GK178 - Das Haus der Verdammten
und versuchte bei seiner gestrengen Frau mit einem treuherzigen Blick Milde zu erwirken.
»Hör mal, Ina, du machst aus mir einen Alkoholiker. Das trifft doch überhaupt nicht zu. Ich nuckle doch nur ein bißdien an der Flasche herum. Das kann man doch nicht als saufen bezeichnen.«
Ina stellte die Rede ihres Mannes mit einer herrischen Handbewegung ab. »Wir wollen jetzt nicht über dich, sondern über Atherton sprechen.«
»Wie du meinst, meine Liebe.«
»Er muß ausziehen!« sagte Ina hart. Charles blickte sie erstaunt an. »Ist das dein Ernst?«
»Selbstverständlich. Du wirst es ihm heute noch sagen. Er muß sich eine andere Wohnmöglichkeit suchen.«
Charles versuchte zu lädieln. »Hör mal, Ina, wie lange können wir alle in diesem Haus denn noch wohnen bleiben? Die ganze Straße ist schon leer. Morgen wohnen nur noch wir da. Und auch unsere Tage sind bereits gezählt. Sobald Mr. Wise etwas Passendes für uns gefunden hat, müssen auch wir das Feld räumen, so sieht die Zukunft aus…«
Inas Blick verdüsterte sich. »Dieser Nelson Wise wird sich sehr anstrengen müssen, um uns zufriedenzustellen!«
»Mr. Wise ist ein äußerst netter Mann, Ina. Da gibt es überhaupt nichts zu sagen. Er tut für uns, was er kann.«
»Quatsch!« zischte Ina ärgerlich. »Er tut nicht genug für uns. Dem geht es doch nur darum, uns so schnell wie möglich aus dieser Bude draußen zu haben. Aber so einfach werden wir ihm dieses Spielchen nicht machen. Wenn ich von hier weggehe, dann muß sich das auszahlen! Ich nehme nicht die erstbeste Bude, die mir Mr. Wise anbietet.«
»Du bist unfair, Ina. Mr. Wise hat nicht die Absicht, uns hereinzulegen. Ganz bestimmt nicht.«
Ina schoß auf ihren Mann einen wütenden Blick ab. Er zuckte heftig zusammen. »Sag mal, auf wessen Seite stehst du eigentlich, Charles? Auf meiner oder auf der von Mr. Wise?«
»Ich bitte dich, was soll die Frage, Ina? Natürlich stehe ich auf deiner Seite.«
Ina nickte zufrieden. »Wir werden also in naher Zukunft von hier wegziehen.«
»Das bleibt uns nicht erspart, Ina.«
»Na schön. Aber wenn es soweit ist, möchte ich Richard Atherton nicht mitnehmen müssen!« sagte Ina eisig. »Verstehst du das? Deshalb wirst du ihm sagen, er soll sich nach einer anderen Wohnmöglichkeit umsehen!«
»Ganz wie du wünschst, Ina«, seufzte Charles Dysart. »Und was für einen Grund soll ich ihm nennen?«
»Sag ihm doch einfach die Wahrheit. Wir haben genug von seiner verdammten Sucht. Sein Anblick ekelt uns an. Er gehört nicht in ein Haus, in dem Zucht und Ordnung herrschen… Kann sein, daß er dir ins Gesicht lacht, wenn ausgerechnet du ihm mit Zucht und Ordnung kommst. Aber laß dich von ihm nicht provozieren. Sag ihm deine Meinung und geh dann wieder. Er soll keine Gelegenheit bekommen, dazu Stellung zu nehmen.«
Dysart nickte schweigend.
Ina schaute ihn ärgerlich an. »Was ist denn?«
»Nichts. Nur… der Junge tut mir leid.«
»Wir können uns kein Mitleid leisten, Charles. Wir müssen auf unseren guten Ruf bedacht sein!«
»Du hast ja recht, Ina. Du hast wie immer recht«, sagte Charles Dysart und warf einen Blick aus dem Fenster. Ein Ruck ging durch seinen Körper. »Da kommt er gerade«, zischte er aufgeregt. »Ist ganz außer Atem.«
»Fang ihn gleich an der Tür ab!« sagte Ina.
»Laß ihn doch erst mal verschnaufen!« erwiderte Charles. Sie hörten Atherton eintreten und auf sein Zimmer schleichen. Was nun kommen sollte, war Charles in höchstem Maße unangenehm. So war Ina. Die miesen Dinge schob sie immer auf ihn ab. Wenn es einen bitteren Kelch zu leeren gab, reichte sie ihn immer an ihn weiter. Mürrisch nagte er an der Unterlippe. Wie gut hätte ihm jetzt ein Schluck Whisky getan. Es war nicht Mut, den er nötig hatte, sondern Überwindungskraft, um hinaufzugehen und Atherton weh zu tun. Er mochte solche Szenen nicht. Er war ein verträglicher Mensch, und er kam mit allen Leuten wunderbar aus. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Atherton bis an sein Lebensende bei ihnen wohnen können. Aber wann ging es schon mal nach ihm?
»Wie lange willst du noch warten, du Feigling?« keifte Ina.
»Ich geh ja schon«, ächzte Dysart. Mühsam erhob er sich. Bestimmt hätte er niemals zu trinken angefangen, wenn Ina sich ihm gegenüber anders benommen hätte. Sie war so schrecklich herrschsüchtig. Sie ließ seine Meinung niemals gelten. Einen Mann kann so etwas krank machen. Dann muß schnellstens ein Ventil her, sonst zerplatzt der unter
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