GK0098 - Bruderschaft des Satans
Fenstern wirkten wie Fremdkörper in dieser düsteren Atmosphäre.
Wo befand sich der Kelch des Feuers?
John hielt sich dicht an der Wand, leuchtete in jede Bankreihe.
Fingerdick lag der Staub, tanzte manchmal schimmernd in der Lichtbahn.
John erreichte die erste Bankreihe, umrundete sie. Einen Mittelgang wie in einer Kirche gab es nicht in dieser Kapelle.
Dafür war sie zu klein.
John schwenkte den Arm nach rechts. Ein glatter Steinaltar war zu sehen.
Überall hingen Spinnweben, kitzelten Johns Gesicht. Der Inspektor pustete sie weg.
Noch immer hatte er von dem Kelch des Feuers keine Spur entdeckt.
War er wirklich hier versteckt? Gab es ihn überhaupt? In John stiegen Zweifel auf.
Er hatte jetzt die Vorderfront der Bankreihe hinter sich gelassen und erreichte den Parallelgang.
Wieder nur nackte Wände, Fenster – und…
John stoppte.
Der Lampenstrahl blieb auf einer kleinen Nische haften. Sie war in die Wand hineingebaut und mit einem Eisengitter gesichert, das im Laufe der Jahre Rost angesetzt hatte.
Etwas funkelte und glitzerte im Schein der Lampe.
Der Kelch des Feuers!
John Sinclair hatte ihn gefunden. Er fühlte, wie sein Herz schneller schlug. Es stimmte also. Die Schriften hatten nicht gelogen. Hierhin hatten die teuflischen Mönche den Kelch des Feuers geschafft und einen magischen Ring um die Kapelle gezogen. Dadurch, daß John die Wächter ausgeschaltet hatte, war der Weg frei geworden.
John Sinclair schritt auf die Nische zu, sah, daß das Gitter nur lose in der Verankerung hing.
John zog es zurück, faßte nach dem Kelch.
Er war fast aus purem Gold. Das Metall fühlte sich weich und lebendig an. Der Kelch hatte die Form eines schmalen Tiegels. Er war mit Edelsteinen besetzt. Der Kelch mußte einen ungeheuren Wert darstellen.
John sah, daß uralte christliche Symbole in das Gold geschmiedet waren. Symbole, die die Macht des Guten darstellten und das Böse vertreiben sollten.
John nahm den wertvollen Kelch in beide Hände. Die Taschenlampe hatte er in den Hosengürtel geschoben.
Langsam ging er zum Ausgang.
Er hatte etwa die Mitte der Kapelle erreicht, als er über sich ein Brausen hörte.
Staub und Kalk rieselten auf sein Gesicht. Der Inspektor mußte husten.
Plötzlich knirschte es in den Mauern.
Jäh kam John Sinclair die Erkenntnis. Die Kapelle stand dicht vor dem Einsturz.
Der Geisterjäger begann zu rennen. Hinter ihm krachte schon ein schwerer Balken auf die Bankreihen. Armdicke Risse begannen die Mauern zu spalten. Kalter Wind fegte in die Kapelle, erschwerte ein Fortkommen.
Schon fielen die ersten Steine. John wurde an der Schulter getroffen, taumelte, fing sich wieder und kämpfte sich gegen den unheimlichen Sturm in Richtung Ausgang vor.
Er schaffte es, warf sich mit einem letzten Satz nach draußen und hetzte sofort weiter.
Keine Sekunde zu früh.
Ein mörderisches Krachen ließ ihn zusammenfahren. Der Inspektor blieb stehen, drehte den Kopf.
Die Kapelle erzitterte in ihren Grundfesten. Donnernd stürzte sie ein.
Staub wallte hoch. Dicke Holzbalken brachen knirschend.
Dann war alles vorbei. Zurück blieb ein Trümmerhaufen.
John Sinclair atmete tief ein. Der aufgewirbelte Staub setzte sich in seine Rachenhöhle, reizte zum Husten.
»John!« vernahm der Geisterjäger eine schwache Stimme.
Sie gehörte Pierre Saval, dem jungen Bürgermeister. Er war aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht, hatte sich aufgesetzt und starrte verständnislos auf den Trümmerhaufen.
»Ich erkläre es Ihnen später«, sagte John, obwohl er selbst nicht wußte, weshalb die Kapelle eingestürzt war.
Pierre kam auf die Beine. Er starrte auf den Kelch des Feuers in John Sinclairs Händen. »Ist – ist er das?« fragte er stockend.
John nickte. »Ja, das ist der Kelch des Feuers.«
Pierre schüttelte den Kopf. »Mein Gott, welch eine Pracht«, sagte er beinahe andächtig. Dann wandte er ruckartig den Kopf.
»Und die beiden Ungeheuer? Ich meine…«
»Existieren nicht mehr«, erwiderte John Sinclair.
»Ein Glück.«
Man sah es Pierre Saval direkt an, wie froh er über diese Nachricht war.
»Kommen Sie, Pierre«, sagte John. »Wir müssen zurück. Außerdem sind Sie verletzt. Ich muß mich um Ihre Wunden kümmern.«
»Ach, das ist halb so wild.«
»Sagen Sie das nicht. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
Wieder mußten sich die Männer durch das verfilzte Unterholz kämpfen. Pierre Saval fiel mehr als einmal hin, und John mußte ihm immer wieder auf die Beine helfen und
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