Girlfriend in a Coma
schmutzige Wattebäusche und all dieses Zeug - außerdem lagen Gummischläuche auf der Konsole. Das war kein Witz; sie waren einfach zu faul oder zu high gewesen, um aufzuräumen. Ich bekam eine Mordswut auf sie, weil sie so dumm ihre Gesundheit aufs Spiel setzten und auf so gefährliche und sinnlose Weise trendy waren.
Hamilton war ins Schlafzimmer gekommen, während ich noch dabei war, mich über meine Entdeckung zu echauffieren. Ohne nachzudenken, stellte ich ihn zur Rede. »Nur daß ich das richtig verstehe, Hamilton. Ihr wart auf einer Party, und zwischen zwei Handvoll Dorito-Chips hat jemand gesagt: ›Hey - wollt ihr ein bißchen Smack?‹ Und ihr habt geantwortet: ›Klar! Immer her mit der Nadel‹? Wenigstens erklärt das, wieso ihr beide in letzter Zeit so blasiert wart - und auch die langärmligen Hemden.«
Hamilton blieb gelassen. Er seufzte leise- und starrte mich durchdringend an. »Das Leben ist eben nur begrenzt aufregend, Richard. Und es wird schnell total behämmert. Ich cooler Hund habe vor, mein Leben zu genießen. Heroin ist zwar nicht der Sinn des Lebens, aber es bewirkt immerhin, daß man das Gefühl hat, es stünden einem noch Möglichkeiten offen. Ich werde langsam alt; das macht es zunehmend schwerer, ein einzigartiges Individuum zu sein.«
»Das Leben ist behämmert? Was denn - bist du jetzt zum Teenager geworden? ›Das schockt nich', Mann.‹ Ich meine, wie passe, Hamilton. Wie total seit zehn Minuten vorbei. Behämmert?« Eine Welle von China-White-Überdosen, die sich über die ganze Stadt ausbreitete, war der Grund dafür, daß mein Beschützerinstinkt sich meldete und ich plötzlich den kleinkarierten Spießer spielte.
Hamilton spitzte die Lippen; gleich würde er mir den Wind aus den Segeln nehmen. »Kurios, dich als Tugendbold zu sehen, Richikins. Excusez-moi, wenn ich die Regeln des Lifestyle gebrochen habe.«
»Seit wann ist das Leben denn behämmert, Hamilton? Es läuft doch alles gut. So gut ist es noch nie gelaufen.«
Er machte pfffft und warf mir einen herablassenden Blick zu, der mir das Gefühl gab, wieder der achtjährige kleine Junge zu sein, der die Zigaretten seiner Mutter versteckte, damit sie mit dem Rauchen aufhörte. Er setzte sich aufs Bett. »Verstehst du denn nicht, Richard? Bei nichts von dem, was wir tun, geht es wirklich um etwas.«
»Ich -«
»Alles dreht sich um nichts. Wir alle - schau dir unser Leben doch an: Finanziell gesehen geht es uns recht gut. Wir haben Möglichkeiten, uns zu amüsieren. Wir sind relativ frei von Angst. Aber das war's auch schon.« Ich hatte den Eindruck, als seien genau das die schlechten Neuigkeiten denen ich so lange aus dem Weg gegangen war. »Aber-«
Er schnitt mir das Wort ab. »Schhht. Zumindest, akzeptieren Pam und ich die Dinge, wie sie sind. Und ich. wünschte; du würdest das tolerieren. Wir machen unseren Job. Wir zahlen unsere Steuern. Wir vergessen nie einen Geburtstag. Also laß uns einfach in Frieden.« Er stand auf. »Gute Nacht, Herr Pastor. Ta-ta.« Er schwebte aus dem Zimmer, und schon wieder verspürte ich diese leichte Übelkeit, die eine frisch angekratzte Freundschaft begleitet. Ich mußte an all meine Anonyme-Alkoholiker-Jahre der Abstinenz denken. Viele Wochen lang hatte mein Kopf sich wie ein verfaulter Kürbis angefühlt - alles, um die Zweifel zu bekämpfen, die Zeit totzuschlagen, auf etwas zu warten, das womöglich nie eintreten würde, eine Offenbarung, daß es doch um etwas ging. Plötzlich fühlte ich mich sehr verloren in dem Schlafzimmer. Ich ging die vier Meilen nach Hause zu Fuß. Mein Zuhause war eine kleine, vor kurzem gekaufte Dreizimmer-Eigentumswohnung in North Vancouver - ein mit bunt zusammengewürfeltem Mobiliar eingerichtetes Siebziger-Jahre-Apartment mit zedernholzvertäfelten Wänden und gewölbten Plexiglas-Oberlichtern. Es hätte Linus zufolge ein undefinierbares » Sex im Whirlpool Sperma auf dem Skaibezug «-Flair. Ich liebte meine kleine Wohnung, schon weil sie so ruhig und kühl war und einen Blick auf die Berge dahinter bot; es war die erste Wohnung, in der ich je gewohnt hatte, die mir tatsächlich wie meine eigene vorkam. Ich war froh, zu Hause zu sein.
Am nächsten Abend klingelte es an meiner Tür: Pam, blaß und erledigt nach einem Arbeitstag als Produktionsassistentin bei den Dreharbeiten zu einem Fernsehspiel, die ganz in der Nähe stattfanden. »Eine Mutter kehrt als Geist zur Erde zurück, um ihrer Familie beim Kampf gegen eine Landerschließungsfirma zu
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