GK0176 - Der Alptraum-Friedhof
Gäste schauten betreten zu Boden. Einige flüsterten miteinander.
Sätze wie: »Wenn nur nichts Schlimmes passiert ist«, waren zu hören. Harry König beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Er wartete auf seinen Sohn, der auch nach nicht mal einer Minute Wartezeit keuchend angerannt kam.
»Hier«, sagte er und drückte seinem Vater den Schlüssel in die Hand. Harry König schloß auf.
Er und sein Sohn schlüpften in das Zimmer und schlossen die Tür sofort hinter sich zu, als sie sahen, daß andere Gäste nachdrängen wollten.
Ihren Augen bot sich ein Bild des Schreckens.
Richard Steiner lag auf dem Boden. Seine Augen starrten glanzlos gegen die Decke.
Steiner war tot.
Das Fenster stand offen. Stickige Luft wehte in den Raum, bauschte die Gardinen.
Die spärlich bekleidete Frau kniete neben der Leiche ihres Mannes. Immer wieder strichen ihre Finger über Richard Steiners Gesicht. Sie schluchzte und redete in einem.
»Richard, wach doch auf. Bitte.« Sie hob den Kopf des Toten an und begriff nicht, daß Richard ihr keine Antwort mehr geben konnte. Vater und Sohn König tauschten einen Blick.
Dann beugte sich Harry König zu der weinenden Frau herunter und faßte sie an der Schulter. Behutsam zog er sie hoch, während Dieter König einen Stuhl holte.
Teilnahmslos ließ sich Karin Steiner darauf niedersinken. »Warum wacht er denn nicht auf?« murmelte sie immer wieder. »Warum schläft er denn so lange?«
Dieter König ballte die Hände zu Fäusten. Die Worte der Frau gingen ihm durch wie Messerstiche. Dieter fühlte es naß in seinen Augen aufsteigen. Er war wahrhaftig kein verweichlichter Mensch, aber das hier ging doch über sein Fassungsvermögen.
Auch Harry König nahm die Reaktion der Frau stark mit. Trotzdem mußte er wissen, was vorgefallen war.
»Frau Steiner«, versuchte es mit behutsamer Stimme, »erzählen Sie bitte, was vorgefallen ist. Sie müssen sich jetzt an alles erinnern. Wir wollen Ihnen doch nur helfen.«
Zum erstenmal sah Karin Steiner den Hotelier an. Ein dichter Tränenschleier verwischte ihren Blick.
Dann begann sie zu reden. Leise, stockend, immer wieder durch Schluchzen unterbrochen.
»Richard – er ging zum Fenster, öffnete es – und plötzlich, er fiel zurück und… ahhh…«
Wieder begann die Frau zu schreien. Zu mächtig war noch die Erinnerung.
Harry König sah keine andere Möglichkeit, als Karin Steiner zweimal ins Gesicht zu schlagen.
Das Schreien verstummte.
Jemand polterte gegen die Tür. »Was ist los?« brüllte eine barsche Stimme.
»Alles in Ordnung«, gab Dieter König wider besseres Wissen zurück. Er nahm die leichte Daunendecke vom Bett und hängte sie über Karin Steiners Schultern.
Dann sah er seinen Vater an. »Du weißt, was Frau Steiner gesagt hat?« fragte er leise.
»Ja, Dieter. Ihr Mann wollte aus dem Fenster schauen – und dann…« Harry König brach ab, seine Augen weiteten sich. »Wenn das stimmt, was Frau Steiner gesagt hat…«
»… dann sitzen wir hier in einer Falle«, vollendete sein Sohn den angefangenen Satz. »Wir kommen nicht mehr aus dem Hotel raus. Jurc hat mir einiges von Magie erzählt, und ich glaube, daß Bakuur einen magischen Ring um dieses Hotel gelegt hat.«
Harry König schluckte. »Und was machen wir jetzt?«
Dieter König hob in einer hilflosen Geste die Schultern. »Ich weiß es nicht, Vater.«
»Auf jeden Fall darf keiner von den Gästen das Hotel verlassen«, erwiderte Harry König entschlossen. »Wir müssen dies verhindern. Wenn nötig – mit Gewalt.« Der Hotelier atmete tief ein. »Schließ die Tür auf, Dieter«, sagte er. »Wir bringen Frau Steiner in unsere Wohnung.«
Dieter König nickte. Während sein Vater die völlig apathische Karin Steiner vom Stuhl hob, drehte er den Schlüssel und öffnete die Tür.
Auf dem Gang standen noch immer die Gäste.
Dieter König verstellte ihnen den Blickwinkel.
Der Hotelier zog Karin Steiner aus dem Raum. Hastig drückte sein Sohn die Zimmertür zu und schloß wieder ab.
»Was ist denn geschehen? Was war los?« Die Fragen prasselten nur so auf die beiden Männer herab.
»Kein Kommentar«, sagte Dieter König. »Ich möchte Sie nur bitten, im Hotel zu bleiben. Niemand darf das Haus verlassen. Niemand!«
»Ist der Steiner vielleicht tot?« fragte jemand.
Karin Steiner hatte die Frage gehört. Plötzlich hob sie den Kopf und schrie: »Ja, er ist tot. Tot, tot, tot…«
»Um Gottes willen!« Eine blondhaarige Frau schrie spitz auf, faßte sich an die
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