GK102 - Die Rückkehr des Samurai
wurden genau hundert Spinnen aus ihm. Man könnte ihn jederzeit wieder zusammensetzen, wenn man alle hundert Spinnen vereinigt. Wenn aber auch nur eine fehlt, ist Mr. Silver rettungslos verloren!«
Jetzt begriff ich.
Mit einemmal sah ich Lea Mala mit anderen Augen.
Nun war mir klar, dass ich mich in eine raffinierte Falle hatte locken lassen.
Auf einmal erkannte ich all die Fehler, die ich gemacht hatte.
Ich erinnerte mich daran, dass sie keine schmutzigen Füße gehabt hatte, obwohl sie angeblich diesen Männern bis hierher gefolgt war. Mir kam in den Sinn, dass die Moskitos sie niemals belästigt hatten. Und ich hatte auch nicht überhört, dass sie meinen Freund Mr. Silver genannt hatte, obwohl ich ihr gegenüber diesen Namen niemals erwähnt hatte.
Ich wusste Bescheid.
Mir war klar, woran ich war.
Diese schauderhafte Erkenntnis traf mich wie ein Keulenschlag.
Ich versuchte, mir meine Bestürzung nicht anmerken zu lassen.
Ich brachte es sogar fertig, abgehackt und ungläubig zu lachen.
»Was reden Sie da, Lea?«
»Glauben Sie mir nicht?«, fragte Lea Mala mit zusammengekniffenen Augen.
»Wie kann ein Mensch zerfallen, sich in hundert Vogelspinnen auflösen? Das ist doch unmöglich!«
Ihre Arme bedeckten sich auf einmal mit hässlichen schwarzen Haaren.
Sie hatte Mühe, die Verwandlung zurückzuhalten.
»Ich denke, Tony Ballard, wir brauchen uns nichts mehr vorzumachen!«, fauchte sie mit einemmal feindselig.
»Sie sind ein Dämon, Lea!«
»Ja. Und ich werde mit Ihnen genauso verfahren, wie ich mit Silver verfahren bin!«
»Das waren Sie?«
»Gelungene Arbeit, was?«
»Wer hat Ihnen aufgetragen, uns zu vernichten?«
»Asmodi!«
»Und Yorimoto Wara?«
»Auch er.«
»Wo steckt der verdammte Mörder?«
»Das braucht Sie jetzt nicht mehr zu interessieren, Tony! Sie werden sterben! Von seiner Hand!«
»Ich glaube Ihnen kein Wort, Lea! Ich glaube nicht, dass sich in diesem Sarkophag mein Freund befindet!«
»Soll ich es Ihnen beweisen?«, fragte die Malayin spöttisch.
»Ja!«, keuchte ich atemlos vor Aufregung.
»Also gut!« Lea Mala trat an das marmorne Rechteck heran. Sie legte nur kurz ihre Hände auf das Glas.
Das Krabbeln hörte auf. Die Vogelspinnen formierten sich irgendwie. Und mit einemmal verschwammen ihre Konturen, bildeten sich zu einer Einheit, wurden zu meinem Freund - Mr. Silver.
Mir blieb das Herz fast stehen.
Er sah aus wie tot.
Nur seine Augen lebten. Und sie flehten mich verzweifelt an, ihm zu helfen.
Furchtbarer Schmerz, Entsetzen und nacktes Grauen waren in diesem verzweifelten Blick zu lesen.
Ich wollte ihm natürlich helfen. Aber wie?
Blitzschnell warf ich mich nach vorn. Doch bevor ich den Sarkophag erreichte, war Silver wieder verschwunden.
Und wieder krochen diese abscheulichen Spinnen dort drinnen hin und her.
Mir drehte sich der Magen um.
Lea Mala stieß ein schrilles Gelächter aus.
Ich wandte mich ihr mit wutverzerrtem Gesicht zu.
»Du verfluchter Dämon!«, knurrte ich sie an. »Befrei meinen Freund von deinem Gift, sonst bringe ich dich um!«
Sie lachte mir furchtlos ins Gesicht.
»Aber, Tony Ballard! Wer wird denn den Mund gar so voll nehmen!« Die Stimme triefte vor Spott.
Ich ballte meine Faust und wollte ihr meinen magischen Ring ins Gesicht dreschen.
Aber sie federte geschickt zur Seite.
Plötzlich roch ich das durch ihre Haut brechende Insekt. Sie verströmte auf einmal einen eigenartigen, widerwärtigen Geruch.
Lange Beine wuchsen rasend schnell aus ihrem Körper.
Überall wucherten diese schrecklichen schwarzen Haare.
Die Verwandlung währte nur den Bruchteil einer Sekunde.
Ihre glasigen Insektenaugen glotzten mich feindselig an.
Sie behielt ihre menschliche Größe bei.
Und sie griff mich sofort an!
Ich wich entsetzt vor dieser riesigen Mörderspinne zurück.
Sie schlug mit einem behaarten Bein nach mir. Mit einem hastigen Sprung wich ich aus.
Ihr Bein traf die Glasplatte, die auf dem Sarkophag lag.
Das Glas splitterte mit einem grellen Laut. Ein Zeichen, wie hart die Beine dieser Dämonenspinne waren.
Mir stockte der Atem.
Schon griff mich das Monster erneut an. Mir war, als hätte ich alle meine Chancen bereits verspielt. Ich war zu spät hinter Lea Malas Geheimnis gekommen. Nun schien ich rettungslos verloren.
Ich sah ihr grässliches Maul dicht vor mir. Der mörderische Hass in ihren riesigen Augen machte mir Angst.
Und es erschütterte mich, zu sehen, wie die Spinnen, aus denen Mr. Silver bestanden hatte, nun
Weitere Kostenlose Bücher