GK0089 - Horrorfest am Galgenhügel
hob er den Kopf. Die Augen waren vom Weinen gerötet. O'Donell überlegte einen Augenblick, bevor er sprach. Er mußte jetzt jedes Wort genau wählen.
»Weshalb bist du gekommen, Fred?« fragte er und bemühte sich, seiner Stimme einen mitfühlenden Klang zu geben.
»Burns, er hat sich schwerverletzt zu uns geschleppt. Er ist bei uns gestorben. Ich - ich mußte mich erst um meine Frau und meine Mutter kümmern, dann bin ich zu Ihnen gekommen, damit Sie den Toten abholen können, um ihn einzusargen. Und jetzt…« Fred Young deutete stumm auf die Leiche seines Vaters.
»Er ist ermordet worden, Fred«, sagte O'Donell. »Weißt du das?«
»Ja. Finstere Mächte haben ihn Umgebracht.«
Der Sargtischler lachte. »Das haben sie dir gesagt. In Wirklichkeit war es anders.«
Fred Young horchte auf. »Wie denn? Erzählen Sie.«
»Ich weiß nicht, ob…«
»Los, O'Donell, ich will hören, was sich abgespielt hat.«
»Also gut.« Der Sargtischler spielte sehr geschickt. »Ein Fremder, der heute in unser Dorf gekommen ist, hat deinen Vater ermordet.«
Freds Augen weiteten sich ungläubig. »Etwa Inspektor Sinclair?«
»Genau der, mein Junge.«
»Nein, das glaube ich nicht. Inspektor Sinclair hat uns das Leben gerettet.«
O'Donell lachte. »Wie dumm du bist. Das war doch alles nur ein Trick, um sich euer Vertrauen zu erschleichen. In Wirklichkeit steckt er mit den finsteren Mächten unter einer Decke. Er ist es, der ausgelöscht werden muß.« Der Sargtischler beugte sich herunter und brachte seinen Mund dicht an Freds Ohr. »Sinclair mußt du töten!« flüsterte er. »Nur ihn. Denk daran, er hat deinen Vater auf dem Gewissen, und dafür muß er büßen.«
Fred Young war so von seinem Schmerz überwältigt, daß er nicht merkte, wieviel Ungereimtheiten in O'Donells Worten steckten. Die Anschuldigungen waren bei ihm auf fruchtbaren Boden gefallen.
»Ja«, sagte Fred, »wenn das so ist, werde ich ihn töten.«
»Das ist gut, mein Junge, das ist gut.«
»Aber ich habe keine Waffe.«
»Die bekommst du. Augenblick.«
O'Donell ging zu seinem Werkzeugschrank und kramte darin herum. Dann ging er wieder zu Fred Young, der sich inzwischen erhoben hatte.
O'Donell öffnete die Faust. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse, als er sagte: »Damit wirst du ihn töten.«
Fred Young nickte schwerfällig und griff nach dem Gegenstand.
Es war ein Stemmeisen…
***
Die Dämonen hatten einen magischen Bann über das Dorf gelegt.
Bis auf wenige Ausnahmen waren alle Einwohner den Höllengeistern verfallen.
Zu diesen Ausnahmen gehörte Chris Young.
Sie war fremd hier in Foynes, hatte keine innere Beziehung zu der Vergangenheit des Dorfes.
Trotzdem hatten sie die Ereignisse innerlich aufgewühlt. Noch immer hatte sie das Bild des schwerverletzten Mannes vor Augen. Sie hatte schon viel gesehen in ihrem jungen Leben.
Unter anderem Verkehrstote, war eine der ersten Helferinnen bei einer Gasexplosion gewesen - aber das hier ging einfach über ihre Kraft.
Das Zimmer, in dem sie sich befand, war nicht mehr als eine Kammer. Ein Bett, ein Tisch, eine Schüssel mit Wasser, das waren die einzigen Einrichtungsgegenstände. Nicht einmal einen Schrank gab es. Das kleine Fenster mit der blinden Scheibe wies zum Hof.
Die Kerze stand auf dem Fußboden. Chris hatte Talg auf einen Teller träufeln lassen, damit die Kerze stand. Ihr Licht erhellte die Kammer nur mäßig.
Chris dächte an ihren Mann. Fred war zu dem Sargtischler gegangen, damit er die Leiche unten abholen konnte.
Eigentlich war Fred schon lange weg. Zu lange, fand Chris. Sie machte sich Sorgen, kam ins Grübeln. Irgendwann fiel sie in einen Schlaf. Unruhig wälzte sie sich auf dem Holzbett hin und her.
Unten saß ihre Schwiegermutter. Mrs. Young hockte in einem der beiden verschlissenen Ohrensessel. Sie stierte blicklos zum Fenster hin. Mrs. Young war von einem Dämon besessen!
Draußen auf der Straße tobte die Meute. Die Menschen stießen wilde Flüche aus, als sie zum Friedhof hochrannten.
Mrs. Young ging nicht nach draußen. Ein seltsames Lächeln umspielte plötzlich ihre Mundwinkel.
Das Licht der alten Petroleumfunzel flackerte, als Mrs. Young die Lampe in die Hand nahm und die kleine Küche betrat.
Sie zog die mittlere Schublade ihres Schrankes auf. Messer, Gabeln und Löffel blinkten ihr entgegen. Die dürren Finger der Frau wühlten in den Bestecken herum. Schließlich hatte sie gefunden, was sie suchte. Das feststehende Messer mit der breiten Klinge und
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