Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
seine Hand sanft um ihren Hals, keine Drohung, sondern ein Zeichen von Besitz. »Ist unsere Beziehung so schwach ?«
»Nein .« Sie würde um jeden Preis darum kämpfen. »Sie ist etwas Besonderes – und sie verdient es, gegen alle Steine geschützt zu werden, die die Welt uns in den Weg zu legen versucht .«
Sie sah, wie der metallische Ton einem durchdringenden, stechenden Blau wich, wie der Mittagshimmel über den Bergen. »Ach Elena, so redegewandt .«
»Ich meine es ernst .« Ihr Magen war wie zugeschnürt.
»Ich werde Dmitri beauftragen, sich eine andere angemessene Bestrafung zu überlegen .«
Die Luft flutete ihre Lungen, als sie endlich tief einatmete. »Ich bin sicher, ihm wird ohne große Schwierigkeiten etwas einfallen .« Dmitri war einer der ältesten Vampire, die sie je getroffen hatte – und er hatte eine Vorliebe für Schmerzen. »Hier ist nichts – geruchsmäßig .«
»Damit hatte ich eigentlich auch nicht gerechnet. Er sollte am späteren Abend erst hierhergebracht werden, nachdem er Zeit gehabt haben würde, seine Angelegenheiten zu regeln .« Raphael strich mit dem Daumen über die pulsierende Halsschlagader seiner Gemahlin. »Was spüre ich da in dir, Elena ?« Angst, ein heimtückischer Eindringling, der ihm seine Jägerin nehmen konnte.
Sie schüttelte leicht den Kopf. »Es liegt nicht an dir .« Pause. »Es ist meinetwegen. Ich bin ein wenig durcheinander. Manchmal kommt einfach alles wieder hoch .«
Er umfing sanft ihren Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie mit langer, inniger Zärtlichkeit, die ihr ins Bewusstsein rief, dass die Albträume ihr jetzt nichts mehr anhaben konnten – denn sie gehörte einem Erzengel.
Als sie sich voneinander lösten, legte seine Jägerin die Finger an ihre kussfeuchten Lippen, ihre Augen waren riesig in der Dunkelheit. » Shokran , Erzengel .«
»Gern geschehen, Gildenjägerin .« Seine Flügel streiften die seiner Gemahlin, als er sich umdrehte, um mit ihr zum Haus zurückzukehren. »Dieser Mord ist eine Nachricht. Es kann nicht anders sein .«
»Die Frage ist, wer … « Elena erstarrte. »Der Mörder roch berauschend nach Oleander. Das ist eine Blume, aber auch ein tödliches Gift .«
»Neha .«
Nachdem er die erschöpfte Elena im Bad allein gelassen hatte – obwohl ihm der Gedanke, ihr Gesellschaft zu leisten, wesentlich angenehmer erschienen wäre – , ging Raphael hinunter in die Bibliothek und ließ sich mit Neha verbinden. Der Erzengel von Indien ließ sich Zeit, bis er den Anruf entgegennahm, und als Nehas Gesicht auf dem Bildschirm erschien, war es die klirrende Kälte der Arktis. »Raphael .« Sie hatte die Haare zu einem strengen Knoten zurückgebunden, und ihre Züge waren unverstellt. Sie war von reiner, unverfälschter Schönheit.
Dieser Eindruck verstärkte sich noch durch die Falten des weißen Seidensaris, der ordentlich über ihre Schulter fiel und dessen schlichte Farbe nur einen schmalen Rand mit kleinen, facettierten Perlen aufwies. Um ihren Hals lag ein Band in Form einer dünnen, schwarzen Schlange mit offenem, züngelndem Mund. Doch Raphael wusste, dass es keine Halskette war.
»Neha « , sagte er, während sich die Kobra an ihrem Arm hinunterschlängelte. »Du weißt, warum wir dieses Gespräch führen .« Wie Elena ihm erklärt hatte, als sie in die Wanne gestiegen war, hatten Vampire oft seltsame, unerwartete Gerüche, also musste die Stärke des Giftes nicht unbedingt etwas bedeuten. Allerdings war Venom der beste Beweis dafür, dass Neha ihre Methoden hatte, den von ihr Erschaffenen ihr Zeichen aufzuprägen.
Jetzt verzog die Königin der Schlangen und der Gifte ihre Lippen zu einem Lächeln, und das Vergnügen darin war so kalt wie das Blut, das durch die Adern ihrer liebsten Kreaturen floss. »Es ist nur ein Spiel, Raphael .«
Ein Sterblicher hätte vielleicht versucht, ihr ins Gewissen zu reden, hätte versucht, Schuldgefühle über diesen sinnlosen Tod – höchstwahrscheinlich sogar mehrere sinnlose Tode – in ihr zu wecken, den oder die sie in die Wege geleitet hatte, doch er appellierte an ihren Stolz. »Es ist unter deiner Würde, Neha, durch solch armselige Idioten zu agieren .«
Titus wäre bei dieser Beleidigung in die Luft gegangen, Michaela hätte vor Wut gefaucht, doch Neha … Neha seufzte und hob die Hand, um das Maul der Schlange an ihrem Hals zusammenzudrücken und es so lange zuzuhalten, bis die Schlange anfing sich zu winden, bevor sie es wieder losließ. Und noch immer lag die
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