Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
Fähigkeiten, Engel zu wittern, noch äußerst unzuverlässig waren.
»Was meinen Sie ?« Santiago ging neben ihr in die Hocke. »Glauben Sie, es könnte eine Meute von Vampiren gewesen sein ?«
Elena hob abwehrend die Hand und musste schlucken, denn sie wusste so gut wie sicher, dass das hier sehr viel schlimmer war. Dann ließ sie sich auf die Knie nieder und beugte sich dicht genug über die Leiche, um einige der Wunden untersuchen zu können, die nicht mit Blut verkrustet waren. »Keine Bissspuren « , sagte sie überrascht. »Schnitte. Winzig kleine Schnitte .« Am gesamten Körper des Opfers. Ausgeführt mit einem Messer. Doch die eigentliche Frage war, wer oder was hatte die Hand mit diesem Messer geführt ?«
»Ja. Folterung .« Der große Detective erhob sich mit einem Stöhnen. »Ein Fall für die Gilde oder für uns ?«
»Gilde .« Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. »Das hat kein Mensch getan .« Sie streifte die Handschuhe ab und hielt sie in einer Hand, während sie mit der anderen Santiagos ausgestreckte Hand ergriff, der sie hochzog. »Danke .«
»Gern geschehen. Der Eimer für biologischen Sondermüll ist dort oben .« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter.
Sie ging mit ihm hinauf und entsorgte die Handschuhe. Dann rief sie von ihrem Handy aus Raphael an. »Hier ist etwas, das du dir ansehen solltest .«
20
Raphael sah sich die Leiche an und wurde sehr, sehr still. »Man nannte es den Tod der tausend Schnitte .«
Während Elena die Bedeutung dieser Worte nüchtern analysierte, wanderte ihr Blick über die hübschen Vergissmeinnicht und das altmodische Freundschaftsarmband am schlanken Handgelenk des Mädchens. Es erschien ihr unpassend, über uralte Foltermethoden zu sprechen, während es so seltsam unschuldig im Gras lag – doch das Bild täuschte natürlich. »Gehörte dazu nicht auch das Abtrennen von Gliedmaßen ?«
»Nicht bei Caliane .«
Die Bestätigung ihrer Vermutung strich wie ein kalter Hauch über ihren Nacken. »Ich kann den Ursprung des Geruchs nicht mit Sicherheit bestimmen « , sagte sie, nachdem sie ihm von den schwarzen Orchideen berichtet hatte. »Ich bin nur einige Male flüchtig mit dem Geruch deiner Mutter in Berührung gekommen, und da hatte ich nie die Gelegenheit, die einzelnen Noten herauszuspüren .«
Raphaels Antwort war völlig anders als erwartet. »Als du angerufen hast, habe ich gerade mit Michaela gesprochen .«
Bei der Erwähnung des weiblichen Erzengels ballte Elena ihre Fäuste. Die wunderschöne und verführerische Michaela hatte Elena vom ersten Augenblick an nicht leiden können. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Nur … war es jetzt nicht mehr so einfach, Michaela als Königin aller Miststücke zu behandeln, nachdem Elena erfahren hatte, dass der Erzengel ein Kind verloren hatte. Niemals würde Elena vergessen, welches Leid sie in dieser schrecklichen Nacht in Michaelas gemütlichem Haus in der Zufluchtsstätte hatte mit ansehen müssen. »Was hat sie gesagt ?«
»Ich höre Mitgefühl in deiner Stimme, Elena .« Als Raphael sie ansah, lag in seinen Augen eine dunkle Warnung. »Wenn es um Michaela geht, darfst du nie den Fehler machen, schwach zu werden. Sie wählt ihre Wege selbst, und dieser Weg hätte ebenso gut den Tod eines anderen Erzengels zur Folge haben können .«
Er hatte das schon früher zu ihr gesagt, und obwohl ihr menschliches Herz etwas Besseres in Michaela sehen wollte, wusste sie, dass er recht hatte. »Ich werde in ihrer Gegenwart nie die Deckung aufgeben, keine Sorge .«
Offenbar zufrieden mit diesem Versprechen wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Leiche zu. »In ihrem Gebiet wurde gestern ein Mord der gleichen Art gemeldet .«
Und wenn es zwei gab … »Verdammt .«
»In diesem Fall wurde der Mörder gefasst, er war rasend in seinem Wahnsinn .«
»Das scheint das Muster zu sein .« Sie sah auf, als sie die forensischen Ermittler kommen hörte, und winkte sie zu sich her. »Die Tote gehört euch .«
Beim Näherkommen versuchten sie, Raphael nicht anzustarren, und taten doch genau das. Der Erzengel von New York zog sich ein Stück von der Leiche zurück, bis er direkt am Ufer stehen blieb.
»IchkanndenGeruchdesMördershiernichteindeutigfeststellen .« SchäumendvorWutfolgtesieihm.»DieUmgebungist … «
»Das muss nichts heißen « , sagte Raphael, »Dmitri hat mir heute von einem Vampir berichtet, der sich gestern Abend allem Anschein nach selbst angezündet hat und völlig unbewegt dagestanden hat,
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