GK228 - Das Tribunal der Dämonen
schlechter Laune. Nur schwerhörig, wenn du Popcorn futterst.«
Der Krimi ging ins Finale.
Mr. Silver und ich waren allein in meinem großen Haus in der Chichester Road. Vicky Bonney, meine Freundin, hatte in Hollywood zu tun. Dort wurden mit Hochdruck gerade die Studioaufnahmen zu ihrem ersten Film gekurbelt. Die Außenaufnahmen – sie wurden in einem mexikanischen Geisterdorf namens Pueblo Lobo gedreht – befanden sich bereits im Kasten. Es war nicht leicht gewesen, sie da hineinzubringen, denn der Dämon Zodiac hatte immer wieder mächtig quergeschossen. Das hatte er so lange getan, bis Silver und ich ihm mit einem Gewaltstreich das Handwerk legten. Dann war Ruhe. Das Filmteam konnte den Streifen nach den Vorstellungen des Regisseurs realisieren.
Auf der Mattscheibe lieferten sich Polizei und Gangster ein Feuergefecht, daß die Fetzen flogen.
Schließlich siegte das Gute. Zurück blieben eine Menge Verwundete und ein Toter. Der Star des Streifens blickte noch einmal vorwurfsvoll und erschöpft in die Kamera. Dann kam das »Ende«.
Ich wollte den Apparat mittels Fernbedienung ausschalten, doch aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund zögerte ich noch. Vielleicht war es die packende Filmmusik, die ich noch einmal in ihrer vollen Länge genießen wollte. Und dann erschien ein sauber gekämmter Sprecher von BBC. Er wirkte nervös, hatte ein Telex in der Hand. Seine Finger zitterten. Er räusperte sich und setzte zur Sondermeldung an, die er erst vor einer Minute erhalten hatte, wie er sagte.
»Meine Damen und Herren, wie wir soeben erfahren, wurde der Zug mit der Nummer 5252 auf der Fahrt von London nach Birmingham hinter den Chiltern Hills, etwa auf der Höhe von Buckingham, von bislang unbekannten Verbrechern überfallen. Die Gangster, deren Sprecher sich Zodiac nennt, brachten das gesamte Zugpersonal sowie ungefähr hundert Passagiere in ihre Gewalt…«
Hinter dem Sprecher erschien eine Landkarte.
Die Stelle, wo die neue Geiselaffäre begonnen hatte, war mit einem knallroten Punkt markiert. Ich sprang vom Fernsehsessel hoch.
Mr. Silver blickte mich mit seinen großen perlmuttfarbenen Augen bestürzt an. Ich nickte. »Zodiac!« Und ich sah noch einmal Zodiacs Ende vor meinem geistigen Auge: Mit hochgestemmten Armen hatte Mr. Silver den heulenden Dämon auf dem Friedhof von Pueblo Lobo getragen. Ich hatte aus Zodiacs Grab eine magische Ellipse gemacht, die zu einem Tor in die Unterwelt geworden war. Flüche und Versprechungen waren ununterbrochen aus Zodiacs Knochenmund gesprudelt, doch wir hatten kein Mitleid mit ihm. Silver schleuderte ihn mit voller Wucht in die Dimensionen des Schreckens hinab. Vicky und ich waren dabei, als es passierte. Wie ein Torpedo war Zodiacs Körper in die Ellipse hinabgefahren. Die Öffnung schloß sich, sobald Zodiac eingetaucht war.
Wir rechneten damit, daß das Tribunal der Dämonen über Zodiac zu Gericht sitzen und ihn, den Versager, mit einem grauenvollen Ende bestrafen würde. Statt dessen hatte es dieser verdammte Satansbraten geschafft, auf die Erde zurückzukehren und für neuen Horror zu sorgen.
Mr. Silver goß Pernod in zwei Gläser.
Wir tranken.
Als das Telefon anschlug, zuckte ich zusammen. Zodiac war wieder da. Mir ging dieser Name nicht mehr aus dem Kopf. Zum Teufel, der Kerl hatte uns genug Ärger bereitet. Wir hatten ihm ein schreckliches Ende gewünscht. Und was war geschehen? Ich schüttelte unwillig den Kopf. »Heute kann man sich nicht mal mehr auf die Dämonen verlassen.«
»Willst du nicht endlich rangehen?« fragte mich Mr. Silver beunruhigt.
»Bin schon dabei.« Ich leerte mein Pernodglas, stellte es weg, griff nach dem Hörer und meldete mich: »Ballard.«
Am anderen Ende war das Innenministerium. Ich hielt die Sprechmuschel zu, während mich das Mädchen verbinden wollte, und teilte meinem Freund mit, wer dran war.
»Was wollen die denn um die Zeit von dir?« fragte mich Mr. Silver.
»Wir werden es gleich erfahren.«
Jetzt eine Männerstimme. Kräftig. Mit einem angenehmen Timbre. Die Stimme des Innenministers: »Mr. Ballard?«
»Ja?«
»Bitte entschuldigen Sie die späte Störung. Es ist etwas Furchtbares passiert…«
»Sie sprechen von dem Überfall auf den Zug, nicht wahr?« kürzte ich die Sache ab. Am anderen Ende des Drahtes wurde gestaunt. Ich erklärte: »Ich hab’s eben im Fernsehen gehört.«
»Dann wissen Sie leider noch nicht alles, Mr. Ballard. Der Sprecher dieser Kerle nennt sich Zodiac…«
»Das kam auch im
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