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Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

Titel: Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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du sie töten ?«
    Die Frage traf ihn nicht unvorbereitet. Er hatte den Grund für Lijuans Erscheinen in dem Augenblick erkannt, als er sie sah. »Wenn meine Mutter immer noch wahnsinnig ist, muss sie aufgehalten werden .« Er hatte an diesem Morgen von Nazarach, Andreas und Nimra Berichte über junge Vampire erhalten, die von einer mörderischen Raserei befallen worden waren und auf eine Art mordeten, die Calianes Handschrift trug. Diesen Berichten zufolge schien ihr Wahnsinn mehr und mehr zu einer sicheren Gewissheit zu werden.
    »Wäre es nicht besser, sie im Schlaf zu töten ?« Mit einem wohligen Seufzen setzte Lijuan ihre Teetasse ab. »Sie hat noch nicht ihre vollen Kräfte wiedererlangt. Wenn sie erst einmal erwacht ist, kann es gut sein, dass sie nicht mehr aufzuhalten ist .«
    Die Vorstellung, dass Caliane Leid und Feuer auf die Welt herabregnen ließ, war ein Albtraum. Aber … »Das ist nicht unsere Art .« Für die Engelsgleichen galten nur wenige Gesetze. Das Einzige, was wirklich eine Rolle spielte, war das absolute Verbot, Engelskindern etwas zuleide zu tun. Nehas Tochter Anoushka hatte mit ihrem Leben dafür bezahlt, dass sie diese Regel gebrochen hatte.
    Doch es gab noch ein anderes, älteres Gesetz. Einen Engel im Schlaf zu töten galt als ein solch abscheulicher Mord, dass die Strafe der sofortige und absolute Tod war. Denn selbst Erzengel konnten sterben – wenn auch nur durch die Hand eines anderen Erzengels. »Ich werde kein Feigling sein und zuschlagen, während sie hilflos ist .«
    »Deine Mutter ist wohl kaum hilflos « , widersprach Lijuan. »Du siehst die Auswirkungen ihrer Macht überall um dich herum – Tod überzieht das Land, und schon jetzt beginnt der geschmolzene Kern vor Wut zu kochen .«
    Raphael musste an den rasenden Zorn denken, der ihn gepackt hatte, als Calianes Macht ihre Kreise über die Welt gezogen hatte, und daran, dass Astaad seine Konkubine verprügelt hatte und dass Titus – laut Jasons jüngstem Bericht – Unschuldige hinrichtete. »Richtig .« Seine Mutter war nie hilflos gewesen.
    »Dann stimmst du mir zu. Sie muss getötet werden, bevor sie erwacht und die Welt in Angst und Schrecken versetzt .«
    »Nein, sie muss geweckt werden .« Vielleicht war auch noch ein Stück von dem Kind in ihm, das er einst gewesen war, doch seine Entscheidung war die eines Erzengels. Das heilige Gesetz durfte nicht gebrochen werden, ganz egal für welchen Zweck. Denn wenn es einmal geschah, konnte es nicht mehr widerrufen werden. Und die Situation würde noch heikler werden, weil danach alle Schlafenden zu Freiwild würden. »Wenn wir sie aufwecken könnten, bevor sie bereit ist, wird sie geschwächt erwachen. Das würde uns einen Vorteil verschaffen, während wir versuchen herauszufinden, ob sie geisteskrank ist oder nicht .« Ob sie sterben musste oder nicht.
    Lijuans Gesichtsausdruck blieb gelassen, doch um ihre Iris zeichnete sich ein schwarzer Rand ab, eine satte, ölige Farbe, wie sie Raphael noch nie zuvor erblickt hatte. Etwas darin erzählte flüsternd von den Wiedergeborenen, den Leichnamen, denen Lijuan stummes, hungriges Leben eingehaucht hatte. »Sie ist vor all den Jahren entkommen « , betonte der Erzengel von China, wobei sich der schwarze Rand wie mit einem eigenen Bewusstsein bewegte, »weil die vereinten Kräfte des Kaders nicht ausgereicht haben, sie zu überwinden .«
    »Aber damals hatten sie dich noch nicht .« Raphael appellierte gezielt an Lijuans Eitelkeit.
    Ihr Blick rückte in die Ferne. »Ja. Caliane hat nicht die gleiche Entwicklung durchgemacht wie ich .« Ein kleines, zufriedenes Lächeln. »Begleite mich zur Tür, Raphael .«
    »Ich bin nicht dein Spielzeug, Lijuan « – eine sanfte Warnung – »und werde es niemals sein .«
    Lijuans Haare wurden von einem unheimlichen Windhauch zurückgeweht, der nur ihr zu gelten schien. »Spielzeuge sind so leicht zu ersetzen, Raphael. Ich habe etwas wesentlich Dauerhafteres mit dir vor .« Ein Flüstern von Macht flackerte auf ihrem Gesicht. »Du könntest die Welt beherrschen .«
    Dafür musste er nichts weiter tun, als seine Seele aufzugeben, dachte er, während er zusah, wie sie in den blauen Himmel über seiner Stadt davonflog.
    An diesem Abend wurde die Stadt wieder von einem Regen überrascht, der so schnell und hart vom Himmel fiel, dass Elena vor dem Feuer des Kamins in Raphaels privatem Arbeitszimmer die Arme um ihren Körper schlang, während sie in die düstere Landschaft hinaussah. »Ist Illiums

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