich, nicht auf sie zuzugehen und ihren schlanken Körper in die Arme zu schließen, seinen Kopf in ihrem Haar zu vergraben und den süßen, rauchigen Duft von zu Hause einzuatmen. »Du schläfst .«
    »Nein. Ich erwache .« Feucht spürte er ihre mütterlichen Tränen an seiner Wange, während sie ihm über das Haar strich. »Ich habe eine Spur von Sterblichkeit in dir gespürt, Raphael .«
    Er blinzelte, zog sich zurück und schüttelte den Kopf. Elena. Er hatte Elena vergessen. Wie war das möglich, da sie doch der wichtigste Teil seines Lebens war? »Was machst du mit mir, Mutter ?«
    In ihren Augen loderte die Farbe des innersten

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