GK201 - Der Hexer von Colombo
Matara gegen seinen Rücken stieß.
»Was ist?« fragte Matara nervös.
»Pst!« machte Bahu, er legte seinen Zeigefinger auf die Lippen, sie schwiegen und lauschten in die Stille des Hauses. Glas klirrte. Matara zuckte zusammen. Jemand kicherte schrill. Dann zerbrach wieder Glas. Bahu und Matara wechselten erstaunte Blicke. Dann begaben sie sich dorthin, woher das Kichern kam.
Die Schiebetür, die ins Wohnzimmer führte, war nicht ganz geschlossen.
Bahu und Matara schlichen mit gespannten Mienen darauf zu. Der Fotograf drückte die Tür behutsam zur Seite, und dann stockte ihm genauso wie Dawir Matara der Atem.
Mitten im Wohnzimmer saß ihr Freund Oya Badulla.
Der Boden um ihn herum war von Glassplittern übersät. Neben Oya stand die fahrbare Hausbar – nur noch halbvoll. Und soeben griff er nach der nächsten Flasche. Mit beiden Händen hob er sie hoch, und dann schmetterte er sie mit voller Wucht auf den Boden. Klirrend zerplatzte die Flasche, ihr Inhalt bespritzte Badullas Beine, und der Mann ballte begeistert die Fäuste, schüttelte sie wie ein Kleinkind und kicherte, daß einem das Herz brechen mußte.
Erschüttert gingen Bahu und Matara auf den Mann zu.
Oya schaute mit seinem stupiden Blick durch sie hindurch. Er war allein mit sich und seiner Verrücktheit.
Matara trat auf die Scherben. Sie knirschten unter seinen Schuhen.
Er legte seine Hände auf Badullas Schultern und schüttelte den Irren. »Oya!« sagte er eindringlich. »Oya! Oya, was ist passiert?«
Badulla reagierte auf kein Wort. Er hörte nicht mehr, was gesprochen wurde, und einen Namen hatte er auch nicht mehr. Es gab ihn eigentlich gar nicht mehr. Was hier saß und kicherte, war eine leere Hülle – ein Wesen, das sich bewegte, das lebte, das aber keinerlei Funktion hatte.
»Oya!« schrie Matara den Mann an. Noch einmal schüttelte er ihn. »Oya, kennst du mich denn nicht mehr? Ich bin es! Ich, dein Freund Dawir!«
Hinter Matara sagte Para Bahu: »Laß ihn in Ruhe, Dawir. Es hat keinen Zweck.«
Oya griff nach der nächsten Flasche, und wenn Matara nicht schnell genug zurückgesprungen wäre, hätte Badulla ihm die Flasche auf die Füße geschmettert.
Erschüttert wandte sich Matara um. Der Fotograf sagte bewegt: »Fängst du jetzt an zu begreifen, Dawir?«
Matara fuhr sich benommen über Gesicht und Augen. »Was muß dieser arme Mann erlebt haben. Wieviel Grauen muß er gesehen haben, um davon verrückt zu werden?«
»Mir krampft es das Herz zusammen, wenn ich ihn so dasitzen sehe«, knirschte Bahu.
Matara fragte mit geweiteten Augen: »Was soll nun geschehen, Para?«
»Duwa und Landa müssen uns verraten, wo die Hexenweihe stattgefunden hat.«
Matara schüttelte aufgeregt den Kopf. »Das werden sie nicht tun.«
»Wir müssen sie zwingen.«
»Wie denn? Womit denn?«
Bahu stampfte mit dem Fuß auf. »Verflucht, wenn ich das bloß wüßte. Wann kommt Landa zurück?«
»Morgen.«
»Nimm dich vor ihr in acht, hörst du? Sie ist nicht mehr das nette Mädchen, das sie mal war. In ihrem schönen Körper wohnt jetzt der Satan…«
Matara ächzte gequält. »Ich kann es immer noch nicht begreifen.«
»Du hast gesehen, daß sie das Teufelszeichen trägt. Genau wie Duwa.«
»Wird sie nie mehr wieder mir gehören?«
»Das weiß ich nicht. Wir werden selbstverständlich alles tun, um sie dem Satan zu entreißen, ob uns das aber gelingen wird, weiß nur der Himmel. Sieh dich vor!« sagte Bahu mit erhobenem Finger. »Ich kann es nicht oft genug sagen. Vielleicht wird Landa dich umschmeicheln, dir schöne Worte sagen… Fall darauf nicht herein, Dawir. Halte dir stets vor Augen, daß sie nur eines im Sinn hat: sie will dich unglücklich machen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird sie zu jeder erdenklichen List greifen. Wenn du nicht höllisch auf dich achtgibst, bist du verloren.«
Matara schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben…«
»Sieh dir Oya an!« sagte Bahu scharf. »Ebenso – oder noch schlimmer – kann es auch dir ergehen!«
Und Oya Badulla ergriff die nächste Flasche, um sie kichernd kaputtzuschlagen.
Obwohl er dabei schrecklich vergnügt war, bot er den Freunden ein erschütterndes Bild des Jammers.
***
Der gedrungene Mann, den Mimi Black mit dem Besen gestellt hatte, hieß Skip Morris, gebürtiger Engländer, der zu Hause in Brighton ein hübsches Mädchen aus Ceylon kennengelernt hatte, das er zur Frau genommen hatte und mit dem er nach ein paar Jahren nach Colombo übergesiedelt
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