GK201 - Der Hexer von Colombo
erste Stufe. Da machte sie plötzlich eine Entdeckung, die sie zutiefst verblüffte: der Gobelin war leer.
Rajasinha, der Mann im schwarzen Gewand, der Hexer – seine Gestalt hatte den großen Wandteppich verlassen…
***
Para Bahu hatte sich von seinem Freund Dawir Matara etliche Straßen vor seiner Wohnung absetzen lassen. »Ich möchte mir noch ein wenig die Füße vertreten«, hatte er gesagt, und das war gelogen gewesen. Ebenso gelogen wie die Bemerkung: »Ich brauche jetzt viel frische Luft und die Ruhe der Nacht, um das, was ich gesehen habe, zu verarbeiten.«
»Wir sehen uns morgen«, hatte Matara aus dem MG heraus gesagt.
»Ja. Komm gut nach Hause.«
»Du auch.«
»Und nimm dich vor Landa in acht, wenn sie aus Trincomalee zurückkommt.«
»Das werde ich. Sei unbesorgt. Hoffentlich fällt uns etwas ein, wie wir Landa retten können.«
»Wir werden nichts unversucht lassen, um dieses Ziel zu erreichen«, hatte Para Bahu mit einem schwachen Lächeln zurückgegeben, und Matara war weitergefahren.
Sobald die Hecklichter des MG nicht mehr zu sehen gewesen waren, hatte der Fotograf kehrt gemacht und war zum Haus der Badullas zurückgekehrt.
Seit einer Stunde wartete er nun schon. Er stand im Schatten einer Palme und beobachtete mit unermüdlicher Aufmerksamkeit das Gebäude. Nach wie vor waren die Lichter an. Bahu leckte sich die Lippen. Er dachte an Oya. Hatte Duwa ihren Mann zum Idioten gemacht? Hatte sie bereits soviel Macht über ihre Mitmenschen?
Er würde es herausfinden.
Bahu wollte hier nicht fortgehen, ehe er mit Duwa gesprochen hatte. Seine Fäuste verkrampften sich. Verdammt, er würde Duwa nicht mit Samthandschuhen anpacken, das verdiente sie nicht. Es ging ihm vor allem darum, zu erfahren, wie man Landa retten konnte. Und niemand konnte ihm in dieser Hinsicht besser Auskunft geben als Duwa… Wenn sie wollte. Und er würde dafür sorgen, daß sie wollte.
Bahu zündete sich eine Zigarette an.
Er hielt das Stäbchen so, daß die Glut in seiner hohlen Hand verborgen war. Langsam und bedächtig rauchte er. Wo war Duwa? Wo trieb sich die verfluchte Hexe herum? Was für Gemeinheiten heckte sie im Augenblick gerade aus? Bahu wußte, daß es sehr schwer sein würde, Duwa das Handwerk zu legen und Landa vom Satan zu befreien, aber er hoffte auf sein Glück, auf seinen Glauben und auf die Macht des Guten, die letztenendes ja doch immer wieder über das Böse triumphierte.
Klappernde Schritte.
Para Bahu schleuderte die Zigarette auf den Boden und trat die Glut hastig aus. Dann preßte er sich an den rauhen Palmenstamm und blieb so mit angehaltenem Atem reglos stehen, während in seiner Schläfe eine heftige Nervosität tickte. Da kam Duwa. Da kam die Hexe.
Da kam die Braut des Höllenfürsten!
Als Duwa ihr Haus erreicht hatte, trat der Fotograf mit zwei schnellen Schritten aus dem Schatten hervor. Die junge, hübsche Frau erstarrte für einen Moment. Ärger, Haß, Mißtrauen und noch vieles mehr blitzte in ihren dunklen Augen. Bahu schob die Hände in die Hosentaschen. Er schlenderte auf Duwa zu, zwang sich zur Ruhe, obwohl sein Herz wie wild raste.
Duwa trug ein weißes Leinenkleid, sehr einfach. Ihr voller Busen wogte im Ausschnitt, sie atmete schnell, war erregt. Lauernd musterte sie den Fotografen. Das Lächeln, das sie ihm schenkte, erreichte ihre Augen nicht. Ihr Blick blieb distanziert und so kalt, daß Bahu ein eisiger Schauer über den Rücken rieselte.
»Hallo, Duwa«, sagte er heiser.
»Para«, erwiderte Duwa ernst. »Wartest du auf mich?«
»Ja.«
»Das freut mich. Es ist nett, dich mal wieder zu sehen, wenn die Zeit dafür auch reichlich ungewöhnlich ist.« Sie sprach sanft. Es hörte sich an, als würde sie mit Engelszungen reden, doch ein Blick in ihre Augen genügte, um Bahu wissen zu lassen, daß sie sich verstellte. »Wir haben einander schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wie geht es dir? Was macht die Arbeit?«
»Ich habe genug zu tun.«
»Das freut mich. Warum machst du dich in letzter Zeit so rar? Findest du mich nicht mehr anziehend?« Duwa strich mit den Handflächen über ihren aufregenden Körper. »Warum ist eigentlich zwischen uns beiden nie etwas gewesen, Para? An mir hat das ganz bestimmt nicht gelegen. Ich finde, du bist ein attraktiver Mann, der sogar einer verwöhnten Frau sehr viel zu geben hat.«
Der Fotograf dachte erschüttert an seinen Freund Oya, der drinnen im Haus hockte und nicht mehr wußte, wie sein Name war. Und plötzlich ekelte ihn vor
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