GK0180 - Der schwarze Würger
Saugnäpfe an ihrem Körper, und obwohl sie angezogen war, kam sie sich jedesmal nackt vor, wenn Tom sie ansah.
Jonny Reno befand sich im Garten. Nervös umrundete er das Grundstück, rauchte eine Zigarette nach der anderen. Die Drohung des Würgers machte ihn fertig. Er mußte immer an Perry Clifton denken, der jetzt kalt und steif im Schauhaus lag.
Nanette dachte an einen anderen Mann. An John Sinclair, den Oberinspektor von Scotland Yard. Sie hatte sich mittlerweile im Bungalow umgesehen und auch eine zweite Eingangstür entdeckt. Sie befand sich neben der Garage. John Sinclair würde sie ohne weiteres finden. Nanette mußte nur dafür sorgen, daß sie nicht abgeschlossen war. Und das eben war die Schwierigkeit. Jonny Reno trug die Schlüssel immer bei sich.
Tom stand hinter der Fensterscheibe des Living-rooms und beobachtete die Frau. Er war sicher, schon bald würde sie ihm gehören. Der Boß hatte ihm bisher fast jede gegeben.
Drei Personen befanden sich im Bungalow. Und doch hatte jede ihre eigenen Gedanken.
Jonny Reno kam zurück. Er ging die Stufen zur Terrasse hoch und hatte beide Hände in den Taschen seines Parka vergraben. Vor Nanette blieb er stehen.
»Warum bist du nicht im Haus?« fragte er.
»Ich wollte nur mal frische Luft schnappen.«
»Das glaubst du doch wohl selbst nicht«, knurrte Reno.
»Jonny.« Nanette gab ihrer Stimme einen weichen Klang. Ihre Hände faßten nach Renos Gesicht, während sie ihren Körper fest gegen seine breite Brust drückte. »Was ist los mit dir, Jonny? Du warst heute morgen schon so komisch. So kenne ich dich gar nicht. Gestern auf der Party habe ich dich für einen King gehalten. Und heute…«
»Schmier mir hier keinen Honig um den Bart«, knurrte Reno. »Du hättest dich einem anderen genauso an den Hals geworfen. Ihr seid doch alle gleich, ihr Weiber.«
»Das darfst du nicht sagen, Jonny.«
Reno stieß das Girl von sich. »Du wirst dich wundern, was ich dir noch alles sagen kann, Honey. Ich überlege nämlich, ob ich dich rausschmeiße.«
»Nein, das darfst du nicht.« Nanette schüttelte wild den Kopf. Ihre braunen Locken flogen. »Wo soll ich denn hingehen?«
»Wo du auch hergekommen bist, ganz einfach.« Reno ging ins Haus, und Nanette folgte ihm. »Hast du eigentlich schon mal einen Job gehabt?« fragte der Dealer gedehnt, als er sich in seine breite Nappaledercouch fallen ließ.
Nanette hatte die Stola zu Boden fallen lassen und auf einer Sessellehne Platz genommen. »Was heißt Job? Ich bin nach England gekommen, um zu studieren…«
»Okay, die Story kenne ich. Wird Zeit, daß du arbeitest, Girlie.«
»Hast du denn was für mich?«
In Renos Augen begann es zu funkeln. »Und ob«, sagte er.
Nanette erschrak. Sie konnte sich denken, was Reno mit ihr vorhatte. »Nein«, sagte sie. »Ich gehe nicht auf den Strich. Das mache ich nicht mit. Auch nicht für dich.«
Jonny Reno ließ sich von Tom einen doppelten Whisky geben. »Wer hat denn von Strich geredet, Girlie? Du kennst doch Al Astor.«
»Du meinst den Gigolo mit dem Schnauzer?«
Reno lachte, daß seine Goldzähne blitzten. »Ja, den meine ich. Al ist ein guter Freund von mir. Er sucht immer ein paar Miezen für seinen Nachtclub. Du würdest dich hinter der Bar eines Nachtlokals gut machen, dafür habe ich einen Blick. Ja, ich werde dich an Al abgeben.«
Nanettes Mundwinkel sanken nach unten. »Das hast du wohl schon öfter gemacht – dieses Verschachern von Mädchen.«
Reno lachte und schlug sich mit beiden Händen auf die Schenkel. Dann trank er einen Schluck Whisky. »Ja, kleine Nanette«, erwiderte er, »du bist tatsächlich nicht die erste. Aber das kommt alles später an die Reihe. Wir werden uns noch eine schöne Nacht machen. Los, Tom, bring noch was zu trinken. Für Nanette natürlich nur Champagner. Schließlich will ich die letzte Nacht in meinem Leben genießen.«
»Wieso letzte Nacht?« Nanette hakte sofort nach.
Jonny winkte ab. »Das sagt man eben so in unseren Kreisen. Und jetzt sei kein Frosch, und trink.«
Wenig später knallten Sektkorken gegen die Decke, und während Nanette das Glas leerte, fragte sie sich, ob es wohl ein Henkerbesäufnis im Leben gibt.
***
Irgendwann hatte Jonny dann die Idee, ein paar Runden im Pool zu drehen.
»Du kommst mit«, sagte er kategorisch.
Nanette hatte gegen ihren Vorsatz eigentlich schon ein Glas zuviel getrunken. »Ich hab’ keine Lust.« Ihre Stimme hatte schon einen etwas unsicheren Klang.
Reno erhob sich von der Couch.
Weitere Kostenlose Bücher