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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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meine innersten Geheimnisse ausspionieren und sie zur späteren Verwendung abspeichern wollte. Dann lächelte er und streckte seine Hand aus.
    »Hi, Paul hat mir erzählt, Sie seien umwerfend. Ausnahmsweise hat er nicht gelogen.«
    Lorraine hatte recht, ich wusste es. Wir nahmen alle am Tisch Platz. Bei dem Gedanken, von diesen durchdringenden Augen ausgeforscht zu werden, hüpfte mein Herz, aber glücklicherweise redete Jonathan die meiste Zeit, abgesehen von Pauls kleineren Scherzen zwischendurch.
    Er hatte fantastische Geschichten von seinem Leben als Gajin, oder Ausländer, in Japan zu erzählen und von all den Reisen, die er in Fernost unternommen hatte. Dabei erzählte er seine Anekdoten in einer Art, die so leicht und unprätentiös war, dass man nie das Gefühl hatte, er würde einen Vortrag halten oder aufschneiden wollen.
    »Na, was meinst du?« fragte Lorraine, als sie anderthalb Stunden später die Tür zur winzigen Toilette hinter uns zuzog.
    »Ich finde, es ist ein ausgezeichnetes Restaurant«, sagte ich, während ich mein Make-up im Spiegel zu überprüfen versuchte.
    »Ooh, manchmal könnte ich dich erwürgen, Jackie. Ich meine
ihn,
was hältst du von Jonathan?«
    Ich wusste, dass ich enorme Fortschritte gemacht hatte. Ich konnte Mascara auflegen und gleichzeitig reden. »Scheint ganz nett zu sein«, sagte ich.
    »Stehst du auf ihn?«
    »Na ja …«, sagte ich zögernd, während ich das Mascara zurück in die Tasche stopfte und nach meinem Rouge kramte.
    »Ach komm, und ob du das tust. Wie du ihn die ganze Zeit angestarrt hast, seit wir das Lokal betreten haben …«
    Ich errötete auch ohne Zuhilfenahme des Make-up. »O Gott, war es wirklich so offensichtlich?«
    »Für mich schon. Er scheint mir der Typ Mann zu sein, der davon ausgeht, dass jede Frau sich gleich auszieht, sobald sie ihn nur erblickt hat. Angehimmelt zu werden ist für den selbstverständlich.«
    »Das ist unfair, ich finde ihn ausgesprochen nett.«
    »Ohh, du verteidigst ihn? Ich weiß nicht, ob du nur auf ihn stehst, Jackie. Ich denke, du könntest sogar in ihn verknallt sein!«
    »Bin ich nicht!« Verdammt! Jetzt war mir der Lippenstift verrutscht. »So, und jetzt will ich diese Toilette benutzen. Ganz privat. Begib dich also bitte eine Tür weiter und lass mich in Ruhe.«
    Als ich einige Minuten später die Toilette verließ, wartete Lorraine vor der Tür auf mich. »Eins musst du als Dame über den Gang zur Toilette wissen«, sagte sie, während wir zurück in den Speiseraum gingen. »Man geht zu zweit, lässt sich Zeit und kehrt unter allen Umständen auch zu zweit zurück. Sie sollen denken, dass man irgendetwas ausgetüftelt hat, das hält sie auf Trab.«
    Den Männern schien unsere Abwesenheit wenig ausgemacht zu haben. Sie diskutierten über ein unglaublich kompliziertes Finanzgeschäft, an dem Dollars, Mark und Yen beteiligt waren. Jonathan sah auf und strahlte uns mit seinem 1000-Watt-Lächeln an. »Wir dachten, es wäre eine gute Idee, zum Tanzen und auf einen kleinen Schluck Champagner zu Annabel’s zu gehen«, sagte er.
    »Ich weiß nicht.« Ich war mir nicht sicher, meine einstudierte Nummer auf der Tanzfläche aufrechterhalten zu können. Abgesehen von den zwei Minuten mit Dad auf der Neujahrs Party, hatte ich nie richtig mit einem Mann getanzt. Was, wenn sie eine langsame Nummer spielten und ich führte, anstatt mich führen zu lassen?
    »Es ist sehr nett von Ihnen, aber … Au!« Irgendwer hatte mir unter dem Tisch einen höllischen Tritt gegen mein Schienbein versetzt.
    Jonathan blickte mich besorgt an. »Alles in Ordnung, Jackie?«
    Lorraine strahlte mich über den Tisch hinweg an. »Ja, ja, alles bestens«, stammelte ich, während ich dem Drang widerstand, nach meinem schmerzenden Bein zu greifen und mich in Qualen auf dem Boden zu winden. Herr im Himmel, Lorraine würde eine mordsmäßige Vorstopperin abgeben. Ein paar Attacken von der Sorte, und kein Stürmer würde sich auch nur auf fünfzig Meter in ihre Nähe wagen.
    Inzwischen warf sie mir weitere vielsagende Blicke zu, flankiert von einer Reihe kleinerer Handzeichen. Endlich hatte ich die Meldung begriffen. »Eigentlich … hätte ich große Lust, zu Annabel’s zu gehen. Ich bin noch nie dort gewesen.«
    »Na, denn«, sagte Jonathan. »Heute Abend ist Ihre Chance, eine unbekannte neue Welt zu entdecken.«
    »Wunderbar«, lächelte ich, während ich überlegte, wie viele unbekannte neue Welten er mir im Laufe des Abends noch zeigen würde.
    Jonathan

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