Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
dass du mitgekommen bist. Ich weiß, wie beschäftigt du bist .«
»Wenn du dich noch einmal bedankst, werde ich dir den Hintern versohlen .« Sara bückte sich, um den Riemen ihrer hochhackigen Schuhe festzuziehen. »Auch wenn ich überrascht bin, dass Mister Groß, Allmächtig und Gefährlich nicht bei dir ist .«
»Ich brauchte dich .« Die Frau, die für sie mehr eine Familie gewesen war als diejenigen, deren Blut in ihren Adern floss. »Raphael weiß, was Freundschaft bedeutet, auch wenn er es selbst nicht glaubt .« Zwischen ihm und seinen Sieben, insbesondere Dmitri, hatten sich stählerne Bande entwickelt.
Nachdem sie das Schloss geöffnet hatte, behielt sie es in der Hand, während sie sich bückte, um die Tür hochzuschieben. Licht fiel auf den Boden dahinter und dann auf die Kiste, die der Tür am nächsten stand.
Eine orangefarbene Decke mit Fransen lag darüber.
Mit klopfendem Herzen versuchte sie, den Rollladen weiter nach oben zu schieben, doch sie schaffte es nicht. Ihr ganzer Körper war wie erstarrt. »Sara .«
Ihre beste Freundin trat zu ihr. »Welche Richtung, Elena? Rauf oder runter ?«
»Komm, Bébé .« Lachende Worte in dieser rauen Stimme mit ihrem wunderschönen Akzent. »Kletter an Bord .«
Mit ihrer Decke über den Schultern kletterte sie auf das Bett, um sich zwischen Ari und ihre Mutter zu drängen.
»Hey ! « , protestierte Ari, bevor sie das Gesicht der kichernden Elena mit Küssen bedeckte. »Kleiner Schmiermaxe .«
»Ellie .«
Mit einem Ruck kehrte Elena in die Gegenwart zurück, schob die Tür wieder zu und verschloss sie mit zitternden Fingern. »Ich kann es nicht .« Das Herz hämmerte ihr dröhnend bis in den Hals hinauf, ihre Hände waren feucht. »Oh Gott, ich kann es nicht .« Sie sank zu Boden, den Rücken an die Tür gelehnt.
Sara ließ sich neben ihr nieder, ohne sich um die Laufmaschen in ihrer Strumpfhose zu kümmern. »Es hat so lange auf dich gewartet. Es wird auch noch eine Weile länger warten .« Sie legte Elena die Hand auf den Arm und drückte ihn. »Du hattest in den letzten anderthalb Jahren eine verdammte Menge zu verarbeiten. Es gibt keinen Grund, das hier zu erzwingen .«
»Ich weiß nicht, warum es mir so zu schaffen macht. Hier drin sind schöne Erinnerungen .« Aber selbst die schönsten Erinnerungen, das wurde ihr plötzlich bewusst, konnten manchmal schmerzen wie Messerstiche. »Sara « , sagte sie, die Worte brachen aus ihr heraus, »ich muss dir etwas über meine Vergangenheit erzählen .«
»Ich höre dir zu .«
Auf diese schlichte Versicherung hin holte Elena tief Luft … und erzählte ihrer besten Freundin endlich von dem Monster, das Ari und Belle so übel zugerichtet hatte, dass sie in der blutgetränkten Küche wie makabre Puppen ausgesehen hatten, wodurch ihre Mutter zu der Frau geworden war, die schrie und schrie und schrie, und ihr Vater zu einem Fremden, der seine älteste Tochter, die überlebt hatte, hasste. »Ich konnte es dir nicht früher erzählen « , flüsterte sie. »Es wäre undenkbar gewesen .«
Tränen liefen Sara über das Gesicht. »Deshalb wachst du so oft schreiend auf .«
Sie hatten sich an der Gilde-Akademie und auch noch nach ihrem Abschluss ein Zimmer geteilt. »Ja .« Ein Teil von ihr hatte seit diesem mörderischen Tag, der fast zwanzig Jahre zurücklag, nicht mehr aufgehört zu schreien.
TrotzSarasunverrückbarerFreundschaftundtrotzderkörperlichenVerausgabungbeidenintensivenFlugübungen,diesieimLaufedesTagesnochabsolvierte,konnteElenadieMelancholienichtabschütteln,diesieinihreSchwärzegehüllthatte.AlssieunterderDuschestand,umsichdanachfürdasAbendessenumzuziehen,prasseltendieEreignissedesTageswieunerbittlicherRegenaufsienieder.NochschlimmeralsihrheftigerZusammenbruchvordemLagerraumwardieErinnerunganBethsGesichtsausdruck.InihmspiegeltesichdasgebrocheneVertraueninihreSchwesterwider,diesichvonihrabgewandthatte.
»Ich werde sterben, Ellie. Ich werde sterben, und du wirst weiterleben .«
Sie versuchte, den Schmerz fortzuspülen, der sich in ihrem Herzen eingenistet hatte, doch er wollte nicht verschwinden. Als ihre Augen anfingen zu brennen, redete sie sich ein, sie habe Shampoo hineinbekommen, und hielt das Gesicht unter den Wasserstrahl. Die Tatsache, dass sich im Laufe der Jahre Falten über das Gesicht ziehen würden, das immer jünger gewesen war als ihres, und dass sie eines Tages an Beths Grab stehen würde, konnte sie nicht so einfach verdrängen.
Sie ertrug den Gedanken nicht länger, drehte
Weitere Kostenlose Bücher