GK189 - Dämonen an Bord
dann durchstieß Alaara als erste die Wasseroberfläche. Ein Gewirr von Seetang umrahmte das Gesicht der Galionsfigur. Korallen und Muscheln bedeckten ihren Leib.
Mortimer griff mit beiden Händen zu. »Vorsichtig!« rief er. »Vorsichtig. Wir wollen der alten Dame keine Verzierungen abbrechen.«
Er hob sie hoch. Bolt und Morgan drückten unten gegen die Beine der Galionsfigur. Mortimer hatte für sie bereits eine Decke aufgebreitet. Behutsam legte er die schwere Figur nun darauf. Er schlug sie darin ein, und während er dies tat, sprach er mit ihr wie mit einem Menschen.
Bolt und Morgan kamen grinsend an Bord. Sie legten die Sauerstoffflaschen ab und entkleideten sich. Mortimer sagte: »Paßt auf, daß ihr nicht aus Versehen auf sie tretet.«
»Keine Sorge, wir tun deinem Liebling nichts«, sagte Byron Bolt amüsiert. Mortimer war kaum noch wiederzuerkennen. Er war völlig aus dem Häuschen. Und alles wegen der uralten Holzfigur.
»War es schwierig, sie abzumachen?« fragte Mortimer.
»Sie sprang uns förmlich in die Arme«, erwiderte Ronny Morgan belustigt.
»Habt ihr da unten sonst noch was gesehen?«
»Irgendwelche Piraten?« fragte Bolt grinsend zurück. »Nein, haben wir nicht. Das Schiff ist leer. Abgesehen von dem Kraken, der uns bei der Arbeit zugesehen hat.«
Morgan kratzte sich hinter dem Ohr. »Wenn ich mich recht erinnere, war davon die Rede, daß wir, wenn wir die Jungfrau hochgeholt haben, gleich was Schönes zu sehen kriegen würden.«
»Aja«, sagte Bolt mit glänzenden Augen. »Wo ist denn der Lohn für unsere harte Arbeit?«
Mortimer hob die Hand. »Momentchen, Freunde. Momentchen. Ihr werdet sofort bedient.«
Er begab sich unter Deck. Und als er wiederkam, hielt er eine Mauser in der Hand.
***
Bolt und Morgan starrten ihn verdattert an.
»He, Roscoe, sag mal, hast du den Verstand verloren?« rief Byron Bolt erschrocken aus.
»Sorry, mein Junge«, erwiderte Mortimer eisig. »Ich hab’ mit der Figur, die ihr für mich hochgeholt habt, verdammt große Pläne. Kann leider keine Mitwisser gebrauchen.«
»Mann, mach keinen Quatsch!« stieß Ronny Morgan blaß hervor.
Mortimer fletschte die Zähne. »Es wäre Quatsch, euch am Leben zu lassen!«
»Hör mal, das kannst du doch nicht machen, Roscoe!« stöhnte Byron Bolt. »Wir sind deine Freunde. Verdammt noch mal, behalt dein Geld. Wir haben das Ding aus Freundschaft für dich hochgeholt. Wir wollen deine Moneten nicht haben. Ehrlich nicht. Du kannst dir die beiden Riesen in deinen Sparstrumpf stecken. Ist das nicht ein Angebot, Roscoe?«
»Tu die Mauser weg, Roscoe!« flehte Ronny Morgan. »Man kann doch über alles in Ruhe reden. Du willst keine Mitwisser haben. Okay. Wir vergessen, was wir für dich getan haben. Kein Mensch wird was von uns erfahren. Du kannst dich auf uns verlassen. Wir stehen zu unserem Wort.«
Mortimer schüttelte heftig den Kopf. »Nichts zu machen, Freunde. Ich verlaß mich auf niemanden.«
»Roscoe…!« Byron Bolt machte einen schnellen Schritt vorwärts. Mortimers Pistolenhand zuckte augenblicklich hoch. In derselben Sekunde knallte es. Mit ungläubig aufgerissenen Augen starrte Bolt auf das Loch in seiner Brust. Blut sickerte aus seinem Mund. Die Knie wurden ihm weich, die Beine vermochten ihn nicht mehr zu tragen. Er klappte zusammen und schlug lang auf die Planken hin.
»Du Schwein!« brüllte Ronny Morgan entsetzt. »Du gottverdammtes Schwein hast es wirklich getan!«
Mortimer sagte kein Wort. Er richtete die Mauser auf Morgan und drückte erneut ab. Donnernd entlud sich die Waffe. Die Kugel riß Morgan herum und warf ihn ins Wasser.
Mortimer bückte sich, packte die Beine von Bolt und warf den Toten hinter Morgan her. Da hörte er das schallende Gelächter von Alaara, und er wußte, daß sie mit dem, was er getan hatte, sehr zufrieden war.
***
Vor zehn Jahren waren die erfolgreichsten Filme von Larry Galdani auf den Markt gebracht worden. Doch nach und nach hatte der Filmproduzent an Boden verloren. Heute schwamm Galdani im Fahrwasser der Mittelmäßigkeit, was ihn jedoch nicht daran hinderte, alljährlich wie ein König seinen Geburtstag zu feiern. Diesmal fand das großartige Spektakel auf Larry Galdanis hochseetüchtiger Jacht statt. Mabel York machte die Nachtfahrt mit, um in ihrer Zeitung über dieses Gesellschaftsereignis zu berichten. Eine Menge Überraschungen waren angekündigt.
Die Jacht lief um zweiundzwanzig Uhr aus. Zwei Musikgruppen sorgen für Geräuschuntermalung. Galdanis
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