GK0188 - Der Hexer mit der Flammenpeitsche
Er stand mit der Schnauze zum Feld hin.
Die beiden Türen waren abgeschlossen. John hauchte gegen die Scheibe, putzte mit dem Ärmel nach und konnte in das Innere des Minis sehen.
Auf dem Beifahrersitz lag eine Straßenkarte und in der Ablage hinter der Schaltung zwei Autohandschuhe.
Der Oberinspektor richtete sich wieder auf. »Nichts«, sagte er, »nichts, was verdächtig ist.«
Suko ging um den Wagen herum. Er wirkte in seiner dicken Kleidung wie ein tapsiger Bär.
»Komisch ist es schon«, meinte er. »Ich frage mich, weshalb jemand seinen Wagen hier abstellt. Ob der zur Schule wollte?«
»Kann schon sein.«
»Aber dann wäre ich an seiner Stelle bis zum Haus gefahren.«
»Es sei denn, er hatte einen besonderen Grund, nicht gesehen zu werden«, spann John den Faden weiter.
»Ja, das ist auch möglich.«
»Komm.« John Sinclair schlug dem Chinesen auf die Schulter. »Laß uns wieder einsteigen. Wir haben schon genug Zeit vertrödelt.«
Fünf Minuten später hielten sie vor der MYSTERY SCHOOL. Genau wie George Tanner suchten auch John und Suko vergeblich nach einer Klingel.
Und sie waren ebenfalls erstaunt, als die Tür plötzlich geöffnet wurde. Nur wurden sie von einem Mann empfangen, der erstaunt die Augenbrauen hob und die Besucher kühl musterte. »Sie wünschen?«
John Sinclair zückte seinen Ausweis.
»Polizei?«
»Ja.«
»Haben Sie einen besonderen Grund, uns mit Ihrem Besuch zu beehren?« fragte der Mann.
»Ich finde, das sollten wir doch besser drinnen besprechen«, schlug der Geisterjäger vor.
»Bitte, dann kommen Sie.«
Der Mann führte die beiden in ein nüchtern eingerichtetes Büro und bot ihnen zwei Plätze an. Er selbst setzte sich hinter einen Schreibtisch.
»Ich habe doch recht, wenn ich annehme, daß Sie nicht an einem unserer Kurse teilnehmen wollen. Oder täusche ich mich da?«
»Sie täuschen sich nicht«, entgegnete John, der Zeit genug gehabt hatte, den Mann zu mustern.
Er war ein hagerer, asketischer Typ mit eisgrauen Haaren und unwahrscheinlich langen und schmalen Fingern. Sein Gesicht war ziemlich nichtssagend, und nur die strichdünnen, zusammengepreßten Lippen zeugten von einer gewissen Grausamkeit, die in diesem Kerl steckte.
Der Mann trug einen dunklen, unmodernen Anzug mit schmalen Revers. Auch der Binder war nicht breiter als zwei aneinandergelegte Finger.
»Sie wissen sicher, daß hier in der Gegend ein schreckliches Verbrechen geschehen ist.«
»Sie meinen die Sache auf dem Friedhof?«
»Ja, Mister…«
»Oh, ich bitte um Verzeihung, daß ich mich noch nicht vorgestellt habe. Aber Ihr Besuch hat mich doch etwas aus der Fassung gebracht. Und dazu noch Scotland Yard. Mein Name ist Lethian. Ich leite diese Schule.«
»Und sind auch verantwortlich für die Anzeigen?« fragte John.
»Die in den Zeitungen erscheinen?«
»Ja«, entgegnete der Geisterjäger.
Mr. Lethian nickte. »Die habe ich aufgesetzt.«
»Aber wir kommen vom Thema ab«, sagte John. »Der Mann, der auf solch gräßliche Art verstümmelt worden ist, heißt Graham Sounders. Kannten Sie ihn vielleicht?«
Mr. Lethian spielte mit seinen Fingern. »Warum fragen Sie mich das, Sir?«
»Sie sind nur einer von vielen, die ich befrage.«
»Nun ja«, gab der Mann zu. »Ich habe ihn mal kennengelernt. Er ist einmal zu mir gekommen. Er interessierte sich eben für die Schule und wollte wissen, womit wir uns beschäftigen.«
»Hat es ihm gefallen?« fragte John.
»Nein.«
»Das war eine deutliche Antwort«, sagte John. »Was lehren Sie hier eigentlich?«
»Nichts, das ungesetzlich wäre, Sir.«
»Damit ist meine Frage nicht beantwortet.«
»Sorry, Sie haben recht. Wir wollen – ganz grob gesagt – die Menschen auf ihren Tod vorbereiten. Sie sollen die Angst vor dem Jenseits verlieren, und aus diesem Grunde weihen wir sie in die Geheimnisse ein, mit denen sie nach ihrem Ableben konfrontiert werden.«
»Das ist allerhand«, sagte John. »Aber woher wissen Sie über das Jenseits so gut Bescheid? Waren Sie schon mal tot?« John hatte die Frage bewußt spöttisch formuliert.
Lethians Gesicht verschloß sich. »Ich bitte Sie, Sir. Mit diesen Dingen treibt man keinen Scherz. Sie müssen als Polizist sehr realistisch sein, aber es gibt Vorgänge in unserer Welt, die man nur begreifen kann, wenn man seinen Geist auch für andere Dinge öffnet. Dann werden dem Schüler Gebiete aufgetan, die so weit sind, daß der Verstand nicht ausreicht, um nur den Bruchteil von dem zu erfassen, was wirklich
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