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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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bezahlte die Rechnung mit seiner Amex-Gold-Card, und wir machten uns auf den Weg, wobei ich mein Bestes tat, nicht zu humpeln. Auf der Taxifahrt zum Berkeley Square saßen die beiden Männer auf den Klappsitzen, während Lorraine und ich die Rückbank für uns hatten. Frau zu sein hat seine Vorteile.
    Annabel’s war düster, elegant und besucht von lauter Neunzehnjährigen, die mit dickbauchigen, kahlköpfigen Arabern herumhingen, die mindestens dreimal so alt waren. Für mich sahen sie aus wie Nutten. Weiß Gott, für was sie mich hielten.
    Wir bestellten Champagner und setzten uns an einen der Tische, die zu beiden Seiten entlang der Wand standen, so dass in der Mitte ein Gang freiblieb, der auf eine kleine, verdunkelte Tanzfläche führte. Die Disco hatte schon angefangen, aber es schien so, als ob sie nichts auch nur halbwegs Aktuelles spielen würden.
    Dann erklang die Stimme von Bryan Ferry, der ein altes Roxy-Music-Stück sang. Jonathan grinste. »Ohh, ›Dance Away…‹ ich komme mir vor wie fünfzehn. Das war ungefähr der erste Song, auf den ich vor Leuten getanzt habe.« Er sah mich beinahe frech an, wie ein ungezogener Junge.
    »Wollen wir tanzen?«
    Wie hätte ich ausschlagen können? Ich erhob mich und zwängte mich an der Tischkante vorbei auf Jonathan zu, der bereits aufgestanden war und auf mich wartete. Er legte mir sanft seinen Arm um die Taille und führte mich auf die Tanzfläche.
    In dem Augenblick dachte ich, wie angenehm es doch war, anderen die Entscheidungen und damit auch das Risiko zu überlassen. Beim Abendessen war ich immer wieder gefragt worden, was ich essen oder trinken wollte oder worauf ich als nächstes Lust hatte, und ich hatte immer nur zu antworten gebraucht. Und jetzt ließ ich mich von einem Mann durch einen Nachtklub steuern, zu dem er mich auf seine Rechnung ausgeführt hatte, und ich brauchte nichts weiter zu tun, als mich auf das Abenteuer einzulassen und mich auf einer luftigen Champagner-Wolke dahintreiben zu lassen.
    Wenn ich mich dennoch nicht ganz locker geben konnte, so lag das an meiner unausweichlichen Furcht davor, was mich auf der Tanzfläche erwarten würde. Auf mich selbst gestellt, hatte ich mich immer als eher wüster Tänzer betätigt. Ich war als erster bei den Moshern vor der Bühne, als wir damals in der Brixton Academy beim Pearl-Jam-Konzert waren. Und wenn Lol und ich auf einer Rave-Party waren, hatte ich immer bis zum Umfallen abgetanzt.
    In Annabel’s konnte ich damit kaum landen. Hier war eher ein geruhsamer Schieber für Herren mittleren Alters angesagt. Die Gentlemen mussten beim Tanz ihre Jacketts anbehalten, und ich hätte gewettet, dass jede Dame, die ihre Pumps durch die Luft gekickt hätte, mit dem sofortigen Rausschmiss rechnen musste.
    Mir konnte das eigentlich nur recht sein, weil meine High-Heels jeden übertriebenen Aktionismus bremsten. Allein das Laufen bereitete mir schon Mühe, insbesondere jetzt, da ich ein paar Gläser intus hatte, so dass wildes Gehopse außer Frage stand.
    Ich blickte mich nach den anderen Mädchen um. Die meisten von ihnen wiegten sich leicht hin und her – vermutlich weil sie ihren schmierigen alten Aufreissern keinen Herzinfarkt beibringen wollten, bevor sie nicht abkassiert hatten –, also machte ich das gleiche, indem ich versuchte, mich aus den Hüften heraus zu bewegen anstatt mit den Schultern, wie ich es von früher her gewohnt war.
    Jonathan schien es mehr oder weniger egal zu sein, was ich tat, solange ich nur meine Blicke auf ihm ließ. Nach ein oder zwei Minuten begann die Sache mir sogar richtig Spaß zu machen, und ich genoss es, mein Rifat-Ozbek-Kleid um die Hüfte schwingen zu lassen. Ich sah, wie Jonathan vor mir eine Drehung machte, also tat ich es ihm nach und ließ mein Kleid hoch durch die Luft wirbeln.
    O Gott… hatte er meinen Slip gesehen? Dem freudigen Grinsen auf seinem Gesicht nach zu urteilen konnte es gut möglich sein. Ach, und wenn schon? Ich grinste zurück.
    Ein neues Stück dröhnte aus den Lautsprechern – dem Klang nach einem weiteren hundertjährigen Oldie. »Wie heißt der Song?« rief ich in sein Ohr.
    »»Black ist Black*«, schrie er zurück. Ich zuckte mit den Schultern, um ihm zu zeigen, dass ich damit auch nicht schlauer als vorher war. Dann lächelte ich und tanzte weiter, damit er sah, dass ich auf der Tanzfläche bleiben wollte. Den Bewegungen der anderen Tänzer folgend, rückten wir enger zusammen, so dass sich unsere Schenkel berührten und meine Brüste

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