Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GK178 - Das Haus der Verdammten

GK178 - Das Haus der Verdammten

Titel: GK178 - Das Haus der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
Vom Netzwerk:
wartete, bis Relier sich bequemte, aufzumachen. Die Bretter ächzten, als der Mann drinnen auf die Tür zuschlurfte. Auf dem grauen Wasser der träge dahinfließenden Themse hockten trübe Nebelschleiér. An manchen Tagen waren sie so dick, daß man nirgendwo in den Straßen Londons die Hand vor den Augen sehen konnte. Dann kam der Verkehr zum Stillstand. Die Leute mußten sich zu Fuß nach Hause tasten. Jedermann fluchte, aber keinem war es bislang gelungen, ein wirksames Mittel gegen diesen geisterhaften Nebel zu finden.
    Die Tür wurde aufgestoßen.
    Richard Atherton schüttelte sich. Schnell trat er ein. »Mann, ich verstehe dich nicht, Reller. Du verdienst doch mit deinem Stoff Berge. Wieso bleibst du trotzdem auf diesem fiesen Hausboot wohnen? Willst du dir das Rheuma holen? Oder den Tod?«
    »Ich liebe die Themse«, erwiderte Relier mit seiner tiefen Baßstimme. »Hier bin ich ihr am nächsten. Das gefällt mir.«
    »Sie wird dich eines Tages umbringen.«
    »Wir müssen alle mal sterben, mein Junge.«
    Atherton setzte sich. Das Hausboot war Wohn-Schlafraum in einem. Und Küche und WC ebenfalls.
    »Was darf’s denn sein?« erkundigte sich Relier mit einem maliziösen Grinsen.
    »Weswegen kommt einer wie ich schon zu dir, he?«
    »Zeig mal, wieviel Geld du bei dir hast.«
    Atherton kramte die Scheine aus seiner Hosentasche. Sorgfältig breitete er sie auf dem Tisch aus. Mit einer liebevollen Handbewegung glättete er die Banknoten. Er legte sie so auf, damit Reller die Summe ohne Schwierigkeiten erfassen konnte.
    Relier streifte zuerst das Geld ein. Er stopfte es achtlos in die Taschen. Dann nickte er. »Vier Briefchen.«
    »Nur vier?« erschrak Atherton. »He, Mann, ich habe mit fünf gerechnet.«
    »Denkst du, ich schenke den Stoff neuerdings her?« fragte Relier giftig. »Vorgestern hatte mein Lieferant Scherereien mit der Polente. Er mußte sich einen Strohmann zulegen, der für ihn in den Knast ging. Das kostet heutzutage eine Menge Geld:«
    »Was geht mich der Strohmann deines Lieferanten an?« brauste Atherton zornig auf. »Den soll er sich gefälligst selbst bezahlen. Ich will meine fünf Briefchen haben!«
    Relier schlug mit der Faust auf den Tisch. Aus nächster Nähe starrte er dem Jungen wütend in die Augen. »Verdammt, Richard, mit euch Typen ist es immer dasselbe. Ich hab’s bald satt, mich mit euch herumzustreiten. Entweder du nimmst vier Stück, oder du steckst dir deine Moneten an den Hut und belästigst mich nie mehr wieder!«
    Atherton fuhr sich mit zitternden Fingern durchs Haar. »Na schön. Okay, Relier. Vier Briefchen.«
    Relier grinste. »Na also, Junge. Warum nicht gleich mit Vernunft, he? Ist doch in jeder Branche so, daß die Unkosten der Unternehmer auf die Verbraucher abgewälzt werden. Ich verstehe nicht, wieso du dich ausgerechnet bei mir so schrecklich aufregst… ist doch eine übliche Sache.«
    Atherton biß sich vor Ärger in den Daumen. »Gib schon her. Ich möchte gehen. Es ist zum Kotzen.«
    »Wer? Ich?«
    »Alles. Du auch.«
    »Du bist verbittert, mein Junge.«
    »Wundert dich das?«
    »Du mußt das Leben von der leichten Seite nehmen.«
    Atherton streckte dem Dealer die Hände blitzschnell entgegen. »Sieh her. Schau dir meine Pfoten an. Sie wackeln wie Ziegenschwänze. Irgendwann werde ich ausflippen, das ist mein vorgezeichneter Weg, von dem ich nicht abkommen kann. Und du redest davon, ich soll das Leben von der leichten Seite nehmen. Soll ich darüber lachen? Für mich hat das Leben ausschließlich zentnerschwere Seiten. Und die nimm mal in den Griff — mit solchen Händen.«
    Relier hob gleichmütig die Schultern. »Seiber schuld dran, kann ich darauf nur sagen. Wer hat dich gezwungen, Heroin in die Adern zu pusten, ha? Aus freien Stücken hast du’s getan. Warum beschwerst du dich jetzt?«
    »Ich hätte es nicht getan, wenn es keine Schweinehunde wie dich gegeben hätte!« schrie Atherton zornig. »Erschlagen sollte man dich!«
    Relier grinste furchtlos. »Angenommen es gelänge dir, mich umzubringen. Was dann? Woher würdest du dann deinen Stoff nehmen?«
    »Gib mir endlich das Zeug. Ich möchte gehen!« schnauzte Atherton den Dealer an. Er bekam die vier Rauschgiftbriefchen und stürmte grußlos davon.
    So schnell er konnte, lief er nach Hause. Es begann langsam zu dämmern. Atherton vibrierte innerlich. Er brauchte wieder etwas in die Adern. Keuchend erreichte er die Coronet Street. Seit Monaten wanderten von hier die Leute ab. Die Häuser standen leer und

Weitere Kostenlose Bücher