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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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gehen sie zu weit, so wird alles zerstört werden. Lass dir sagen, dass man diese Frauen ›Prüfsteine‹ nennt. Es scheint, dass das Licht sie trifft, aber sie fühlen es nicht und sehen nicht, woher es kommt und wohin es sie führt. Eine elementare Kraft wie das Feuer kann eine solche Frau dazu bringen, sich zu offenbaren, und doch wird sie nicht wissen, was sie berührt hat.
    Manche Prüfsteine leben ihr Leben in Unschuld und Reinheit und fragen sich nie, welche Wunder ihnen begegnen. Warum zum Beispiel aus einer Quelle heilendes Wasser sprudelt, wenn sie vorbeigehen, oder es in ihrem Dorf nur gute Ernten gibt oder das Feuer in ihren Öfen heller und länger brennt als das ihrer Nachbarn. Aber es gibt andere, deren Herzen weniger rein sind. Durch sie entstehen Unbill und Leid. Durch sie verbrennt die Ernte, die Flüsse trocknen aus, und der Wind bläst so stark, dass er das Haus des Nachbarn niederreißt. Solche Frauen begreifen, dass sie ein Prüfstein sind. Und sie suchen nicht nach der Weisheit und den Regeln des Mystischen Weges, sie streben nur nach seinem Ruhm. Unbewusst nutzen sie ihre Macht, um das Böse und die Zerstörung anzulocken, und wenn das geschieht, dann werden sie in die Schatten gezogen, wo sie großes Unheil anrichten können.
    In allem Lebendigen fließt magnetische Energie (welche die Elemente vereint), von der Geburt bis zum Tod, von der Erde bis in den Himmel, von einem Herzen zum anderen, wie ein gewaltiger heiliger Tanz. Ein Schwarzer Prüfstein zerstört den Rhythmus des Tanzes, unterbricht seinen Weg und stoppt den Fluss des Guten. So, als würde jemand mit böser Absicht einen Fluss aufstauen und dann den Damm öffnen, damit die Flut mit ihrer gewaltigen Kraft alles Leben mit sich reißt.
    Ich musste den Text mehrmals lesen, um seinen Sinn zu verstehen, und selbst dann konnte ich nur schwer akzeptieren, was er mir sagen wollte. Tief in meinem Herzen wusste ich es: Velvet war ein Prüfstein. Das Feuer in ihrer letzten Schule, der schreckliche Unfall ihrer Schwester, der Selbstmord ihres Freundes und ihre dubiose Rolle bei Helens Fenstersturz, all das ergab jetzt einen Sinn. Irgendwie zog Velvet ungezähmte Energie an, eine Art Energieüberschuss der Elemente, und die Dunkelheit in ihrem Herzen verwandelte sie in eine negative, zerstörerische Kraft. Sie werden alle verletzt , hatte sie gesagt, und ich wusste nun auch warum. Ich lehnte mich gegen die raue Stallwand. Das war zu viel. Und jetzt hatte ich mich auch noch mit Cal gestritten … Weswegen? Wegen eines Traumes?
    Die Zeit der Träume war vorbei.
    Ich hielt Ausschau nach Helen und fand sie im Gemeinschaftsraum, allein. Sie hatte es sich in einem Sessel gemütlich gemacht und hielt einen Gedichtband in der Hand, starrte aber ins Nichts. Ihre Lippen bewegten sich, als würde sie ein Mantra murmeln. Als sie mich sah, hörte sie damit auf und fragte:
    »Du hast Evie nicht gefunden, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf und ließ mich in den Sessel neben ihr sinken.
    »Helen, was ist wirklich geschehen, als du aus dem Fenster gefallen bist? Steckt Miss Scratton dahinter? Oder deine Mutter?«
    Helens Gesicht verdüsterte sich. »Ich weiß es nicht. Ich bin nicht sicher.«
    »War … war Velvet in der Nähe, als es passierte? Hast du sie gesehen?«
    »Ja. Ich erinnere mich, sie war da. Warum?«
    »Sophie meinte, Velvet hätte aus dem Fenster gesehen, nachdem du herausgestürzt warst.« Rasch erzählte ich Helen, was ich gerade gelesen hatte und was ich vermutete. »Velvet scheint Mittel und Wege zu haben, um etwas Böses geschehen zu lassen. Und wenn sie unter den Einfluss des Zirkels oder deiner Mutter gerät, kann die Lage noch schlimmer werden.«
    Helen nahm ihren Kopf in beide Hände und wiegte ihn hin und her, um sich zu erinnern.
    »Es war Sonntagnachmittag«, begann sie, »ich lag auf dem Bett, aber ich war unruhig und ging hinaus auf den Flur, immer auf und ab, ohne Ziel. Ich war ganz alleine. Es war heiß und stickig, und ich öffnete das Fenster, das Bogenfenster gegenüber der Treppe, das auf die Einfahrt hinausgeht. Ich brauchte frische Luft.
    Ich erinnere mich, dass ich über die Moors geblickt und mir gewünscht habe, ich würde dort auf einem Hügel stehen und der Wind würde mich überall hintragen, wo ich hin wollte. Ich fragte mich, ob dort der Geist meiner Mutter herumwanderte und ob ich es je wieder wagen würde, noch einmal mit dem Wind zu tanzen. In Agnes’ Studierzimmer war es mir nicht gelungen, aber ich dachte,

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