GK178 - Das Haus der Verdammten
Ganz Scotland Yard würde mich auslachen, wenn ich in meinem Bericht auch nur eine Zeile von Ihrer Geschichte festhalten würde.«
»Geben Sie mir ein paar Tage Zeit, Inspektor. Ich will versuchen, das Rätsel für Sie zu lösen.«
»Wenn es sich tatsächlich um ein Gespenst handelt, oder wie immer Sie es auch nennen mögen… Wie werden Sie es zur Strecke bringen?«
Ich schmunzelte. »Es wird nicht einfach sein«, sagte ich ausweichend.
»Das ist mir klar.«
»Aber ich werde es schaffen, weil ich es schaffen muß.«
»Gott erhalte Ihnen Ihren Optimismus, Mr. Ballard«, sagte der Inspektor. Dann ging er.
***
Versonnen hockte Robert Gidding in seinem Zimmer. Er hatte Bourbon in seinen Zahnputzbecher gegossen und trank mit mechanischen Bewegungen. Sein Atem ging stoßweise. Seine Gedanken erregten ihn sichtlich. Schnell trank er den Bourbon aus. Erneut füllte er den Becher. Gierig leckte er sich die Lippen. In seinen Augen loderte ein hungriges Feuer. Um seinen Mund spielte ein triumphierendes Grinsen. Er ballte die Fäuste und erhob sich. Nervös lief er in dem kleinen Raum auf und ab. Zwischendurch trank er immer wieder. Mut brauchte er zu dem, was er vorhatte. Und diesen Mut erhoffte er sich vom Alkohol. Schon spürte er eine vage Wirkung. Die ersten Anzeichen einer Enthemmung setzten ein. Sein Selbstbewußtsein steigerte sich ins Uferlose.
Draußen vor der Familienpension lag ein düsterer Abend. Es hattç vor einer halben Stunde kurz zu nieseln angefangen. Nun nieselte es nicht mehr, aber die Straße glänzte wie feucht gewordener Kunststoff. Der Magier hob die glasigen Augen. Der Bourbon heizte ihm tüchtig ein. Er blickte zum tintigen Himmel hinauf. Dort oben thronte ein fast voller Mond. Eine eigenartige Kraft strömte auf den Magier über. Er badete gleichsam im silbrigen Licht des Mondes, trank es gierig in sich hinein. Auch das machte ihn kräftig und mutig.
Ein letztes Mal füllte er den Becher mit Bourbon. Danach hatte er keine Bedenken mehr. Was er zu tun beabsichtigte, schien ihm vollkommen richtig zu sein.
Zunächst verstaute er die Bourbonflasche im Schrank. Die Tür quietschte, als er sie schloß. Er drehte den Schlüssel einmal herum, spülte dann den Zahnputzbecher mit Wasser aus, stellte diesen an seinen angestammten Platz und verließ auf Zehenspitzen sein Zimmer. Niemand sollte es merken. Als er auf dem Korridor stand, knipste er das Licht in seinem Zimmer aus. Dann zog er die Tür behutsam zu. Wieder huschte ein nervöser Ausdruck über sein vom Whisky gerötetes Gesicht. Ungeduld erfaßte ihn. Sie trieb ihn vor sich her.
Er schlich auf Clarissa Blenfords Zimmer zu.
An ihrer Tür lauschte er kurz.
Das Mädchen summte.
Gidding grinste. Augen würde sie machen, die Kleine. Augen! Er legte seine feuchte Hand auf die Klinke. Clarissa hatte nicht abgeschlossen. Die Tür ließ sich lautlos öffnen. Clarissa manikürte ihre Fingernägel. Sie saß mit dem Rücken zur Tür in einem bequemen Sessel und bemerkte den Eintretenden nicht.
Erst als Gidding die Tür zuschnappen ließ fuhr das Mädchen erschrocken herum. Der Magier lehnte sich an das Holz und grinste. Clarissa war nur spärlich bekleidet. Das gefiel ihm.
»Hallo, Clarissa«, sagte er kehlig.
Das rothaarige Mädchen blickte ihn wütend an. »Sie sind wohl übergeschnappt, Gidding. Was fällt Ihnen ein? Was suchen Sie mitten in der Nacht in meinem Zimmer?«
Der Magier legte den Finger an die gespitzten Lippen. »Nicht so laut, Clarissa. Es müssen ja nicht alle hören, daß ich bei Ihnen bin.«
Das Mädchen wies auf die Tür. »Sie verlassen auf der Stelle das Zimmer!«
»Ich habe mit Ihnen zu reden«, gab Gidding trocken zurück. Er ignorierte die Hand des Mädchens. Clarissa zog den leichten Morgenmantel vor den Brüsten zu. Das Kleidungsstück klaffte über ihrem Schenkel auf, und Gidding sah die weiche, zarte Haut, nach der er so sehr gierte. Seine Augen hefteten sich auf Clarissas Schenkel. Es begann in seinen Schläfen zu pochen. So lange hatte er sein Verlangen verdrängen müssen. Es geht nicht, hatte er sich immer gesagt. Sie mag dich nicht. Sie mag überhaupt keinen Mann. Wie willst du sie denn dazu bringen, daß sie sich von dir lieben läßt? Laß sie in Ruhe. Versuche, über sie hinwegzusehen. Tu so, als wäre sie Luft.
Aber Clarissa war eine besondere Art von Luft. Er konnte sie jeden Tag riechen. Schwer legte sich der Duft, der sie umwehte, auf seine Lungen. Jedesmal wenn sie ihm begegnfete, verschlug es ihm
Weitere Kostenlose Bücher