GK201 - Der Hexer von Colombo
nun, worauf ich hinauswill?«
»Nein«, brummte Matara desinteressiert.
»Auf keiner einzigen Aufnahme, die ich am dreißigsten April gemacht habe, finden sich diese geheimnisvollen Striche…«
»Was ist denn an diesen Strichen schon geheimnisvoll?« warf Matara ein.
»Am ersten Mai sind die Striche plötzlich auf jedem Bild. Gibt dir das immer noch nicht zu denken, Dawir?«
»Verdammt noch mal – nein!«
»Dann muß ich noch deutlicher werden: zwischen den beiden genannten Tagen gibt es eine Nacht…«
»Was du nicht sagst!« grinste Matara schief.
»Die Walpurgisnacht!« sagte Bahu daraufhin scharf, und plötzlich grinste Matara nicht mehr. Er schaute den Freund mit großen Augen an. Seine Backenmuskeln zuckten. Er beugte sich wieder über die Fotos und schaute sich die Striche durch die Lupe genauer an.
»Was du da siehst«, sagte Bahu – und es klang bitter ernst –, »ist das Zeichen des Teufels, Dawir.«
Matara stieß die Luft geräuschvoll aus.
Bahu sagte eindringlich: »Erinnere dich, welche Wandlung mit Sigiri vor sich ging. Allen fiel es auf. Sie veränderte sich sehr zu ihrem Nachteil. Sie war streitsüchtig und gemein, sie spielte jeden gegen jeden aus, ließ ein karitatives Hilfswerk platzen und peinigte ihren Mann so lange, bis er es in ihrer Nähe nicht mehr aushalten konnte.«
Matara leckte sich nervös die Lippen. »Na schön. Was du mir da erzählst, betrifft vor allem Sigiri. Sie hat vor einem Monat Colombo verlassen, keiner weiß, wohin sie gegangen ist, niemand vermißt sie, dafür hat sie gesorgt… Ein Jahr alte Fotos. Du rufst mich an, scheinst mir ganz durcheinander zu sein, und zeigst mir dann alte Aufnahmen von Sigiri. Was haben diese Fotos mit mir … was haben sie mit uns zu tun?«
Para Bahu nagte an der Unterlippe und senkte den Blick. »Leider sehr viel, Dawir«, gab er gepreßt zurück.
»Wieso?«
»Ich bin dem Satanszeichen wiederbegegnet, Dawir.«
»Wer trägt es diesmal?« fragte Matara nervös.
Da seufzte der Fotograf schwer und sagte: »Duwa Badulla und… Landa, deine Verlobte!«
***
Mimi sah das bleiche Gesicht am Fenster zurückzucken und lief sogleich los, um den Besen zu holen. Beherzt bewaffnete sie sich damit. Susan schaute sie beunruhigt an. »Was hast du vor?«
»Ich will für Ordnung sorgen!« sagte Mimi resolut.
»Ich bitte dich, geh jetzt nicht aus dem Haus, Mimi!«
»Ich fürchte mich nicht.«
»Wir gehen gemeinsam!« entschied Susan Black und erhob sich ächzend.
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« sagte Mimi, und diesmal ließ sie keinen Widerspruch gelten. »Du bist von der Leiter gefallen. Du mußt dich schonen und bleibst, wo du bist. Das erledige ich schon allein. Bin gleich wieder zurück. Mache dem Burschen da draußen nur mal ganz schnell klar, daß er auf unserem Grundstück nichts zu suchen hat. Es sei denn, er möchte uns besuchen. Dann soll er aber gefälligst an die Tür kommen!«
Susan sank wieder seufzend in den Sessel.
Mimi eilte mit großen Schritten durch die Halle, ihre grauen Augenbrauen waren zornig zusammengezogen, sie umklammerte den Besenstiel wie den Schaft eines Gewehres. Rasch öffnete sie die Tür.
Vor dem Haus lag eine schwarze, unheimliche Dunkelheit, in die die alte Frau mutig hinaustrat. Der Wind spielte mit den Blättern der Büsche. Es raschelte ringsherum geisterhaft. Mimi schloß die Tür hinter sich, kniff die Augen zusammen und lauschte. Sie war stolz auf ihr Gehör, das immer noch das kleinste Geräusch aufzunehmen vermochte.
Da!
War da nicht eine kurze Bewegung gewesen? Ein Schleifen über den Rasen. Gleich nicht mehr zu hören. Mimi hob den Besen und ging furchtlos weiter. So viele Jahre war dieses Haus leer gewesen. Man mußte den Leuten erst klarmachen, daß dies nunmehr nicht mehr der Fall war. Also hatte man sich hier auch nicht mehr herumzutreiben.
Leise schritt Mimi durch die Finsternis.
Sie erreichte das Fenster, an dem sie und Susan das blasse Gesicht gesehen hatten, und sie hörte wieder dieses kurze Schleifen, das ihrer Meinung nach hinter einem Malvenstrauch hervorkam, der vor dem nächsten Fenster aufragte.
Mimi schwang den Besen über den Kopf, war bereit, sogleich zuzuschlagen, falls dies erforderlich sein würde, und dann umging sie den prachtvollen Malvenstrauch mit kleinen, behutsamen Schritten. Sie war bemüht, nicht zu früh bemerkt zu werden, und sie machte das auf ihre alten Tage noch ausgezeichnet.
Zwischen den Blättern entdeckte sie den gedrungenen Körper eines
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