GK0010 - Mörder aus dem Totenreich
den Weg.
»Wo ist die Leiche?« keuchte er.
»Im Hinterhof.«
»Gracias, Señor.« Der Polizist rannte weiter.
John ging wieder auf sein Zimmer. Es war leer.
Der Scotland-Yard-Inspektor machte kehrt und klopfte an die Zimmertür der beiden Girls.
»Ich bin’s, John«, sagte er.
»Komm rein«, tönte Bill Conollys Stimme.
Der Reporter hockte mit den Mädchen auf dem Bett. In der Hand hielt er eine Pistole.
»Was war denn eigentlich genau los?« fragte Bill Conolly.
Da er sich bei den Girls aufgehalten hatte und deren Zimmer zur Vorderseite des Hotels lag, hatte Bill Conolly nichts mitbekommen. John Sinclair steckte sich eine Zigarette an und berichtete in kurzen Worten.
Jane Corby und Gloria Simpson wurden bei seinen Worten bleich wie Leinentücher.
»Aber das ist ja schrecklich«, hauchte Jane Corby.
John zuckte die Schultern. »Wir müssen uns damit abfinden.«
»Als Mörder kommt doch sicher nur einer in Frage«, sagte Bill Conolly. »Ramon Menderez.«
John nickte. »Genau. Wir müssen es ihm nur beweisen, und das ist sehr leicht.«
»Kläre mich auf.«
»Menderez hat von seinem Balkon aus geschossen. Die Kugel müßte zu finden sein. Wir brauchen sie dann nur mit den Geschossen zu vergleichen, die im Körper des Toten stecken. Schon haben wir den Mörder.«
»Gut gebrüllt, Löwe«, grinste Bill. »Nur – willst du das wirklich machen?«
John drückte seine Zigarette aus.
Nachdenklich blickte er seinen Freund an. »Nein. Wenn wir hier nämlich anfangen, herumzuschnüffeln, wird Ramon Menderez sofort wissen, daß wir keine normalen Reisenden sind.«
»Was?« Jane Corby sprang auf. »Sie sind – Sie sind…?«
»Genau«, lächelte John. »Mr. Conolly ist Reporter, und ich bin von Scotland Yard. Aber behalten Sie das bitte für sich.«
»Natürlich«, erwiderten die beiden wie aus einem Mund.
Bill Conolly stand auf und wanderte im Zimmer herum.
»Ramon Menderez wird doch jetzt gemerkt haben, daß wir keine normalen Reisenden sind.«
»Warum, Bill? Ich kann doch durch Zufall in die Sache hineingeschlittert sein.«
»Das erklärt noch nicht deine Anwesenheit auf dem Balkon.«
»Da hat Ramon Menderez mich nicht gesehen.«
»Stimmt auch wieder.«
»Siehst du. Außerdem werden wir uns völlig normal verhalten, Bill. Menderez soll nicht merken, daß wir ihm auf die Schliche gekommen sind. Er ist nämlich die einzige Verbindung zum Herrn der Toten.«
»Herr der Toten? Was ist denn das schon wieder?« wunderte sich Gloria Simpson.
»Vergessen Sie es, Miß Gloria«, lächelte John. »Es war nur eine Redensart. Ich glaube, wir gehen jetzt schlafen. Morgen steht uns ein anstrengender Tag bevor. Falls irgend etwas ist, schreien Sie. Gute Nacht.«
Als John und Bill wieder in ihrem Zimmer waren, rauchten sie noch eine Zigarette.
»Das war erst der Anfang«, sagte John leise. »Ich habe das Gefühl, daß uns noch viel schlimmere Sachen bevorstehen.«
John sollte mit seiner Prognose recht behalten. Denn sie gerieten in einen Teufelskreis, aus dem es normalerweise kein Entrinnen mehr gab…
***
Am anderen Morgen weckte sie strahlender Sonnenschein. Die Leiche war inzwischen abtransportiert worden und sollte heute beerdigt werden.
Die Stimmung am Frühstückstisch war gedrückt. Daran konnte auch Ramon Menderez, der eine große Schau abzog, nichts ändern.
»Wir haben es geschafft«, rief er. »Die Jeeps sind da. Drei Wagen, erstklassig in Schuß. Sehen Sie selbst.« Er deutete zum Fenster.
Alle blieben sitzen.
Ramon Menderez schluckte. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und trank seinen Kaffee. Über die Ereignisse der vergangenen Nacht wurde nicht gesprochen. Auch Ramon Menderez vermied das Thema. Er sprach nur über belanglose Dinge.
Dann brachen sie auf.
John Sinclair setzte sich an das Steuer des ersten Jeeps. Den zweiten Wagen fuhr Bill Conolly. Auf den hinteren Sitzen saßen die beiden Girls.
Mit knatternden Motoren verließen die drei Wagen die Stadt. Ramon Menderez, der neben John Sinclair saß, grinste. Auf seinem Kopf saß ein breitkrempiger Sombrero, und in seinem Mundwinkel klebte eine erkaltete Zigarette.
»Wenn’s schwierig wird, werde ich fahren«, sagte er.
John zuckte die Schultern und schaltete einen Gang höher. »Von mir aus.«
Menderez lachte. »Sie wundern sich gar nicht?«
»Weshalb?«
»Wegen meiner Bevormundung. Schließlich können Sie mich nicht leiden.«
»Wer sagt das denn?«
»Ich. Was haben Sie auf meinem Balkon gesucht, Señor
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