GK0105 - In Satans Diensten
jemanden?«
John war im ersten Augenblick perplex. Dann sagte er schnell:
»Nein, nein.«
»Würden Sie mir dann Gesellschaft zu leisten?«
»Aber Señorita Navarra, ich wüßte nicht, was ich lieber täte.«
»Sie kennen mich?« fragte sie. Ihre Stimme klang dunkel und voller Verheißung.
»Wer kennt Ramona Navarra nicht! Sie gestatten?«
»Selbstverständlich.«
John setzte sich zu ihr an den Tisch. Er zündete sich ebenfalls eine Zigarette an.
»Sind Sie beruflich hier in England?« wollte er wissen.
»Nein. Privat. Sehr privat sogar«, gab die Frau zurück, und in ihre Augen trat ein seltsamer Ausdruck.
»Na dann. Auf einen gelungenen Abend.« John hob sein Glas.
Sie tranken sich zu. Dabei ließ die Sängerin keinen Blick von Johns Gesicht.
Dem Inspektor wurde es langsam heiß unter dem Kragen.
Ramonas Essen kam. Sie hatte sich einen Langusten-Cocktail bestellt.
»Sie entschuldigen«, sagte sie zu John und begann zu essen.
Der Inspektor drückte seine Zigarette aus. Das lief ja besser, als er gedacht hatte. Jetzt mußte er nur noch eine Möglichkeit finden, mit der Frau von hier zu verschwinden. Man saß in diesem Lokal wie auf dem Präsentierteller. Eine kleine Bar war wesentlich gemütlicher.
»Sie kommen aus London, Mr. Sinclair?« fragte Ramona. Ihr Englisch hatte einen etwas harten Akzent.
»Ja. Ich kenne diese Stadt wie meine Westentasche.«
»Macht es Ihnen dann etwas aus, mir London bei Nacht zu zeigen? Ich meine, nur wenn Sie Zeit haben.«
»Aber Señorita Navarra«, sagte John. »Wie könnte ich solch einen Vorschlag ablehnen.«
Die Sängerin lächelte. John stellte fest, daß sie makellose Zähne hatte.
»Sagen Sie Ramona zu mir.«
»Nur, wenn Sie John sagen.«
»Cheerio, John.«
Sie tranken sich zu, und John Sinclair vergaß zum erstenmal seit langem seinen Job. Er wollte nicht mehr an Geister und Dämonen denken. Dieser Abend sollte endlich mal nur ihm gehören.
Er dachte auch nicht mehr an seine Verabredung, zum Teufel auch, man mußte die Gunst der Stunde nutzen.
Ramona schlug die Hände zusammen. »Tja, John. Eigentlich hält uns hier nichts mehr. Meinetwegen können wir gehen.«
Der Inspektor stand auf, und Ramona erhob sich ebenfalls.
Ein Ober brachte den Mantel. John hatte seinen Burberry im Wagen gelassen. Es war schließlich Sommer, wenn die Nacht auch ein wenig kühl war.
John übernahm die Rechnung. Ein Ober hielt ihnen die Tür auf.
Er vollführte einige Verbeugungen.
Als sie draußen standen, streckte Ramona beide Arme weit aus. »Herrlich, diese Luft.« Dann hakte sie sich bei John unter.
»Kommen Sie, ich möchte heute einmal richtig Mensch sein. Und kein Wort von meinem Beruf. Einverstanden?«
»Mir soll es recht sein.«
Sie nahmen den Wagen des Inspektors. Als John losfuhr, war er in einer euphorischen Stimmung.
Er ahnte nicht, daß neben ihm eine Tote saß…
***
Die letzte Bar, die sie verließen, hieß Spotlight. Es war ein schummriger Club mit heißem Programm.
»Und jetzt?« fragte John.
Ramona lachte silberhell. »Jetzt fahren wir irgendwohin. Am besten«, sie überlegte, einen Moment und legte den Zeigefinger gegen die Stirn, »am besten zu mir. Ja?« Ramonas Stimme klang schon leicht angeschlagen.
Auch John hatte einiges getrunken und traute sich nicht mehr zu fahren.
»Ich rufe uns ein Taxi«, sagte er.
»Du bist ein Schatz«, erwiderte Ramona und hauchte John einen Kuß auf die Wange.
Die beiden waren im Laufe des Abends zu einem vertraulichen Du übergegangen. Sie hatten dabei mehrmals Brüderschaft getrunken, und John spürte jetzt noch den Nachgeschmack des Lippenstiftes.
»Und wohin soll die Reise gehen?«
»Park Lane Hotel.«
John nickte anerkennend. »Teurer Laden.«
Das war das Hotel in der Tat. Es lag nicht weit vom Piccadilly Circus und grenzte an den Green Park.
Ein Taxi war schnell gefunden.
Ramona lachte, als sie einstiegen. »Ich kann mich an diese komischen Monstren nicht gewöhnen«, kicherte sie. »Aber irgendwie finde ich sie irre.«
John konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Die Sängerin war während der vergangenen Stunden richtig aufgetaut. Hier konnte sie endlich mal tun und lassen, was sie wollte, und war nicht die Navarra.
Zehn Minuten dauerte die Fahrt, und Mitternacht war schon vorüber, als John den Fahrer entlohnte.
Die Hotelhalle war gähnend leer.
»Versteck dich hinter einer Säule«, flüsterte Ramona. »Der Portier braucht nicht zu sehen, daß ich noch Besuch mitbringe. Sonst steht es
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