GK0105 - In Satans Diensten
Verdacht keimte in dem Kommissar hoch…
***
Der Anblick der Frau traf John Sinclair mit der Wucht eines Keulenschlags.
Teufel, war das ein Weib!
Pechschwarze Haare, bis auf die Schulter hinabfallend. Augen, die tief wie Seen waren und alles versprachen. Ein Mund, der zum Küssen einlud – und eine Figur – so etwas gab es nur alle hundert Jahre einmal.
Sie trug einen kostbaren Nerzmantel, aus dem sie sich mit den geschmeidigen Bewegungen eines Raubtieres herausschälte.
Zwei Ober sprangen hinzu und nahmen der Frau den Mantel ab.
Sie nickte mit einem huldvollen Lächeln.
John Sinclair trank hastig sein Glas leer. Selten war ihm der Anblick einer Frau so unter die Haut gegangen.
John Sinclair hatte sich an diesem Abend eine Bummeltour vorgenommen. Er wollte in einem der exquisitesten Londoner Restaurants speisen und dann mal sehen…
John Sinclair räusperte sich. Er konnte seine Augen nicht von der Frau lassen, und plötzlich überkam ihn die Erkenntnis.
Er kannte die Frau. Sie war niemand anderes als Ramona Navarra, eine Sängerin, die John sehr verehrte und von der er einige Platten zu Hause hatte.
Ein Autogramm war das mindeste, was sie ihm geben mußte, nahm er sich vor.
Ramona Navarra sah sich um. Die vielen Männeraugen, die sich an ihr festsaugten, schien sie nicht zu bemerken. Der Geschäftsführer wieselte heran und flüsterte ihr etwas zu, worauf die Frau den Kopf schüttelte. Dann deutete sie auf einen freien Tisch, direkt neben dem John Sinclairs.
Der Geschäftsführer nickte eifrig und geleitete die Sängerin an den gewünschten Platz.
Ein Ober brachte sofort Champagner.
»Geht auf Kosten des Hauses«, hörte John den Geschäftsführer flüstern.
Die Diva nickte huldvoll.
Sie trug ein mit Perlen besetztes Kleid, das tief ausgeschnitten war und die Ansätze ihres Busens freigab.
Ramona Navarra nahm einen Schluck Champagner, ließ ihren Blick kurz durch das Lokal schweifen und lächelte John flüchtig zu.
Der Inspektor kriegte abermals eine trockene Kehle.
Ein Ober reichte der Diva die Speisekarte. Ramona suchte lange und bestellte dann erst mal eine Kleinigkeit.
John, der ebenfalls essen wollte, war der Anblick der Schönen so auf den Magen geschlagen, daß ihm erst mal der Appetit vergangen war. Vorerst hielt er sich an seinem Whisky fest.
Das Lokal war nur wenigen Eingeweihten bekannt. Es war als Club deklariert, und man suchte sich hier seine Gäste aus. Die Einrichtung war vornehm und teuer. Es herrschte der gewisse Grad an Eleganz, den sich nur der leisten konnte, der genügend Geld besaß.
John Sinclair allerdings kaum. Doch das machte nichts, denn er war ja eingeladen worden.
Bill Conolly, sein Freund, wollte – wie er selbst sagte – einen in die Kolonne schmeißen. Deshalb hatten sie sich hier verabredet.
Für zwanzig Uhr. Und bis dahin war es noch eine halbe Stunde.
Sheila, Bills Frau, hatte mal wieder ein weibliches Wesen für den Junggesellen John aufgetan. Sie wollte den Inspektor unbedingt unter die Haube bringen. John ließ ihr diese kleine Freude.
Manchmal hatte sie tatsächlich süße Täubchen mitgebracht.
Aber sie waren alle nichts gegen Ramona Navarra. Diese Frau stellte Johns bisherige Bekanntschaften völlig in den Schatten.
John rückte seinen Stuhl so zurecht, daß er Ramona beobachten konnte, ohne daß es groß auffiel.
Die Sängerin lehnte sich zurück und schlug die makellosen Beine übereinander. Dabei rutschte das Kleid in jugendgefährdende Höhen.
Ramona merkte es wohl. Sie versuchte jedoch vergeblich, das Kleid weiter nach unten zu ziehen. Schließlich gab sie es auf und griff nach ihrer Handtasche. Sie holte ein goldenes Zigarettenetui hervor, klappte es auf und steckte sich ein Stäbchen zwischen die kirschrot geschminkten Lippen.
Zwei Ober spritzten hinzu, um ihr Feuer zu geben.
Doch John Sinclair war am schnellsten. Sein Feuerzeug klickte, und die Gasflamme sprang aus der kleinen Düse.
Ramona neigte sich ein wenig vor.
»Danke«, sagte sie und stieß den Rauch durch die Nase aus.
John lehnte sich wieder zurück. Für einen Augenblick nur hatte er ihr Parfüm gerochen. Diesen schweren, sinnlichen Duft. John hatte ihn wie Balsam aufgesaugt.
Ramona Navarra stäubte die Asche ab. Dann drehte sie ihren Kopf zur Seite und wandte sich direkt an John.
»Entschuldigen Sie, Mister…«
»Sinclair«, stellte sich John vor. »John Sinclair.«
Ramona lächelte. »Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, aber erwarten Sie noch
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