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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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befassen, um zu sehen, ob ihr auch gewissenhaft gearbeitet habt.« Miss Scrattons Stimme klang eisig. »Ihr dürft gehen.« Wir wandten uns zur Tür, aber sie rief uns noch einmal zurück. »Wartet. Lest noch diesen Bericht über die Schreckensherrschaft, Kapitel 18. Es könnte nützlich für euch sein. Wir werden dieses Thema in der nächsten Stunde behandeln.«
    Ich griff nach dem Buch, das sie mir entgegenstreckte, und dann waren wir entlassen. Miss Dalrymples prüfender Blick verfolgte uns bis hinaus auf den Flur. Als wir außer Hörweite waren, zog ich die anderen in ein leeres Klassenzimmer.
    »Kapitel 18! Schlagt die Seite auf, vielleicht ist dort eine geheime Nachricht an uns versteckt!«
    Und tatsächlich, am Anfang des Kapitels steckte ein kleiner Zettel zwischen den Seiten. Hastig zog ich ihn heraus und erkannte Miss Scrattons akkurate Handschrift.
    Wir treffen uns um Mitternacht bei den Ruinen. Bringt die beiden Gaben mit. Achtet darauf, nicht zusammen gesehen zu werden. Wenn euch jemand beobachten sollte, ist es besser, den Eindruck zu erwecken, ihr wärt keine Freundinnen mehr.
    ZERSTÖRT DIESE NACHRICHT .
    »Also heute Nacht«, sagte Helen, »mit den Gaben. Das Buch und der Talisman. So machen wir es, Evie, oder?«
    Helen und ich sahen Evie fragend an. Wäre sie bereit, noch einmal ins Dunkel einzutauchen?
    »Warum nicht?«, antwortete Evie. »Wenn ihr geht, gehe ich auch. Wir sind in der Schwesternschaft aneinandergebunden, alle drei. Ist es nicht so?« Dabei klang ihre Stimme irgendwie seltsam, als wäre es nicht ihre eigene, sondern als würde sie etwas aus einem alten Buch herunterbeten.
    »Bist du sicher?«, fragte ich.
    »Aber ja. Das war doch kein richtiger Streit, oder? Warum sollten wir jemals streiten?«
    Weil du kein Teil mehr von all dem sein willst. Weil du Angst hast und verwirrt bist. Weil du deine immer noch brennende Liebe für Sebastian in Joshs Armen vergessen willst. Weil ich wütend und eifersüchtig bin, es aber nicht zugeben kann. Weil du mir nicht mehr in die Augen sehen kannst.
    Natürlich sprach ich all das nicht laut aus. »Wir werden uns niemals streiten«, sagte ich stattdessen. Dabei wollte ich nicht einmal lügen. In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass es so sein würde.
    »Aber ihr habt gelesen, was Miss Scratton geschrieben hat«, erinnerte Helen, »wir sollten uns voneinander fernhalten. Bis Mitternacht.«
    Eilig verließ sie den Raum, als ob sie froh um eine Entschuldigung wäre, endlich allein sein zu können. Evie schlich sich in entgegengesetzter Richtung davon. Ich zerriss den Zettel in kleine Schnipsel, ging vor die Tür und ließ sie wie Samenkörner auf das Beet voller Frühlingsblumen fallen, in der Hoffnung, dass etwas Gutes aus Miss Scrattons Plänen wachsen würde.
    Der Mond war nicht mehr zu sehen. Dicke Wolken waren von Westen aufgezogen und hatten auch die Sterne ausgeknipst. Ein gutes Zeichen, dachte ich, das verringert die Gefahr, dass uns jemand entdeckt.
    Ich erreichte die Ställe. In der Nacht sah alles so anders aus, irgendwie enger und geheimnisvoll. Ich versuchte mit äußerster Vorsicht das Gatter von Starlights Box zu öffnen und schlüpfte hinein. Mein geliebtes Pferd hob schläfrig den Kopf.
    »Psst«, murmelte ich. Ich hob den losen Ziegelstein vom Boden und nahm das Buch aus dem Versteck. Dann schlich ich über den verlassen daliegenden Hof hinunter zum See, wobei ich mich, wo immer es ging, hinter den Bäumen verbarg. Ich wagte es nicht, meine Taschenlampe anzuknipsen, aber auch ohne Licht fand ich den Weg durch die Nacht und stand schon bald vor der Ruine. Tiefe Stille hüllte mich ein, die alten Steine strahlten Erhabenheit aus, eine geheimnisvolle Verbindung mit einer längst vergessenen Welt. Und die Erde unter meinen Füßen war noch viel, viel älter, genau wie die Hügel im Hintergrund und die hinter den Wolken verborgenen Sterne. Wie klein und unbedeutend war dagegen alles von Menschenhand Geschaffene.
    Ich war die Erste und wartete unter einem halb verfallenen Spitzbogen, der in tiefer Dunkelheit lag. Feiner Nebel wallte über den See und kroch den Boden entlang. Einige Augenblicke später sah ich Helen und Evie über das feuchte Gras huschen. Ich pfiff leise, und sie kamen zu dem Gemäuer. Während wir in unserem Versteck warteten, lugte ein Stern durch die Wolken und starrte kalt zu uns herab. Ich schauderte und wünschte, Miss Scratton würde endlich erscheinen. Die Glocke der Dorfkirche schlug

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