GK0098 - Bruderschaft des Satans
zu.
Pascal war gefangen.
Er blieb stehen. Auf der drittletzten Stufe. Beinahe hätte er die Freiheit erreicht.
Der Schein der Taschenlampe tanzte über das dicke Mauerwerk der verschlossenen Tür. Es gab keinen Riegel, kein Schloß – nichts.
Pascal weinte. Weinte vor Wut und Entsetzen. Jetzt begannen seine Nerven zu flattern, wurde ihm die Ausweglosigkeit seiner Lage erst richtig bewußt.
Pascal sank in die Knie. Mit einer Hand stützte er sich an der Wand ab.
Und dann hörte er das siegessichere Kichern.
Pascal hob den Kopf, streckte gleichzeitig den Arm mit der Lampe aus.
Da kamen sie!
Sieben Mönche, eingehüllt in dunkle Kutten und mit den gnadenlosen Zangen in den Händen.
Hintereinander stiegen sie die Stufen hoch. Die grünen, formlosen Gesichter leuchteten. Leere Augenhöhlen glotzten den armen Pascal an.
»Nein!« Pascals Stimme bebte. »Nein, bitte nicht. Laßt mich! Ich – ich habe euch doch nichts getan. Ich…«
Pascals Stimme erstickte in einem Wimmern.
Zwei Stufen noch, dann hatte ihn der erste Mönch erreicht und würde seine grausame Zange gebrauchen.
Pascal sprang auf, rannte auch noch die letzten beiden Stufen hoch und trommelte in wilder Panik gegen die Tür.
Die Lampe zerbrach.
Dunkelheit breitete sich aus.
Der Polizist brüllte. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne, war schon vom Wahnsinn gezeichnet.
Pascal spürte nicht mehr das kalte Eisen am Hals.
***
Pierre Saval hatte in ununterbrochener Fahrt die Nordwestküste Frankreichs erreicht. Jetzt mußte er auf die Fähre nach England warten.
Er tat dies in einer kleinen Bar, unweit der Anlegestelle. Pierre war müde. Da nützte auch kein starker Kaffee mehr.
Der Wirt, ein freundlicher Mann, lächelte mitfühlend. »Soll ich Ihnen Streichhölzer verkaufen, Monsieur?«
Pierre schreckte hoch. »Wieso?«
»Die können Sie sich unter die Augen klemmen.«
Der Bürgermeister war sogar zu müde, um zu lächeln.
»Wissen Sie was, Monsieur«, sagte der Wirt und nahm an Pierres Tisch Platz. »Ich habe im Hinterzimmer ein Bett stehen. Dort können Sie sich hinlegen. Die Fähre dampft sowieso erst in drei Stunden ab.«
Pierre sah auf. »Das dürfte ich wirklich tun?«
»Warum nicht? Wir sind alle nur Menschen. Kommen Sie, Monsieur.«
Pierre folgte dem Wirt in das Zimmer. So wie er war, fiel der junge Bürgermeister auf das Bett. Noch in derselben Minute schlief er ein.
Eine halbe Stunde vor Abfahrt der Fähre weckte ihn der Wirt.
Pierre setzte sich mühsam auf und rieb seine Augen. »Mon Dieu, das tut gut«, sagte er. »Was bin ich Ihnen schuldig?«
»Nur die beiden Tassen Kaffee.«
Pierre zahlte freiwillig den dreifachen Preis. Dann setzte er sich in seinen Wagen. Die Fähre hatte schon angelegt. Pierre fuhr bis an das Ende des Schiffs und stieg aus dem Auto.
Er lehnte sich über die Reling und starrte in die schmutzig grauen Fluten des Ärmelkanals.
Seine Gedanken kreisten um die Teufelsmönche. War es überhaupt richtig, was er tat? Vielleicht gab es diesen geheimnisvollen Kelch gar nicht. Möglicherweise hatte er sich zu sehr auf Legenden und Sagen berufen.
Und wen sollte er fragen? Man würde ihn bestimmt auslachen.
Aber zurückkehren wollte er auch nicht. Nein, er mußte die Kapelle finden.
Von unterwegs hatte er Germaine angerufen und ihr mit kurzen Sätzen erzählt, was er vorhatte. Germaine hatte ihm schwere Vorwürfe gemacht, und im Prinzip waren sie auch berechtigt.
Pierre setzte sich wieder in seinen Wagen und schlief auch prompt ein. Er wurde erst wach, als die englische Küste schon auftauchte.
Eine halbe Stunde später befand er sich auf britischem Boden.
Pierre hatte sich noch eine gute Karte besorgt und sich den Weg nach London gut gemerkt. Von dort aus sollte es dann nach Norden weitergehen, bis fast zur schottischen Grenze. Irgendwo nördlich von Newcastle sollte die alte Kapelle liegen. Das Gelände dort war unwegsam und das Klima rauh. Auch jetzt im Frühsommer.
Pierre fuhr von Südosten auf London zu. Mittlerweile war schon die Nacht hereingebrochen, und der Bürgermeister beschloß doch, auf halber Strecke ein kleines Hotel aufzusuchen.
Am frühen Morgen ging es weiter, und er erreichte London gegen neun Uhr.
Aber was sollte er jetzt tun?
Pierre dachte nach und kam zu der Überzeugung, daß ihm nur eine Institution helfen konnte.
New Scotland Yard!
Dort wollte er sich erkundigen, ob es irgendwelche Quellen gab, in denen mehr über die Geschichte der Kapelle verzeichnet war. Wahrscheinlich
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