GK0122 - Der Fluch aus dem Dschungel
einen der ersten Plätze belegt. An diesem grauen Herbstmorgen trug Sheila ein rotes, figurbetontes Reisekostüm und einen Damentrench in modischer Länge. Ihre tiefblauen Augen blitzten unternehmungslustig, als sie Bill mit sich zog.
Vom Hotel aus war es nicht allzu weit bis zur Altstadt. Sheila und Bill bummelten durch die Grachten, genossen den Trubel und Touristenrummel und landeten schließlich in der Gasse, in der auch Abraham Kuz Trödlerladen lag.
Die schmale Gasse hatte sich inzwischen mit Menschen bevölkert. Ein gewitzter Kaufmann hatte sogar an der Ecke einen Fischimbißstand aufgebaut und machte schon zu dieser Stunde sein großes Geschäft.
Auch Sheila und Bill aßen zwei Heringe.
»Frisch aus der Nordsee«, meinte der Reporter und schluckte den letzten Bissen hinunter.
Ihm hatten die letzten Tage ebenfalls gut getan. Er war richtig froh gewesen, nicht mit Geistern und Dämonen konfrontiert zu werden.
»Himmel, Bill«, unterbrach Sheilas Stimme seine Gedanken, »wir haben etwas vergessen.«
»Und was?«
»Ein Souvenir!«
»Für wen? Verwandte haben wir nicht und auch noch keine Kinder.«
Sheila blickte ihren Mann vorwurfsvoll an. »Aber dafür sitzt in London ein gewisser John Sinclair, der sich bestimmt freuen wird, wenn du ihm ein Andenken aus Amsterdam mitbringst. Du weißt doch, daß John diese Dinge sammelt.«
»Natürlich. Mensch, da hätten wir bald eine Unterlassungssünde begangen.« Bill blickte sich tatendurstig um. »So, was sollen wir ihm mitbringen? Vielleicht einen scharfen Hering, oder eine heiße Makrele…«
»Bill, sei doch mal ernst.«
»Entschuldige. Aber ich mußte gerade an das lustige Lied denken. Ein Hering und eine Makrele, die waren ein Herz als auch Seele.«
Als Bill sang, mußte Sheila, ob sie wollte oder nicht, lachen. Dann jedoch zog sie ihren Mann weiter, denn sie hatte auf der gegenüberliegenden Seite einen Trödlerladen entdeckt.
Als die beiden näherkamen, konnte Sheila auch den Namen auf der Schaufensterscheibe lesen. ›Abraham Kuz‹.
»Scheint der richtige Händler zu sein«, meinte Bill und grinste. Die beiden stiegen die Stufen hinunter, und als sie die Tür öffneten, läutete melodisch eine Glocke.
Mit großen Augen sahen sich Sheila und Bill in dem kleinen Laden um. Sie waren überrascht, daß jemand es geschafft hatte, soviel Kram in einem einzigen Raum unterzubringen.
»Kann ich Ihnen helfen?« klang in ihrem Rücken eine Stimme auf.
Sheila und Bill wandten sich gleichzeitig um. Vor ihnen stand ein mickriges Männchen mit listigen Augen und einem Geiergesicht.
Sheila übernahm die Initiative. »Ja, Sie können uns helfen«, sagte sie. »Wir hätten gern ein Souvenir, das es nicht alle Tage gibt. Sie verstehen, es sollte etwas Besonderes sein.«
Sheila hatte Englisch gesprochen und wunderte sich, wie gut der Mann sie verstand.
»Aber sicher, Madam«, sagte Kuz, »alles, was Sie in meinem Geschäft finden, ist etwas Besonderes.«
»Nun machen Sie’s mal halblang«, sagte Bill, der Typen wie Kuz zur Genüge kannte.
Sheila sah sich inzwischen um. Vor einem Spiegel blieb sie länger stehen, überlegte, wiegte ein paarmal den Kopf und sah sich anschließend eine alte Pistole an.
Bill hatte inzwischen die Totenmaske entdeckt, die Piet Dreesen vor einigen Stunden verkauft hatte.
»Wäre das nicht etwas?« rief der Reporter.
Sheila drehte sich um. »Wo?«
»Hier die Maske.«
»Oh«, rief Abraham Kuz. »Sie ist ein ganz besonderes Stück. Sehr kostbar und sehr teuer.« Der Trödler wieselte zur Wand und nahm die Maske herunter. »Hier, sehen Sie selbst, Sir. Afrikanische Künstlerarbeit. Die Totenmaske ist mindestens einige hundert Jahre alt. Ich habe sie einem Häuptling im Sudan abgekauft. Sie hat mich viel gekostet. Nerven und Geld.«
»Reden Sie nicht, sagen Sie mir lieber, wieviel das Ding kostet«, sagte Bill.
Kuz blickte den Reporter treuherzig an. »Siebenhundert Gulden.«
»Ich glaub’, ich steh im Wald«, erwiderte Bill. »Sie bekommen von mir allerhöchstens dreihundert.«
Abraham Kuz wurde noch weißer, als er ohnehin schon war. »Unmöglich«, rief er und machte Anstalten, die Maske wieder an die Wand zu hängen. »Fünfhundert, sagten Sie?« fragte er lauernd.
»Dreihundert!« Bill beharrte auf seinem Standpunkt.
Man einigte sich schließlich auf vierhundertfünfzig Gulden. Obwohl Kuz jammerte, rieb er sich im Geiste die Hände. Auch Bill war zufrieden, und so war beiden Seiten gedient.
»Ich packe sie Ihnen noch
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