GK0200 - Das Todeskarussell
Inspektor. Fenton hatte die Mundwinkel trotzig verzogen und die Hände zu Fäusten geballt. »Okay«, sagte John und lehnte sich gegen das Fensterbrett. »Ich könnte Ihnen den dienstlichen Befehl geben, sich aus dem Fall rauszuhalten.«
Fenton grinste. »Tun Sie’s doch. Aber ich sage Ihnen von vornherein, es ist nutzlos. Ich habe nämlich seit heute morgen Urlaub. Meine beiden Leute fahren in einer Stunde wieder. Sie sehen also, ich bin als Privatmann hier.«
»Eins zu null für Sie«, gab John zurück. »Nur dürfen Sie sich auch als Privatmann nicht in die Angelegenheiten der Polizei einmischen. Das wissen Sie ja.«
»Sicher, Sinclair sicher. Keine Angst, ich komme Ihnen schon nicht in die Quere. Trotzdem bin ich zu einer Zusammenarbeit bereit. Ich könnte Ihnen zum Beispiel schon einige Tips geben.«
»Und die wären?«
»Ich weiß inzwischen vieles über die Einwohner im Ort. Es wird hier sehr oft vom Todeskarussell gesprochen. Allerdings immer hinter vorgehaltener Hand. Irgend etwas ist in der Vergangenheit geschehen, das lieber totgeschwiegen wird.«
»Wissen Sie, was es war?« John drückte seine Zigarette aus. »Nein – aber man könnte es herausfinden.«
»Wen wollen Sie denn da fragen?« wollte John wissen. Er nahm Fenton gegenüber auf einem Stuhl Platz.
»Ich habe gehört, daß der Pfarrer so einiges weiß. Wir könnten zu ihm gehen.«
Der Geisterjäger überlegte einige Sekunden. Dann stand er auf und sagte: »Einverstanden.«
***
John Sinclair und Inspektor Fenton verließen das Gasthaus durch den Vordereingang. Die Wirtin kam ihnen entgegen und grüßte freundlich. Aus der Gaststube drangen Männerstimmen. Als einmal die Tür aufging drang eine Qualmwolke in den Flur.
»Die Leute hier kennen nur noch ein Thema«, sagte Fenton. »Den Erhängten.«
»Wissen sie denn, daß Kovac endgültig tot ist?« fragte John.
Fenton war schon an der Tür und hielt sie auf. »Nein. Ich habe es auch nur durch meine Männer erfahren.«
John ging an Fenton vorbei. »Es ist besser, wenn sie es nicht wissen. Zuviel Gerede taugt nichts.«
Die beiden Männer traten auf die Straße. Es war die Hauptstraße des Ortes. Die Häuser wirkten sauber und gepflegt. Brickaville war ein Ort, in dem keine Armut oder Arbeitslosigkeit herrschte. Die beiden in der Nähe liegenden Holzfabriken gaben vielen Menschen Lohn und Brot. Es gab auch noch eine kleine Gießerei. Sie hatte sich in ihrer Produktion spezialisiert und war so gut wie konkurrenzlos. Fünfstöckig war nur das Rathaus, ein schon altes Gebäude, zu dem eine breite Steintreppe hochführte.
John hatte in der Nähe seinen Wagen geparkt.
Als er Fenton darauf ansprach, meinte dieser: »Nicht nötig. Der Pfarrer wohnt direkt neben der Kirche, und bis dorthin ist es nicht allzu weit.«
John war ganz froh darüber. Ein kleiner Fußmarsch tat ihm immer ganz gut.
Es war mittlerweile Nachmittag geworden, und auf der Straße herrschte sogar Betrieb. Hintereinander kamen drei Lastwagen durch den Ort gefahren, hochbeladen mit zurechtgeschnittenen Holzplatten. In den kleinen Geschäften standen die Hausfrauen und kauften ein. Kinder spielten auf den Bürgersteigen.
Eine friedliche Welt, unter deren Oberfläche es jedoch brodelte. John bemerkte es an den Blicken der Menschen. Sie waren ängstlich, scheu, zurückhaltend. Es war, als hätte jemand eine Wunde aufgerissen, die nun anfing zu bluten.
»Das Pfarrhaus liegt gar nicht mal weit von diesem Rummelplatz entfernt«, sagte Fenton. »Es sind höchstens hundert Yard.«
»Ja.« John nickte und verhielt den Schritt, da der Inspektor in eine kleine Seitenstraße einbog. »Den Rummelplatz und das Karussell wollte ich mir sowieso mal ansehen.«
»Ist klar.«
Sie hatten jetzt eine schmalere Straße betreten. Die Häuser standen weiter auseinander. Gärten waren zwischen den Gebäuden angelegt. Mancher Fleißige war dabei, schon seinen kleinen Acker umzugraben. Mißtrauische Blicke trafen John und den Inspektor.
»Fremde sind eben nicht sehr beliebt bei uns«, meinte Fenton und verzog den Mund. Dann blieb er stehen und streckte den rechten Arm aus. »Da, wenn Sie zwischen den beiden Häusern hindurchsehen, können Sie den Kirchturm erkennen. Neben der Kirche ist auch der Friedhof und das Pfarrhaus.«
Sie überquerten die Straße und bogen in einen schmalen Weg ein. An der rechten Seite zog sich eine Hecke hin. Sie war sorgfältig gestutzt worden.
»Das Gelände hier gehört bereits dem Pfarrer«, sagte Fenton. »Oder
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