GK198 - Der Stierdämon

Nacken, ließ sie erschauern.
    Plötzlich ein Blitz. Er entstand unter der Kuppel und zischte von dort oben grell zum Boden herab. Snow schrie erschrocken auf. Der Blitz war knapp vor seinen Beinen in den Boden geschlagen. Höhnisches Gelächter gellte schaurig durch das Mausoleum. Jeweils für fünf Sekunden war eine weiße Gestalt zu sehen. Sie flammte auf, verschwand, flammte wieder auf, verschwand abermals. Es war so, als würde jemand mit einem Lichtschalter spielen. Jedes neue Aufflammen brachte die leuchtende Gestalt näher.
    Snow faßte sich bei ihrem Anblick unwillkürlich ans Herz.
    Ein Mann war es, eingehüllt in ein schlohweißes Gewand, das bis zum Boden hinabreichte. Der Mann wirkte kräftig. Er war groß, hatte langes, weißes Haar und ein böses Gesicht. Seine Augen starrten feindselig. Sein Mund war eine grausam geformte Linie.
    Reza Ali! dachte Vladek Rodensky sofort.
    Daß er damit recht hatte, bestätigte die unheimliche Erscheinung in derselben Sekunde. »Schurken! Hundesöhne! Ihr wagt es, mein Mausoleum zu betreten?«
    »Melissa!« schrie Hank Snow verzweifelt. »Wo ist Melissa? Was habt ihr mit meiner Freundin gemacht?«
    Ein böses Grinsen verzerrte das Gesicht des Hexers. »Wo das Mädchen ist, willst du wissen?«
    »Sie ist hier! Hier in diesem Mausoleum!« keuchte Snow.
    »Du hast recht. Sie ist hier. Und sie wird für immer hier bleiben!«
    »Das lasse ich nicht zu!« brüllte Snow. Er stürzte sich wutentbrannt auf den Hexer. Seine Fäuste flogen durch die leuchtende Gestalt hindurch. Die Wucht seiner Schläge riß ihn vorwärts, er stolperte und fiel auf den Boden.
    Reza Ali lachte schaurig. »Der Dummkopf!« schrie der Hexer amüsiert. »Er kämpft mit Fäusten gegen mich!« Blitzschnell packte Ali zu. Er riß Snow auf die Beine und stellte ihn wieder neben Rodensky. »Deine Freundin willst du sehen! Nun gut. Ich will sie dir zeigen!« Die leuchtende Gestalt zerfloß. Sie rann über den Boden, sickerte in die großen Steinplatten, brachte auch sie zum Leuchten und machte sie gleich darauf durchsichtig wie Glas.
    Snow verfolgte das Schauspiel mit großen Augen.
    Und dann stieß er einen krächzenden Verzweiflungsschrei aus. Er fuhr sich mit beiden Händen an den Hals, wankte und mußte sich gegen Rodensky lehnen, um nicht umzufallen.
    Was durch den gläsernen Boden zu sehen war, erschütterte auch Rodensky zutiefst…
    ***
    Zwischen schwarzen Marmorsäulen war ein bildhübsches Mädchen angekettet. Sie war splitterfasernackt, hatte entsetzliche Angst und schrie ohne Unterlaß mit angstverzerrten Zügen, doch diese Schreie waren nicht zu hören. Ein grausames, geisterhaftes Schauspiel bot sich den Männern. »Melissa!« schrie Hank Snow erschüttert auf. Er warf sich auf den Boden und versuchte das Glas mit seinen Fäusten zu zertrümmern. »Melissa! Mein Gott, was haben sie mit dir gemacht?«
    Das Mädchen hörte und sah ihn nicht. Er weinte. Er schlug sich die Fäuste blutig.
    Und Reza Ali lachte dazu so gemein, daß es Vladek Rodensky vor Wut und Haß den Magen umdrehte.
    »Deine Melissa ist hier gut aufgehoben!« schnarrte die Stimme des Hexers durch das Mausoleum.
    »Ich will zu ihr! Ich will zu ihr!« heulte Snow. Er gebärdete sich wie toll.
    »Hier drin hast du gar nichts mehr zu wollen , Frevler!« donnerte Alis Stimme. »Du hast es gewagt, mein Mausoleum zu fotografieren!«
    »Was ist denn schon dabei?«
    »Es ist eine frevlerische Tat.«
    »Das konnte ich doch nicht wissen.«
    »Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!«
    »Macht von mir aus mit mir, was ihr wollt, aber laßt Melissa in Ruhe!«
    »Du hast dich«, setzte der Hexer die Anklage unbeirrt fort, »darüber hinaus auch noch erdreistet, mein Mausoleum zu betreten!«
    »Ihr habt mich dazu gezwungen!« schrie Snow. »Wenn diese Banditen Melissa nicht entführt hätten…«
    Der Hexer lachte auf. »Deiner Freundin wird eine ganz große Ehre zuteil…«
    »Was habt ihr mit ihr vor?«
    »Der geflügelte Stier wird sie zur Mutter seiner Dämonenkinder machen!«
    »Neiiin!« brüllte Snow gepeinigt auf. Er schlug die Hände vors Gesicht. »Das dürft ihr Melissa nicht antun!«
    »Wer will uns daran hindern?«
    »Ich! Ich! Ich!«
    Das Glas wurde trübe. Melissa verschwand. Sekunden später war Reza Ali wieder zu sehen. Als Snow ihn erblickte, wollte er sich sofort wieder auf ihn stürzen. Rodensky fing ihn ab. »Lassen Sie das, Hank, das hat doch keinen Sinn.«
    »Ich bring’ das Schwein um!« kreischte der Brite.
    »Sie