Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
Achselzucken. »Sie hätten sich davon erholt, aber es hätte saumäßig wehgetan. Und beim nächsten Mal hätten Sie sich daran erinnert .«
Elena schloss die Augen und zählte bis zehn. »Ja, Sie haben recht « , sagte sie und hob die Lider.
Venom blinzelte, und als er die Wimpern wieder hob, zogen sich seine Augen mit den schlitzförmigen Pupillen zusammen. »Mir fehlen die Worte .« Aber nicht die Taten, wie es aussah, denn er vollführte eine elegante Verbeugung und warf ihr eine Kusshand zu. »Noch eine Runde ?«
Illium, der immer noch so niedergeschlagen wirkte wie in den Tagen zuvor, wandte sich an sie. »Macht es dir etwas aus, wenn ich es mal versuche ?«
»Nur zu, gib ihm Zunder .«
Nachdem er Hemd und Stiefel ausgezogen hatte, streckte Illium die Hand nach einem von Venoms Messern aus. Venom verzog den Mund, als er es ihm reichte. »Bist du sicher, dass du mit mir fertigwirst, mein süßes kleines Glockenblümchen ?«
»Habe ich dir je von meinen Schlangenlederstiefeln erzählt ?« Aus seinem wilden Grinsen las sie, dass Venom jetzt würde ausbaden müssen, was den blau geflügelten Engel so quälte.
VenomwirbeltedasMesserinderHandherum.»Ichglaube,ichbrauchedringendeinpaarneueFedernfürmeinKopfkissen .«
Illium begab sich in Kampfposition. »Du entscheidest, Ellie .«
Sie trat an den Rand des Kreises, wo sie eine Flasche Wasser hingestellt hatte, legte die Waffen nieder und setzte sich ins Gras. »Fertig? Los !«
Binnen Sekunden schlug ihr das Herz bis zum Hals, das Wasser war vergessen. Denn weder Venom noch Illium hielten sich jetzt zurück, beide bewegten sich mit tödlicher Geschwindigkeit. Eine Messerspitze knapp einen Millimeter vor einem Auge, ein Fuß kurz davor, ein Rückgrat zu brechen, eine Klinge, die beinahe einen Kopf abtrennte. Es war, als würde sie einen Kampf in Zeitraffer sehen, Illiums Flügel waren strahlende Spritzer aus Blau, sein Haar ein wilder schwarzer Pinselstrich, der in Saphire getaucht war. Venoms Haut schimmerte goldbraun unter dem Schweiß, in dem sich das Licht fing.
Sie stand auf. Den Blick unverwandt auf die beiden geheftet, versuchte sie, einzelne Bewegungen zu erkennen und verwundbare Punkte. »Stopp !«
Sie ließen voneinander ab und sahen sie schwer atmend an – zwei halb nackte, schweißbedeckte Männer, die verdammt scharfe Messer in den Händen hielten. Illium war wunderschön, Venom so anders, dass er seltsam unwiderstehlich wirkte. Zusammen, dachte ein Teil von ihr, ergaben sie einen verdammt netten Anblick. Sara würde sie als rattenscharf bezeichnen.
»Venom hat gewonnen « , sagte sie.
Illiums leichter britischer Akzent war deutlich zu hören, als er sagte: »Einen Scheiß hat er .«
»Er hatte seine Zähne an deiner Kehle .« Sie kannte sich gut genug aus, um zu wissen, dass Venoms Gift für Engel nicht tödlich war, doch es hätte scheußlich geschmerzt und Illiums Konzentration gestört.
Venom wippte auf den Fußballen vor und zurück und hatte ein kleines, spöttisches Lächeln auf den Lippen, was Illium zu der Drohung veranlasste, ihn in Stücke zu reißen. Das ließ das Grinsen des Vampirs jedoch nur breiter werden, und schon waren sie wieder mittendrin und bewegten sich so geschmeidig und anmutig, dass sie wie ein lebendes Kunstwerk aussahen.
Die Versuchung war groß, ihnen einfach nur zuzusehen, doch sie fing an, sich Bewegungen und Gegenbewegungen zu merken, von denen sie glaubte, sie verwenden zu können – denn sie würde ihren Namen wieder auf den Dienstplan der Gilde bringen, komme, was da wolle, und zwar als voll einsatzfähige Jägerin.
Raphael stand ganz am Rand des Turmdaches und ließ seine Blicke über Manhattan schweifen. Die Stadt hatte von der Zerstörung, die sein Kampf mit Uram verursacht hatte, nur wenige Narben davongetragen. Fest und stolz hatte sie sich gegen die Erdbeben und die Sturmböen gestemmt, die sie vor einer Woche getroffen hatten, und jetzt strahlte sie hell im Sonnenlicht.
»Schhh, mein Liebling, schhh .«
Die Bilder von dem blutbesudelten Körper des jungen Mädchens in dem hohen, grünen Gras verwoben sich mit der Stimme seiner Mutter, doch die Erinnerungen konnten ihn nicht herunterziehen, nicht heute. Dies war seine Stadt. Er hatte sie erbaut, und er würde sie halten, selbst wenn seine Mutter versuchen sollte, sie ihm zu entreißen. »Was ist mit Boston ?« , fragte er Dmitri. »Gab es noch Probleme ?«
»Nein « , antwortete der Vampir neben ihm. »Die Ruhe hat seit dem Erdbeben angehalten
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