GK0208 - Im Haus des Schreckens
Sinclair. Das ist Ihr Bier. Ich mache zwar die Spurensicherung, gebe den Fall aber sonst gern ab. Sie sind ja Spezialist.«
Spencer lief aus dem Zimmer und holte seine Leute in die Wohnung.
John Sinclair und Jane Collins verzogen sich in das Schlafzimmer.
»Und nun?« fragte die Detektivin.
»Ich denke, du hast etwas gehört. Von diesem Haus in der Charles-Street.«
»Ja.«
John nickte. »Das werde ich mir mal ansehen, darauf kannst du dich verlassen.«
»Es wäre unklug, mein Lieber.«
»Und warum?«
»Weil diese Mrs. Longford sonst mißtrauisch werden könnte, wenn plötzlich jemand auftaucht und sich nach Lydia Rankin erkundigt.«
John wiegte den Kopf. »Hast du eine bessere Lösung?«
»Ja.«
»Dann raus damit.«
»Ich gehe zu Mrs. Longford«, sagte Jane Collins bestimmt. »Und ich werde mich in dem Haus einmieten.«
»Das ist ebenso schlecht«, erwiderte John. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß du dort nicht schon bekannt bist. Irgend jemand wird uns bis zu dieser Wohnung hier verfolgt haben. Wie hätte er sonst wissen sollen, wo sich Lydia Rankin aufhält.«
»Das stimmt auch wieder«, gab Jane zu. »Aber hast du einen anderen Vorschlag?«
»Nein.«
»Na bitte. Dann gehe ich eben das Risiko ein. Das bin ich Lydia Rankin schuldig.«
»Und welche Rolle hast du mir in deinem Spiel zugedacht?« wollte John wissen.
»Du könntest meinen Verlobten spielen. Oder meinen Freund. Dann kannst du mich ja mal besuchen.«
John grinste. »Bis zweiundzwanzig Uhr, wie?«
»So ungefähr.«
»Verflixt, verflixt.« Der Geisterjäger schlug mit der Faust in seine offene Handfläche. »So ganz überzeugt bin ich davon nicht. Das kann ganz schön in die Hose gehen.«
»Du hast doch sonst nicht soviel Angst.«
John beugte sich vor und faßte Jane Collins an beiden Schultern.
»Hier geht es ja auch nicht um mich. Ich weiß mich schon zu wehren, wenn es hart auf hart kommt.«
»Ich etwa nicht?« fragte Jane schnippisch. »Wie war das denn vor einigen Monaten mit dem Hexer? Da habe ich sogar gegen Vampire meinen Mann gestanden.«
»Ja. Aber die Gegner, mit denen wir es jetzt zu tun haben, können schlimmer sein.«
»Das bleibt abzuwarten.«
Es wurde gegen die Tür geklopft. Auf Janes »Herein« betrat Oberinspektor Spencer das Zimmer. »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte er grinsend, »aber ich brauche von der jungen Dame ein Protokoll.«
Jane erhob sich. »Das können Sie haben. Kommst du mit, John?«
»Sicher.«
Spencer hob die rechte Hand. »Keine Bange, Kollege, wir hauen Ihre reizende Freundin schon nicht übers Ohr.«
»Das hätte ich von Ihnen auch nie erwartet«, gab John Sinclair zurück.
Spencer begann zu lachen. »Sie alter Geisterbeschwörer«, sagte er.
»Wissen Sie eigentlich, welcher Geist mir am liebsten ist?«
»Ich kann es mir denken.«
»Raus damit…«
John grinste. »Wenn man Ihre Nase so ansieht, Kollege, dann würde ich sagen, der Weingeist.«
Das verschlug Spencer die Sprache. Wütend verließ er das Zimmer.
***
Es war ein strahlender Spätfrühlingstag, als Jane Collins kurz nach Mittag über die Charles Street ging. Sie trug einen kleinen Koffer in der rechten Hand, hatte ihr langes Haar hochgesteckt und sich eine Brille mit Fensterglas auf die Nase gesetzt. So hoffte sie, nicht gleich auf Anhieb erkannt zu werden.
Nichts ließ in der Straße darauf schließen, daß in der vergangenen Nacht hier etwas Schlimmes vorgefallen war. Die Vögel zwitscherten ihre Lieder in den weit ausladenden Ästen der Bäume. Das Blattwerk filterte das grelle Sonnenlicht und spendete Schatten auf den Gehwegen.
Der Verkehr war mäßig. Meist bevölkerten Fußgänger die Straße und die Gehwege. In vielen Häusern waren die Fenster geöffnet, um die klare Sommerluft in die Räume strömen zu lassen. Die Menschen waren guter Dinge. Nachbarn hatten sich zu einem Schwätzchen auf der Straße getroffen. Ältere Mitbürger sahen aus den Fenstern und freuten sich ebenfalls über den herrlichen Sonnentag.
In den Vorgärten wurde gearbeitet. Es waren schon Bänke nach draußen gestellt worden, die zum Ausruhen einluden. Kinder spielten auf den Gehwegen, und Jane mußte mehr als einmal irgendwelchen gemalten Figuren ausweichen, um sie nicht durch ihre Fußabtritte zu zerstören.
Eine heile Welt, die sich dem Betrachter hier präsentierte.
Doch diese heile Welt hatte Tücken. Etwas Grauenhaftes mußte in dieser Straße lauern. Es war im Verborgenen geboren, und niemand ahnte etwas von dem
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