Girlfriends 04 - Kuess Weiter, Liebling!
Seine Stimme war anders. Tiefer. Maskuliner als in ihrer Erinnerung, aber sein Akzent war reinstes Texanisch. »Es ist lange her.«
Vierzehn Jahre.
Sein Blick glitt über ihr Gesicht zu ihren unbändigen Haaren. »Du siehst noch genauso aus.«
Er nicht. Er sah besser aus. Männlicher. »Ich bin hier, um meine Nichte Kendra abzuholen.«
»Ach so.« Er sah ihr wieder in die Augen, und nach mehreren langen Herzschlägen murmelte er: »Ich hole sie.« Er wandte sich zur Tür und ging ein paar Schritte.
»Sie weiß, dass ich hier bin.«
Er drehte sich wieder zu ihr, und die frühe Morgensonne schimmerte durch die Weinreben und warf Lichtpunkte auf seine Augen und seine vollen Lippen.
»Ich musste ihre Mutter ins Krankenhaus bringen«, erklärte Adele. »Sie ist immer noch dort.«
Ein einziger Schweißtropfen rann an seiner rechten Schläfe herab. Er hob den Arm und wischte sich das Gesicht mit dem kurzen Ärmel seines TShirts ab. »Hast du sie gestern Abend hingebracht?«
»Ja.«
Er ließ den Arm wieder sinken und senkte den Blick auf den Kaffeefleck auf ihrem Pulli. »Hoffentlich nichts Ernstes.«
»Eigentlich nicht«, log sie und ballte die Fäuste, um sich daran zu hindern, den Fleck zuzuhalten. »Ich hab das mit Devon gehört.«
Er blickte wieder auf. »Ja. Sie ist vor drei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen.«
»Mein Beileid.« Schock Nummer vier. Sie hatte es herausgebracht, ohne daran zu ersticken.
»Danke.« Er trat ein paar Schritte auf sie zu, und sie vergaß fast zu atmen. »Die Junior League ist ohne sie nicht mehr, was sie mal war.« Er bückte sich und hob ihre Schlüssel vom Boden auf. »Jedenfalls behaupten das alle.« Er richtete sich wieder auf und stand so nahe vor ihr, dass ihr der Duft seiner warmen
Haut in die Nase stieg. Es hatte mal eine Zeit gegeben, da hätte sie tief eingeatmet und seinen Geruch tief in sich aufgesogen, aber die Zeiten waren lange vorbei. »Ich wusste nicht, dass du in Cedar Creek wohnst«, bemerkte er.
»Tu ich auch nicht. Ich bin nur hier, bis meine Schwester ihr Baby bekommt.«
»Wann kommt das Baby denn?«
Ja, wann? Er stand so dicht vor ihr, dass sie einen Schritt zurücktrat und gegen den Kofferraum des Wagens ihrer Schwester stieß. »Um den Valentinstag herum«, antwortete sie.
»Also in vier Monaten.« Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. Dann fuhr er mit seiner warmen Handfläche zu ihrem Handrücken. »Das ist aber ein langer Besuch«, meinte er, drehte ihre Hand um und ließ die Schlüssel hineinplumpsen.
»Ja.« Sie senkte den Blick auf ihre Hände und die Worte »Carpe diem«, die in fetten Buchstaben vom Ellbogen bis zum Handgelenk auf die Innenseite seines Unterarms tätowiert waren. Wenn er es sich nicht hatte entfernen lassen, hatte er auch ein Tattoo am linken Oberarm: zwei verschlungene Zs, die seinen linken Bizeps umrankten.
Als die schwere Haustür aufging und hinter Kendra und Tiffany ins Schloss fiel, entzog Adele sich seinem Griff. »Zu lange.« Die Mädchen kamen über den weinumrankten Weg in den Schatten des Portikus gelaufen. »Hast du deine Schuhe gefunden?«, fragte sie und wandte sich demonstrativ an ihre Nichte.
Kendra nickte. »Danke, Mr. Zemaitis. Ich hab mich gut amüsiert.«
»Das mit deiner Mama tut mir leid.« Er trat ein paar Schritte zurück, sodass Adele rasch um den Wagen herumlaufen konnte. »Sagt Bescheid, wenn wir etwas für euch tun können.« Seine tiefe Stimme wurde vom Anflug eines Lächelns begleitet, als er hinzufügte: »Es war schön, dich wiederzusehen, Adele.«
Adele tastete nach dem Türgriff und sah zu ihm herüber. Er lächelte sie an, doch sie konnte das Kompliment nicht erwidern. Abgesehen von dem Schock, ihn nach so vielen Jahren wiederzusehen, spürte sie nichts. Kein Hüpfen ihres Herzens. Keine Schmetterlinge im Bauch und kein warmes Kribbeln in den Kniekehlen. »Auf Wiedersehen, Zach.« Sie setzte sich zu Kendra in den Wagen und sah ganz bewusst erst in den Rückspiegel, als sie losfuhr. Sie erhaschte noch einen letzten Blick auf den Mann, der ihr einst das Herz gebrochen hatte. Er legte den Arm um seine Tochter und lief zum Haus.
Adele richtete den Blick wieder auf die Einfahrt und bog auf die Straße ab. Er war der erste Mann gewesen, mit dem sie geschlafen hatte. Sie hatte sich aufgespart, weil sie sich eingebildet hatte, verliebt sein zu müssen, um mit jemandem ins Bett zu gehen. »Klar.« Sie stieß ein verächtliches Geräusch aus und griff nach ihrer
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